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Obamacare-Abstimmung
"Trump befindet sich in einem Grabenkampf"

US-Präsident Donald Trump sei innerhalb der Republikanischen Partei nicht besonders beliebt, sagte der amerikanische Journalist Don Jordan im DLF. Sein Mangel an Einfluss werde bei der Auseinandersetzung um die Gesundheitsreform deutlich. "Ich habe meine Zweifel, ob Trump heute seine Gesetzesvorlage durchkriegt", betonte Jordan.

Don Jordan im Gespräch mit Christine Heuer |
    Die Senatoren des Repräsentantenhauses treffen zur ersten Sitzung des US-Kongresses im Capitol in Washington ein.
    Bis zu 40 Repräsentanten im US-Kongress werden möglicherweise nicht für Donald Trumps Gesetzesvorlage stimmen. (imago/UPI Photo)
    Christine Heuer: Es sollte ein Triumph werden für Donald Trump. Auf den Tag genau sieben Jahre nach Inkrafttreten von Obamacare wollte der neue US-Präsident die Gesundheitsreform seines Vorgängers zu Grabe tragen. Dumm nur, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus gestern alles andere als sicher waren, für diesen Plan eine Mehrheit zu bekommen, und so wurde die Abstimmung verschoben. Donald Trump hat jetzt ein Problem mehr.
    In Bonn begrüße ich den deutsch-amerikanischen Journalisten Don Jordan am Telefon. Er berichtet seit den 60er-Jahren aus Deutschland. Guten Tag, Herr Jordan.
    Don Jordan: Guten Tag, Frau Heuer.
    Heuer: Sie haben aber trotzdem natürlich Ihre Heimat und was da geschieht immer sehr stark im Blick. Glauben Sie, die Republikaner raufen sich noch zusammen in Sachen Obama- beziehungsweise Trumpcare?
    Jordan: Ich habe meine großen Zweifel, denn die Abgeordneten, alle 435 im Repräsentantenhaus, müssen ja alle zwei Jahre sich zur Wiederwahl stellen. In 2018 sind sie wieder dran. Und die Abschaffung von Obamacare, das heißt die Beeinträchtigung des Lebensstandards von über 22 Millionen Menschen, ist schon eine heikle Sache. Ich habe meine Zweifel, ob Trump heute seine Gesetzesvorlage durchkriegt.
    Eine Schlappe für Paul Ryan
    Heuer: Und wenn er das nicht schafft, wie schlimm ist dann der Schaden für ihn?
    Jordan: Für ihn persönlich sicherlich ein Manko, ein Schaden, aber auch für den Führer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, ist das eine erhebliche Schlappe und das könnte er sogar politisch nicht überleben. Es könnte sein, dass er sein Amt als Führer der Mehrheit aufgeben müsste.
    Heuer: Wächst bei den Republikanern vor diesem Hintergrund vielleicht auch die Bereitschaft, Donald Trump fallen zu lassen?
    Jordan: Das weiß ich nicht. Aber, sagen wir mal, diese Bereitschaft wächst sowieso, ganz abgesehen von Obamacare, wegen den anderen Skandalen, die Trump im Moment auszustehen hat: seine Fehde mit den Geheimdiensten und die Vermutung, dass er mit den Russen zusammengearbeitet hat, um Hillary Clinton zu schlagen. Er steht auf sehr wackligem Fuß im Moment.
    Heuer: Das ist gefährlicher für ihn als Obamacare?
    Jordan: Die Tatsache, dass er zum Beispiel die Geheimdienste so vergrault hat in seinen ersten Wochen im Amt, gesagt hat, deren Berichte würde er gar nicht lesen morgens, das ist eine sehr gefährliche Sache, wenn Sie die 17 amerikanischen Geheimdienste und Inlands-Sicherheitsbehörden so kritisieren. Denn ich vermute, diese Agenturen haben mehr kompromittierendes Material über Donald Trump, als sogar Wladimir Putin sich erträumen könnte.
    Die Geheimdienste seien gefährlich für Trump
    Heuer: Die Geheimdienste sind gefährlich. Aber sie sind ja nur dann gefährlich, wenn sie wirklich entschlossen wären, Donald Trump irgendwie zu Fall zu bringen. Haben Sie den Eindruck oder ist es überhaupt denkbar, dass das so ist?
    Jordan: Nein, da muss ich Ihnen widersprechen. Die sind gefährlich, solange sie in der Lage sind, tröpfchenweise Sachen in die Öffentlichkeit zu bringen, die den Charakter und die Ehrlichkeit von Donald Trump anzweifeln lassen, und das tun sie. Ich meine, alle diese kleinen Indikationen, dass im Wahlkampf nicht alles koscher gewesen ist im Lager von Donald Trump, die stammen ja irgendwo her. Und auch wenn sie in der "Washington Post" oder "New York Times" abgedruckt werden, kommen sie irgendwo her, aus dem intimen Bereich der Sicherheitsbehörden. Sie müssen nicht forsch und sofort sich zu erkennen geben, wenn irgendwas an Donald Trump hängen bleibt.
    Heuer: Aber, Herr Jordan, was würde das alles denn konkret bedeuten? Es ist ja das eine, dass da immer wieder was geleakt wird, dass das Thema Trump und das Team Russland immer im Gespräch bleibt, und dann tatsächlichen Handlungen. Konkret gefragt: Wie wahrscheinlich ist denn ein Impeachment? Ich habe Sie irgendwo zitiert gelesen, dass Sie, Herr Jordan, sagen, es wehe gerade ein Hauch von Watergate durch Washington.
    "Impeachment, das wäre einmalig in der amerikanischen Geschichte"
    Jordan: Ja, das stimmt.
    Heuer: Also Impeachment?
    Jordan: Impeachment, das wäre schon einmalig in der amerikanischen Geschichte, wenn es gelänge. Das wäre natürlich ein sehr radikaler Schritt, aber nicht abzuweisen, denn Donald Trump ist innerhalb der Republikanischen Partei, der er nie wirklich angehört hat, nicht besonders beliebt und seinen Mangel an Einfluss erkennt man ja in der Frage der Gesundheitsreform. Wenn bis zu 40 Repräsentanten verdächtigt werden, oder sich zu erkennen gegeben haben, dass sie nicht für Donald Trumps Gesetzesvorlage stimmen, zeigt das, dass er wirklich in einem Grabenkampf sich befindet und dass die Kluft in den eigenen Reihen nicht so leicht zu schließen ist. Wenn tatsächlich irgendjemand mit einem Impeachment-Verfahren anfangen würde, dann könnte sich Donald Trump den Rückhalt seiner eigenen Partei gar nicht sicher sein.
    "Wetten, dass Trump nicht mehr da ist, wenn die nächste Wahl ansteht"
    Heuer: Don Jordan, wir haben ungefähr 15 Sekunden für Ihre Antwort, aber die Frage möchte ich Ihnen unbedingt noch stellen. Wenn Sie wetten müssten, würden Sie darauf wetten, dass Donald Trump vier Jahre im Weißen Haus bleibt?
    Jordan: Nein! Ich würde sogar zehn Euro wetten, dass er nicht mehr da ist, wenn die nächste Wahl ansteht.
    Heuer: Der deutsch-amerikanische Journalist Don Jordan im Interview mit dem Deutschlandfunk. Klare Worte, vielen Dank dafür. Schönen Tag.
    Jordan: Danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.