Donnerstagmittag, in einem kleinen Fernsehstudio in der Kölner Innenstadt. Hier wird gerade das "Probono Magazin" nach und nach zusammengeschraubt; die Redakteure zeichnen dafür nacheinander ihre Aufsager auf oder schneiden kleine Einspielfilme zurecht - bis dann so gegen Abend eine neue Folge bei Youtube hochgeladen wird, ungefähr fünf bis zwölf Minuten lang.
"63 Prozent aller Deutschen lehnen den Verkauf von Weihnachtsgebäck im September ab. Hersteller sind entsetzt. Der Verbraucher wolle den Stoff schon so früh, und schließlich sei das ja auch Herbstgebäck."
So geht's meistens los, beim "Probono Magazin", irgendein Thema wird ein paar Sekunden lang satirisch aufgespießt, und dann geht's weiter, vor allem mit aufgesagten Kommentaren; zu allem, was in der Bundespolitik so vor sich geht; oft auch, was andere Medien schreiben oder senden; oder zu Themen, die woanders eher mal untergehen.
"...ein genialer Plan, den sich die spanische Regierung da hat einfallen lassen: So lange Geld von Demonstranten einsammeln, bis die Staatskasse wieder aufgefüllt ist, die Wirtschaftskrise beendet und es damit auch keinen Grund mehr für Demonstrationen gibt."
Ereignisse werden nicht eins zu eins abgebildet; das Ziel ist nicht die klassische Nachricht. Was aber so richtig das Ziel ist, das ist ganz bewusst nicht festgeschrieben, sagt Friedrich Küppersbusch, alter Hase im Fernsehgeschäft und Chef von probono.
"Wir sind neugierig darauf, was passiert, wenn wir alle professionellen Riten und Usancen und 23 Gremienvorlagen und im Windkanal getestete Kleiderständer mal weglassen und sagen: Da ist ein Studio, macht mal," sagt Küppersbusch in seinem Büro, in dem bis September 2013 noch Tagesschaum produziert wurde; eine Sendung zur letzten Bundestagswahl, die beim Mini-Sender Einsfestival lief, auf spiegel.de und zu später Stunde auch im WDR Fernsehen. Ein bisschen ist das probono magazin die Fortsetzung von Tagesschaum, nur mit weniger Küppersbusch vor der Kamera, dafür mit jüngeren Kollegen, die bisher kaum oder keine Erfahrung vor der Kamera hatten. Das hört und sieht man manchmal schmerzhaft deutlich, und das ist auch so gewollt, betont Küppersbusch noch einmal.
"Also, wenn sie so wollen, ist das tatsächlich eher Punk. Und an Punk jetzt mit den geschulten symphonischen Ohren eines Klassikmusik-Freunds ranzugehen, ist ein Kulturschock und sollte es ja auch sein."
"Lass es wie einen Unfall aussehen"
So richtig viele Klassikmusik- oder andere Freunde hat das Projekt aber noch nicht angezogen. Seit dem Start im Juli hat der Youtube-Kanal etwas mehr als 1300 Abonnenten, die erfolgreichste Folge hat um die 3.000 Abrufe. Geschäftsführer Küppersbusch und seinem Redaktionsleiter Jürgen Ohls macht das aber keine großen Sorgen. Es müsse erst mal munter drauflos entwickelt und gesendet werden, und nach und nach kämen dann auch mehr User. Sowieso ist das Projekt für Ohls vor allem für die eigene Firma von Vorteil.
"Ich glaube, dass es wichtig ist, für eine Produktionsfirma, sich in diesem Bereich Know-how raufzuschaffen. Weil das immer wichtiger wird, der gesamte Online-Bereich. Das kann man nicht ignorieren oder sagen, da machen wir mal ein bisschen Twitter und machen ein bisschen Facebook, sondern da öffnen wir einen völlig neuer Kanal, der im positiven Sinne natürlich auch zurückspielt auf das Klassische. Also dass man da sagt, wie entwickeln wir auch Fernsehen eben neu, wie kommen wir wieder mehr in den Bereich, wo es uns mehr um Ideen geht als um das Verkaufen. Das wirkt sich positiv aus."
An der Stelle kommen neben der eigenen Medien-Firma dann aber auch wieder die User, Zuschauer und Leser ins Spiel. Und die althergebrachten Medien. Die sind nämlich nach Ansicht von Küppersbusch und Ohls im letzten Jahr zurecht in die Kritik gekommen, zum Beispiel wegen der Berichterstattung über die Ukraine-Krise. Den verprellten Zuschauern und Lesern wollen die Online-Video-Macher entgegenkommen und etwas Neues anbieten; und zwar ungefähr mit folgender Formel:
"Je unprofessioneller es aussieht, desto mehr nehmen mich meine User ernst - und glauben mir, dass ich wirklich kein gekaufter Journalist bin." Für Friedrich Küppersbusch könnte das übrigens auch ruhig direkt mit im Sendenamen stehen:
"Der Claim wäre eigentlich ganz gut, ne? 'Probono-Magazin - Lass es wie einen Unfall aussehen'. Finde ich gut."