Rinjin Lama schwitzt. Es ist schwül. Die Sonne brennt herab auf die Trümmerwüste, die einmal ein kleines Dorf mit 14 Häusern war. Rinjin Lama baut an einem kleinen Holzgerüst, gemeinsam mit seinem Nachbarn Sarke Tamang. Vor dem Gerüst liegen Wellbleche, sie bildeten einmal das Dach von Sarkes Haus. Mehr ist nicht übrig geblieben, sagt Rinjin:
"Sie sehen ja, alles ist eingestürzt. Wir brauchen dringend einen Platz zum Schlafen und zum Kochen."
Er ist Tischler, und wo immer nötig, packt er mit an. Der kleine Weiler, Teil der Gemeinde Irkhu, liegt weit ab vom Schuss, selbst ein Geländewagen muss sich mühsam hier hoch kämpfen, die nächste Straße ist eine Stunde entfernt:
"Wir nutzen alles, was irgendwie noch nutzbar ist. Anders geht es nicht. Gestern war jemand vom Gemeindekomitee hier, er hatte einen Ausländer dabei. Sie haben sich alles angeschaut, Fotos gemacht und Hilfe versprochen."
"Wir haben Angst und brauchen Hilfe - egal, von wem"
Aber so richtig glauben sie nicht daran. Immerhin konnte die Stromleitung repariert werden. Findige Jungs aus dem Dorf haben dafür gesorgt, dass einige Unterstände und auch Rinjins Wellblech-Verschlag einen Anschluss haben. Der Dorfälteste Kale Lama schaltet sich in das Gespräch ein:
"Wir haben Angst, weil der Monsunregen bald kommt. Wir brauchen Lebensmittel. Wir brauchen Materialien, um unsere Unterkünfte zu bauen. Uns ist es egal, von wem, ob von der Regierung oder internationalen Organisationen. Wir brauchen Hilfe, um unsere Kinder sicher unterbringen zu können."
Drei bis vier Kilo Reis. So viel ist seit dem Erdbeben am 25. April bei Dorji Lama angekommen, er wohnt noch weiter den Pfad hinauf. Auch er hat aus Wellblech ein Dach gebaut. Darunter schläft er mit seiner Frau, seinem Bruder und dessen Frau sowie insgesamt sieben Kindern:
"Mein Haus da drüben habe ich erst vor fünf Jahren gebaut. Es hat das große Beben überstanden. Aber bei dem Nachbeben am Dienstag ist es zerstört worden."
Schutz und Essen haben Vorrang vor Aussaat und Wiederaufbau
Genau genommen steht Dorjis Haus noch. Aber ein riesiges Loch klafft in der Stirnwand. Eine andere Wand ist schief. "Ich würde gerne noch einige Sachen da raus holen. Aber ich habe zu große Angst vor weiteren Nachbeben", gibt Dorji zu. Einen ausländischen Helfer hat er bisher nicht gesehen. Dorji war im nächst größeren Dorf, er wollte Wellblech kaufen. Aber die Preise haben sich verdoppelt:
"Ich würde unseren Unterstand hier gerne zu einer Hütte ausbauen. Aber wir haben kein Geld dafür."
Etwa die Hälfte des Saatguts für Reis konnte Dorji retten. Nur ans Aussähen denkt er noch nicht – die Hütte, der Schutz vor dem Monsun und die Suche nach Essen haben Vorrang.
Auch im Dorf von Tischler Rinjin hat noch niemand ausgesät. Und auch an Wiederaufbau mögen sie hier noch nicht denken. Wie auch? Rinjin und seine Nachbarn schütteln heftig den Kopf. Sie sagen, dass ihre Ersparnisse für ein neues Haus niemals reichen werden.