Bislang gab es nur eine Überschlagsrechnung: In den 1970er Jahren hatten russische Wissenschaftler abgeschätzt, wie viel Grundwasser es eigentlich auf der Erde gibt:
"Wir waren überrascht, dass das tatsächlich Abschätzungen im wahrsten Sinne des Wortes waren: Sie wurden nicht durch Daten gestützt. Sie wurden dann zitiert und endeten in Lehrbüchern. Es war also an der Zeit, mit den heute verfügbaren Daten und Analysen die Grundwassermenge erneut abzuschätzen. Und dabei haben wir auch erstmals bestimmt, wie viel modernes Grundwasser es eigentlich gibt.
Denn Grundwasser kann fossil, vor Tausenden oder Millionen Jahren entstanden sein - oder modern, also aktiv am Wasserkreislauf zwischen Meer, Land und Atmosphäre beteiligt, erklärt Elco Luijendijk von der Universität Göttingen:
"Für die Altersbestimmung nutzten wir das radioaktive Wasserstoff-Isotop Tritium, das durch die oberirdischen Atomwaffentests in die Umwelt gelangt ist. So konnten wir sehen, wo Grundwasser neu gebildet wird: Finden wir Tritium darin, ist es jünger als 50 Jahre.
Außerdem setzten die Hydrologen Datensätze zur Tiefe des Grundwasserspiegels ein, zur Durchlässigkeit der Gesteine oder ihrer Porosität. Sie wollten abschätzen, wie viel Grundwasser fließen oder gespeichert werden kann. Der nächste Schritt waren Simulationen. Sie ergaben, dass in den obersten zwei Kilometern der Erdkruste insgesamt - also fossil und modern - rund 23 Millionen Kubikkilometer Grundwasser stecken.
"Die Differenz zu der alten Abschätzung ist überraschenderweise nicht sehr groß: Die Wissenschaftler haben in den 1970er Jahren einen guten Job gemacht."
"Diese 23 Millionen Kubikkilometer Grundwasser würden alles Land 180 Meter hoch mit Wasser bedecken. Das Gros davon ist fossil. Unseren Berechnungen zufolge liegt der Anteil des modernen Grundwassers höchstens bei sechs Prozent. Aber wir halten Simulationen für wahrscheinlicher, die Ergebnisse von knapp zwei Prozent brachten.Modernes Grundwasser würde das Land nur mit einer drei Meter dicken Lage bedecken."
Dabei ist dieses moderne Grundwasser wichtig, weil nur dieser Teil der Vorräte durch Niederschläge aufgefüllt wird, beschreibt Tom Gleeson von der University of Victoria:
"Unsere Weltgrundwasserkarte zeigt, wie begrenzt unsere Vorräte an modernem Grundwasser sind. Nur dieses moderne Grundwasser ist eine erneuerbare Ressource, aber weil es neu gebildet wird, reagiert es besonders empfindlich mit Blick auf Kontamination durch den Menschen und den Klimawandel.
Und es müsste deshalb besonders geschützt werden, erklärt der Hydrologe. Insgesamt verbrauche die Menschheit vielerorts ihre Grundwasserressourcen schneller, als sie sich erneuerten.
"Wir wollen aufgrund unserer Studie nun berechnen, wie lange die Vorräte in Teilen Indiens, im Mittleren Osten oder im Westen der USA reichen. Dort werden die Grundwasservorräte übernutzt, und wir haben keine Ahnung, wie lange das noch gut geht. Es ist zwar ein langsamer Prozess, aber irgendwann wird es dort kein Grundwasser mehr geben, und es ist wichtig, diesen Punkt frühzeitig zu erkennen.
Zwar seien die Messwerte, die den Karten zugrunde lägen, global sehr ungleichmäßig verteilt, räumt Elco Luijendijk ein: Aber wo die Datenlage gut sei, könne man daran gehen, solche Vorhersagen auf regionaler Basis zu entwickeln.