Klappe auf, ein Schubs, Klappe zu. Verpackungen, Plastiktüten, Marmeladengläser, Apfelschalen, Zeitungen sausen die Stockwerke hinunter. Viele Häuser in Russland haben einen Müllschlucker. Hinein kommt alles, was reinpasst. Mülltrennung steckt in den Kinderschuhen. Geht es nach Russlands Regierung, soll sich das 2017 ändern.
"In Deutschland wird Müll getrennt, wir wollen das System unbedingt auch bei uns einführen. Die Menschen müssen lernen, Umweltressourcen im Alltag sparsamer zu nutzen. Und gleichzeitig der Umwelt weniger zu schaden. Vor allem, natürlich, durch Abfall."
Elf neue Naturschutzgebiete sollen entstehen
Sagt Nikolaj Gudkow, Sprecher des russischen Umweltministeriums. Die russische Regierung hat 2017 zum "Jahr der Umwelt" erklärt und dafür umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro bereitgestellt. Geplant ist nicht nur Umwelterziehung. Mit dem Geld werden Betriebe gefördert, die auf umweltfreundliche Technologien umsteigen. Elf neue Naturschutzgebiete sollen entstehen. Ein Schwerpunkt liegt ferner auf dem Baikalsee in Sibirien, dem weltweit größten Süßwassersee und Welterbe der UNESCO. Ministeriumssprecher Gudkow:
"Dort werden wir die Einleitung von Industrieabwässern verringern und Wald aufforsten. Es gibt Probleme mit den Kläranlagen dort."
Russlands Präsident Wladimir Putin zeigt sich gelegentlich als Naturliebhaber und Artenschützer. Er flog mit Kranichen. Letztes Jahr besuchte er ein Gehege für bedrohte Wildpferde und lockte sie vor laufenden Kameras in die Steppe. Kritiker sehen darin nicht mehr als Imagekampagnen des Präsidenten, doch Nikolaj Gudkow versichert:
"Russland arbeitet systematisch daran, die Lage der Umwelt zu verbessern. Zu Sowjetzeiten dachte man, das Land ist so groß, die Natur wird sich selbst regenerieren. Man hat an Umweltschutz nicht gedacht. Jetzt ist das ganz anders."
Steigendes Umweltbewusstsein bei der Jugend
Iwan Blokow von Greenpeace Russland bestätigt, dass sich in Russland allmählich etwas wie Umweltbewusstsein herausbildet, vor allem bei jungen Leuten. Systematischen Umweltschutz kann er aber nicht erkennen. Vieles hänge vom Enthusiasmus einzelner Beamter ab.
"Ich denke, der Umweltschutz steht ganz unten auf der Prioritätenliste der Regierung. Das kann man schon an den Strukturen sehen. In den 1990er-Jahren hatte das Umweltministerium 28.000 Umweltinspektoren. Heute sind es 1.900. Die können die Lage gar nicht kontrollieren."
Blokow zweifelt, dass die für das Umweltjahr vorgesehenen Vorhaben umgesetzt werden. Schon zu oft seien zum Beispiel neue Naturschutzgebiete angekündigt, dann aber nicht eingerichtet worden. Und so sieht der Greenpeace-Mitarbeiter das Umweltjahr in Russland skeptisch:
"Allein die Tatsache, dass es ein Umweltjahr gibt, ist gut. Mehr Positives darüber zu sagen, fällt mir schwer. Wenn ich in einem Jahr vom Gegenteil überzeugt werde, bin ich der Erste, der applaudiert."