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New York
Konflikt um Zugang zu Elite-Highschools

Nur zehn Prozent der Schüler an New Yorks besten Highschools sind schwarz oder Latino. Um die Chancengleichheit zu verbessern, will Bürgermeister de Blasio den Zugang zu Elite-Schulen neu regeln. Vor allem ein Test sorgt in der Debatte für Zündstoff.

Von Heike Wipperfürth |
    New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio (12.3.2018).
    New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio will mehr Schwarze und Latinos an den besten Schulen (dpa / picture alliance / Ron Sachs)
    Mehrere hundert Demonstranten - Schüler, Eltern, Politiker, viele asiatischer Abstammung - versammelten sich kürzlich trotz Regen vor dem New Yorker Rathaus. Sie wollten zeigen, wie besorgt sie sind, dass Bürgermeister Bill de Blasio den Eignungstest für acht öffentliche Elite-Highschools abschaffen will. Mit der Beseitigung des Tests will er mehr armen schwarzen und Latino Schülern Zugang zu den Gratis-Kaderschmieden verschaffen, die oft den Weg für Stipendien zu den besten Universitäten ebnen.
    Auch für die ehemalige Schülerin Tiffany Lau ist das ein Skandal: "Das könnte zu einer tiefgreifenden Veränderung der Schulkultur führen. Wir sind sehr wettbewerbsorientiert und wenn jemand nicht auf dem gleichen Niveau ist, dann leiden wir alle darunter. Das beunruhigt mich."
    Test soll wegfallen
    Von den 30.000 New Yorker Achtklässlern, welche die dreistündige Aufnahmeprüfung absolvieren, werden nur die 5.000 aufgenommen, die am besten abschneiden. Über die Hälfte der Überflieger stammen aus asiatischen Elternhäusern. Nur zehn Prozent sind schwarz oder Latino - obwohl sie 70 Prozent der New Yorker Schüler ausmachen - und das irritiert Bill de Blasio. Er will den Test abschaffen und sieben Prozent der Spitzenschüler in New Yorks Mittelschulen automatisch in die Eliteschulen aufnehmen, um mehr Integration zu schaffen.
    Bildungsforscher wie Sean Corcoran von der New York Universität sagen: Alle Empirie spricht dafür. "Wir haben uns voriges Jahr unterschiedliche Zulassungskriterien angeschaut. Das Konzept, eine Gruppe von leistungsstarken Schülern aus jeder Schule aufzunehmen, um auf größere Diversität in den Schulen hinzuarbeiten, ist genau richtig."
    "Das System austricksen"
    Laut Lazar Treschan, Mitarbeiter bei der Anti-Armutsorganization Community Service of New York, ist der Test eine Bildungsbarriere, weil sich Eltern mit geringem Einkommen keinen Privatunterricht leisten können, um ihre Kinder darauf vorzubereiten. Auch die Freude am Lernen bleibe auf der Strecke. "Vor allem in New Yorks chinesischen Gegenden nehmen Kinder im Sommer von morgens bis abends an Kursen teil, um sich auf den Test vorzubereiten. Sie lernen aber kein Mathe, sondern wie sie das System austricksen können."
    Dem widersprechen die Gegner des Plans. Den Test abzuschaffen sei falsch, sagt Larry Cary, Leiter der Vereinigung der ehemaligen Schüler der Eliteschule Brooklyn Tech - mit 6.000 Schülern die größte Highschool in den USA: "Es ist ein objektiver und transparenter Test, der von einem Computer bewertet wird. Er vergleicht die Bewerber miteinander. Die besten von ihnen werden in unsere Eliteschulen aufgenommen. Wer nicht besteht, muss gehen."
    Allen Kindern sollte ein kostenloses Testprogramm angeboten werden, fordert Cary. Und er unterstützt einen anderen Plan von Bill de Blasio: 20 Prozent der Elite-Schulplätze für Kinder aus Mittelschulen mit hoher Armutsquote zu reservieren, die beim Test knapp unter der Annahmeschwelle lagen - wenn sie im Sommer an einem Intensivkurs teilnähmen, um sich auf den zermürbenden Schulalltag vorzubereiten. "Sie müssen in der Lage sein, Seminare, die bei uns auf dem Niveau des ersten Collegejahres angeboten werden, zu folgen."
    Er warnt davor, Kinder asiatischer Abstammung in Zukunft zu benachteiligen. Schließlich kämen sie oft aus armen Immigrantenfamilien, die kaum Englisch sprechen. Aber mit viel Mut und Einsatz schaffen sie es an die New Yorker Eliteschulen.
    Cary: "Der Plan des Bürgermeisters, den Test abzuschaffen, würde ihre Zahl in unseren Elite-Highschools von über 50 auf unter 30 Prozent reduzieren. Das sind drakonische Maßnahmen, die viele Emotionen auslösen. Und sie könnten Unruhen hervorrufen, wenn wir nicht vorsichtig sind."