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Niedersachsen
Neue Zweifel an der Sicherheit des AKW Grohnde

Nach einer Routineinspektion des Kernkraftwerks Grohnde im südlichen Niedersachsen wurden Schäden an einem Generator im Maschinenhaus festgestellt. Der Reaktor wurde abgestellt und der Generator soll ausgetauscht werden - aber offenbar durch ein gebrauchtes Gerät.

Von Agnes Bührig |
    Das Atomkraftwerk Grohnde, fotografiert am 06.08.2013 nahe Grohnde an der Weser (Niedersachsen).
    In sieben Jahren soll das AKW Grohnde im südlichen Niedersachsen vom Netz gehen. (picture alliance / dpa - Holger Hollemann)
    Eine kleine Spontandemo auf dem Parkplatz vor dem Kernkraftwerk Grohnde. Hinten ragen die beiden mächtigen Kühltürme des AKW in den Himmel, vorne steht ein knappes Dutzend Umweltaktivisten aus der Region. Ihre typischen "Atomkraft? Nein, Danke"-Flaggen flattern im Wind. Sie fordern die lückenlose Aufklärung des Materialschadens im Generator.
    "Mir macht das Angst, was mit dem Generator passiert ist und ich befürchte, dass die anderen Teile in dem AKW ähnlich schlecht gewartet sind.
    Weil endlich mal dieses Märchen aufhören muss vom billigen Atomstrom und auch von der Sicherheit in unserem Land. Und das ist ja wohl nicht möglich. Es gibt Materialschäden, wie wir sehen."
    Bei der routinemäßigen Kontrolle des Meilers Ende April hatte der Betreiber Eon Schäden im Inneren des Generators in der Maschinenhalle festgestellt. Dieser liegt im nicht-nuklearen Teil des Kraftwerkes, neben dem Druckwasserreaktor das Herzstück der Anlage. Doch das beruhigt die Demonstranten keineswegs: Der Vorfall vermittle den Eindruck eines Systemversagens, kritisiert Peter Dickel von der Bürgerinitiative "Regionalkonferenz AKW Grohnde abschalten":
    "Was uns alle bewegt ist hauptsächlich erstmal die Frage, wie es kommen kann, dass ein Generator defekt ist und das dann aber nicht während des Betriebes festgestellt wird, dann hätte nämlich das System sich selber runter fahren müssen, sondern erst festgestellt wird, wenn der Reaktor sowieso abgestellt wird für die jährliche Revision. Während des Betriebes hat das System diese Gefahr nicht erkannt und darauf nicht reagiert. Und das muss jetzt als Allererstes aufgeklärt werden."
    AKW-Besuch vom niedersächsischen Umweltminister
    Das hat sich auch Stefan Wenzel, niedersächsischer Umweltminister von den Grünen, vorgenommen, der eigens aus Hannover herbeigeeilt ist. Nach einem dreistündigen Gespräch mit den Betreibern bestätigt er, dass die Ursache des Schadens noch gesucht wird. Für die Befürchtung der Umweltaktivisten, es werde in der letzten Phase vor dem geplanten Atomausstieg im Jahr 2022 nicht mehr ausreichend in die laufenden AKWs investiert, hat Stefan Wenzel Verständnis:
    "Für uns als Atomaufsicht ist es natürlich notwendig, ganz besonders genau hinzugucken, weil vielleicht in der letzten Phase auch schnell mal gedacht wird, na, müssen wir das Teil da noch austauschen oder nicht? Man spürt natürlich schon die Anspannung aufseiten der Betreiber, weil die natürlich letztlich auch sicherstellen müssen, dass die Anlage zu jedem Zeitpunkt sicher ist."
    Kritik am möglichen Ersatzgenerator von Umweltaktivisten
    Für Eon-Sprecherin Petra Uhlmann ist die Aufmerksamkeit rund um den Schaden ein Hype, der nicht nachvollziehbar sei. Der Generator liege im nicht-nuklearen, sicherheitstechnisch unbedenklichen Teil der Anlage, es sei unlogisch zu kritisieren, dass bei einer Inspektion auch Fehler gefunden werden. Derzeit würden die Ursachen des Schadens untersucht. Unterdessen ist ein gebrauchter Ersatzgenerator auf dem Weg zum Kraftwerk. Gebrauchsspuren und Rost soll er aufweisen, kritisieren die Umweltaktivisten. Es gehe dem Konzern darum, Geld zu sparen, da das AKW in sieben Jahren abgeschaltet wird. Für Peter Bickel passt das zum Konzept der Bad Bank für alte Atomkraftwerke, das am Wochenende durch einen Bericht im "Spiegel" bekannt geworden ist.
    "Plötzlich ist Rede davon, die großen Stromkonzerne wollen sich aus den AKWs rausziehen, und da haben wir große Sorge, dass man versucht, da noch einen schnellen Euro zu machen, und die Probleme und die Sicherheit eher hinten anstellt."
    Auch Umweltminister Stefan Wenzel will den Bericht von Eon zu Grohnde abwarten, bevor er zur Sicherheit des Kernkraftwerkes Stellung nimmt. In etwa zehn Tagen soll er vorliegen. Ob das AKW wie von den Betreibern geplant, zum 20. Juni wieder läuft, wird sich zeigen.