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Obacht beim Kunstkauf
Bernini-Büste aus Bratislava

Es klingt ein wenig wie die Anleitung zu einem schlechten Kunst-Coup: Händler fährt nach Bratislava, entdeckt eine wertvolles Büste, zahlt ein Kleingeld für das Objekt. Bei der Ausfuhr vermehrt sich der Wert der Kostbarkeit um ein Vielfaches. Das besagte Objekt - eine Büste des Renaissance-Meisters Bernini - weilt nun im Getty-Museum in Los Angeles. Die Slowaken toben.

Von Peter Lange |
    Selbstporträt von Bernini Gian Lorenzo (1622 - 1623), aus dem 17. Jahrhundet. Öl auf Leinwand.
    Was hätte der Meister selbst - Bernini Gian Lorenzo - zu diesem "Fall Bratislava" gesagt? (imago/Leemage)
    Das Glück des französischen Kunsthändlers ist das Pech der drei Erben des Malers und Kunstsammlers Ernest Zmetak. Aus seinem Nachlass stammte die Papst-Büste, die auch erst im zweiten Anlauf einen Käufer fand. Und nun das: Das Werk, laut Katalog "nach Bernini" gefertigt, stammt vom Meister selbst, und niemand in der Slowakei hat es erkannt. Ein herber finanzieller Verlust für die Erben und ein ideeller Verlust für die Slowakei.
    "Es ist ein Werk von Weltgeltung, meint die Kunsthistoriker Zuzana Konopáskova. Um es zu verdeutlichen: In den Louvre kommen Menschen, um sich die Mona Lisa anzusehen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass sie auch nach Bratislava gekommen wären, um sich gerade diesen Papst von Bernini anzuschauen."
    Dabei hätten es die slowakischen Behörden in der Hand gehabt, die Ausfuhr des Kunstwerks zu verhindern. Denn der französische Käufer brauchte dafür eine Genehmigung des Kulturministeriums. Das hätte laut Gesetz zumindest in einer Frist von zwölf Monaten selbst versuchen können, den Bernini zu erwerben. Also ein eklatantes Versagen der Behörden!
    Ausfuhr mithilfe von Beamtenbestechung?
    Ab hier jedoch nimmt die Geschichte eine seltsame Wendung. Der französische Erwerber hat nämlich in einem Ausfuhrantrag den Wert der Büste mit umgerechnet sieben Millionen Euro angegeben. Und die zuständige Beamtin soll im Antrag die Formulierung "von Bernini" in "nach Bernini" geändert haben. Das macht die Oppositionspolitikerin Magda Vasaryova misstrauisch:
    "Als Mitglied des Kulturausschusses muss ich mir die Frage stellen, wie jemand eine Büste für 24.000 Euro kaufen kann und dann im Ausfuhrantrag einen Wert von sieben Millionen angibt. Das ist verdächtig. Sollte sich der Verdacht bestätigen, dann hat jemand bei dieser Sache ordentlich abkassiert."
    Reihenweise gefeuerte Beamte
    So könnte sich die Geschichte auch ganz anders abgespielt haben, auch wenn das noch nicht zu beweisen ist. Es könnte sein, dass sowohl die Erben als auch der französische Kunsthändler genau gewusst haben, dass sie da einen echten Bernini vor sich haben. Dass sie eine willige Beamtin fanden, die gegen eine gewisse Gewinnbeteiligung bei der Ausfuhr behilflich war, und dass die Millionen hinterher aufgeteilt wurden.
    Wie gesagt, alles nur ein Verdacht. Aber der böse Schein hat für Kulturminister Madaric schon ausgereicht, um Strafanzeige zu erstatten. Und personelle Konsequenzen, so berichtet sein Sprecher Josef Bednar, hat es auch schon gegeben:
    "Der Chef der Kulturerbe-Abteilung wurde entlassen, und auch die Beamtin, die den Ausfuhrantrag bearbeitet hat. Eine beim Ministerium angesiedelte Expertenkommission wurde aufgelöst, weil sie es versäumt hatte, ein Gutachten über die Skulptur einzuholen. "
    Für die Kunsthistorikerin Konopaskova ist das alles nur Aktionismus.
    "Sie haben im Ministerium versagt. Ganz eindeutig. Es wäre interessant zu wissen, was alles in den letzten Jahren unser Land unser Land verlassen hat. Bernini ist vielleicht nur eine Kirsche auf der Torte. Mich würde das sehr interessieren."
    Apropos: Wer die besagte Kirsche sehen möchte, muss nun weit reisen. Die Bernini-Büste gehört jetzt dem Getty-Museum in Los Angeles. Dass die Slowaken sie zurückbekommen, halten Rechtsexperten für so gut wie ausgeschlossen.