"Zwei vom alten Schlag" von Peter Segal
Ach, die alten Herren, nein, nicht die Stones, die spielen nur im Soundtrack, sondern Stallone und de Niro. Der eine Ende sechzig, der andere über siebzig, hauen sie in "Zwei vom alten Schlag" noch mal auf die Tonne, wenn sie als Boxveteranen nach dreißig Jahren, in alter Feindschaft vereint, zum finalen Fight in den Ring steigen.
"Sobald wir aus dem Blickfeld der Bullen hier sind, haue ich dir noch mal eine rein. - Sag mir Bescheid, wenn ich aua sagen soll. - Mädels, bitte blamiert euch nicht noch mehr hier draußen."
Natürlich zitieren Stallone und de Niro hier ihre Rollen als "Rocky" beziehungsweise Jake LaMotta aus "Wie ein wilder Stier". Allerdings hätten sich Regisseur Peter Segal und seine Altstars eine Menge Schenkelklopfer sparen können. Mit seinem Credo - "Wir sind nicht tot, alle lachen über uns, aber wir sind nicht tot!", mit diesem Credo bedient dieser Film sowieso vor allem eine aktuellen Trend: Die älteren Kinozuschauer haben sich aufgrund ihrer Kaufkraft und ihres Zeitbudgets nämlich zum ökonomisch heiß begehrten Klientel gemausert. Der Jugendwahn im Kino hat ein Ende, ansatzweise zumindest, gut, was aber am Beispiel von "Zwei vom alten Schlag" allerdings auch deutlich wird, dass in Kalauer und Action getunkte Nostalgie und alte, arg geliftete Heldengesichter noch keinen guten Film machen.
"Zwei vom alten Schlag" von Peter Segal - annehmbar.
"All Is Lost" von J. C. Chandor
Robert Redford wird in diesem Sommer 78 Jahre alt. Mit J. C. Chandors Film "All Is lost" hat Redford, auch Regisseur und Produzent, als Schauspieler jetzt eine der Rollen seines Lebens gespielt. In einem Film, in dem nur er zu sehen ist und vielleicht nur vier, fünf Sätze sagt wie
"Hier ist die Virginia Jean mit einem S.O.S.-Ruf. Over!"
Ansonsten nur der alte Mann auf seiner Jacht, die mitten auf dem Indischen Ozean von einem schwimmenden Container gerammt wird. Leck. Navigationsgerät zerstört. J. C. Chandor erzählt mit seinem grandiosen Darsteller vom Versuch, zu überleben. Ein Sturm kommt auf, das geflickte Leck reißt auf; die Jacht fängt an zu sinken. Dem Mann, der keinen Namen hat, bleibt nichts, als in die Kunststoffrettungsinsel zu steigen und zu hoffen, auf eine Seefahrtroute hin zu treiben.
Ein Mann allein konfrontiert mit der eigenen Vergänglichkeit. "All Is Lost" ist so ungewöhnlich und faszinierend, weil er sich wie der Parallelfilm, "Gravity" mit Sandra Bullock, ganz auf seine archaische Geschichte verlässt, die nämlich erzählt vom Alleinsein in einem weiten, unendlichen, nicht zu beherrschenden Raum - dort das All, hier der Ozean. Es geht um die Urangst, verloren zu gehen, sich aufzulösen. Mit solch einem Einmannstück einen anderthalbstündigen Kinofilm zu füllen, das ist ein Wagnis, das J. C. Chandor mit Robert Redford zusammen eingeht und großartig meistert. "All Is Lost" ist Kino der Reduktion auf die Essenz und gleichzeitig eine nervenaufreibende Achterbahnfahrt der Gefühle.
"All Is Lost" von J. C. Chandor mit einem großartigen Robert Redford - ein Meisterwerk.
"Bethlehem" von Yuval Adler
Die Konflikte, die in Yuval Adlers Debütfilm "Bethlehem" explodieren werden, sind in zwei Sätzen im Vorspann zu lesen: Bethlehem untersteht der Palästinenserbehörde, Gruppen wie Hamas und al-Aqsa-Brigaden verfolgen eigene Interessen. Um die verschiedenen Gruppen zu infiltrieren, nutzt der israelische Geheimdienst ein Netzwerk von palästinensischen Informanten. So die Vorgeschichte. Razi, der Geheimdienstoffizier, hat den palästinensischen Junge Sanfur mit 15 rekrutiert; jetzt ist der 17; sein Bruder ein gesuchter Untergrundkämpfer. Einmal sagt der Geheimdienstoffizier zu Sanfur: Sieh mich an, ich lasse dich nicht im Stich!
Razi glaubt, was er sagt, seine väterlichen Gefühle zu Sanfur sind echt, aber gleichzeitig müssen sie, erzählt uns der israelische Filmemacher Yuval Adler, zur Lüge werden in dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Es ist dieser ewige Kampf zwischen Loyalitäten, in denen die beiden Protagonisten im Film "Bethlehem" verstrickt werden; eine Konflikt, für den es keine individuelle Lösung gibt. Wie sich in Adlers Film das Psychodrama mit dem Polit- und Geheimdienstthriller und einem fast dokumentarischen Blick auf den Konflikt in der Region verbindet - gespielt wird dieser Film von Laiendarstellern -, das ist große Kinoerzählkunst und äußerst spannend. Niemand kann im Film "Bethlehem" unschuldig bleiben. Und das ist die düstere Sicht, die Yuval Adler uns zumutet. Geschrieben hat der israelische Regisseur seinen Film übrigens zusammen mit einem arabischen Journalisten. Dass hier erfahrene Realität aus zwei Welten, zwei Kulturen, eingeht, das ist ungeheuer intensiv zu spüren.
"Bethlehem" von Yuval Adler, bei uns im israelisch-arabischen Original mit Untertiteln im Kino - herausragend.