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Neue Filme
Paris, Flandern und Griechenland

Ein Wechselbad der Gefühle durchlebt Isabell Huppert in "Sehnsucht nach Paris". Enttäuschungen, Hoffnungen und Neurosen kommen in dem belgischen Film "Brasserie Romantiek - Das Valentins-Menü" zum Vorschein und in der Dokumentation "Wer rettet wen?" geht es um die seit fünf Jahren andauernde Krise in Griechenland - alle Filme ab Donnerstag neu im Kino.

Von Jörg Albrecht |
    Brigitte (Isabelle Huppert) besucht Paris - eine Szene des Films "Sehnsucht nach Paris
    Brigitte (Isabelle Huppert) besucht Paris - eine Szene des Films "Sehnsucht nach Paris (dpa / picture alliance / Wild Bunch Germany)
    Sowohl die erfahrene Restaurantbesitzerin um die 40 in "Brasserie Romantiek" als auch die gelangweilte Mittfünfzigerin in "Sehnsucht nach Paris" bekommen die Chance aus ihrem bisherigen Leben auszubrechen. Dass ihre Selbstverwirklichung von Männern gelenkt wird, entspricht allerdings einem eher angestaubten Frauenbild. Das macht keinen dieser frauenaffinen Filme zu einem Lehrstück für die Emanzipationsbewegung.
    Immerhin greift Marc Fitoussis Komödie "Sehnsucht nach Paris" ein Thema auf, das viele Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht – irgendwann einmal in ihrem Leben beschäftigt. Wie kann man der Alltagsroutine entkommen? Für die von Isabelle Huppert gespielte Brigitte bietet sich dazu die Gelegenheit, als sie einen Kurztrip in die französische Hauptstadt plant.
    "Ich habe sogar zwei Nächte gebucht."
    "Klar, dass du dort übernachten musst, weil dein Termin so früh ist, aber wieso bleibst du denn länger als nötig in Paris."
    "Na weil mir danach ist. Ein bisschen shoppen gehen. In die Galerie Lafayette. Wenn wir da sind, haben wir nie Zeit dafür."
    Die Routine einer langjährigen Ehe hat Brigitte unzufrieden werden lassen. Und so führt eine kleine Unwahrheit zur nächsten. Das Shopping-Programm in Paris wird genauso vorgeschoben wie der Termin bei einem Dermatologen. Denn Brigitte will ein junger Mann nicht mehr aus dem Kopf gehen, dem sie auf einer Party begegnet ist und der mit ihr geflirtet hat. Ihn will sie in Paris wiedertreffen. Sie wird sich erst wie ein Teenager verhalten, dann im letzten Moment die Flucht ergreifen, um nur wenig später eine neue Bekanntschaft zu machen.
    "Verzeihen Sie, ich weiß ja noch nicht mal Ihren Namen."
    "Brigitte."
    "Freut mich sehr. Ich heiße Jesper. Hätten Sie Lust sich mit mir die Gegend anzusehen?"
    "Ich habe heute Abend leider schon was vor."
    "Und vor heute Abend? Es ist ja noch recht früh."
    Paris als Sehnsuchtsort zu wählen und das auch noch ganz platt im deutschen Filmtitel kundzutun, lässt erst einmal nichts Gutes erwarten. Doch glücklicherweise schrammt Marc Fitoussis romantische Komödie elegant an einer peinlichen Liebesschnulze vorbei. Das liegt zum einen an der feinen Figurenzeichnung und dem leisen Humor, zum anderen an der glänzenden Isabelle Huppert, mit der wir ein Wechselbad der Gefühle durchleben.
    "Sehnsucht nach Paris": empfehlenswert.
    "Hey Pascaline! ... Ich wollte dich überraschen."
    "Das ist aber ein Abend für Paare."
    "Na ja, dann lade ich dich eben ein und wir essen zusammen, ja?"
    "Das ist mein Restaurant. Und ich muss arbeiten."
    Frank war einmal Pascalines große Liebe. Viele Jahre haben sie sich nicht gesehen. Und jetzt taucht Frank plötzlich auf. Ausgerechnet am Valentinstag in ihrem Restaurant, das ausgebucht ist. Der Aperitif "Champagner mit Rosenlikör auf einer Basis von Grappa" ist bereits serviert, da fragt Frank Pascaline aus heiterem Himmel, ob sie zusammen mit ihm nach Buenos Aires gehen wolle. Je länger der Abend dauert, desto mehr beginnt sich Pascaline mit dem zunächst absurd klingenden Vorschlag anzufreunden.
    Währenddessen nimmt die Menüfolge ihren Lauf und die Geschichte wechselt zwischen den einzelnen Tischen und Gästen hin und her. Da ist der schüchterne Walter, der sich zu einem Blind Date verabredet hat. Da ist Mia, die allein gekommen ist, weil ihr Mann sie mit ihrer besten Freundin betrogen hat. Und da sind die Eheleute Roos und Paul.
    "Häschen, ich habe was für dich."
    "Darf ich raten? ... Chanel No. 5"
    "Kannst du hellsehen?"
    "Hast du mir letztes Jahr auch geschenkt."
    "Weißt du was, Marilyn Monroe – was Anderes hat sie im Bett nicht getragen."
    "Das hast du mir letztes Jahr auch erzählt."
    Eine kunterbunte Schar aus Enttäuschungen, Hoffnungen und Neurosen macht das Restaurant zum Schauplatz für eine turbulente Tragikomödie. Die verbreitet zwar jede Menge Hektik, versprüht aber nur wenig Esprit. Man denkt die ganze Zeit: Was hätte wohl Pedro Almodóvar aus diesem Stoff gemacht?! Mit Sicherheit einen Film, der aufregender und verführerischer wäre als diese etwas biedere Hausmannskost aus Flandern.
    "Brasserie Romantiek – Das Valentins-Menü": zwiespältig.
    "Griechenland hätte man im Frühjahr des Jahres 2010 aus dem Euro austreten lassen sollen."
    Das ist das Resümee von Hans-Werner Sinn, dem Präsidenten des Instituts für Wirtschaftsforschung, nach fünf Jahren Griechenland-Krise. Sinn ist einer der Experten, die in Leslie Frankes Dokumentation "Wer rettet wen?" zu Wort kommen. Ein Film, der die verschiedenen Rettungsschirme und Sparpakete kritisch beleuchtet und der fragt:
    "Wen haben die Milliarden gerettet?"
    "Die Krise als Geschäftsmodell auf Kosten von Demokratie und sozialer Sicherheit". Schon der etwas sperrige vollständige Titel dieses Aufklärungsfilms betont den kritischen Ansatz. Dennoch liefert "Wer rettet wen?" eine differenzierte Auseinandersetzung mit einem komplexen Thema, das uns die letzten fünf Jahre begleitet hat und es auch noch viele weitere Jahre tun wird.
    "Wer rettet wen?": empfehlenswert.