In vielen europäischen Ländern sind die Sende-Anstalten lautstarker Kritik ausgesetzt, auch in Deutschland. Zwar spricht sich einer neuen Umfrage zufolge hierzulande eine Mehrheit für den Erhalt der Öffentlich-Rechtlichen aus, doch vielfach wird der Ruf nach Reformen laut.
Welche Folgen hat das Ergebnis der No-Billag-Kampagne für die Debatte in Deutschland? Muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk neu aufstellen? Wo könnten Reformen ansetzen?
Es diskutierten:
- Leonhard Dobusch, Universität Innsbruck
- Wiebke Loosen, Hans-Bredow-Institut für Medienforschung
- Rainer Robra, CDU, Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt und Minister für Kultur
- Hans-Peter Siebenhaar, Österreich-Korrespondent Handelsblatt
- Christoph Sterz, Medienjournalist
Der CDU-Medienpolitiker Rainer Robra hat den Ausgang der Schweizer Volksabstimmung als Signal für den gebührenfinanzierten Rundfunk begrüßt. Robra, sagte in der Diskussion allerdings auch, die hohe Zustimmung sei durch die Ankündigung von Beitragssenkungen und Strukturreformen begünstigt worden. Außerdem habe es in der Schweiz eine einmütige Haltung der öffentlichen und der privaten Medien einschließlich der Verlage gegeben. Robra rief ARD, ZDF und Deutschlandradio auf, sich ebenfalls aus freien Stücken zu bewegen. Bislang hätten die Reformvorschläge nicht genug gebracht.
ARD und ZDF seien sich zum Verwechseln ähnlich geworden. Es fehlten Vielfalt und regionale Berichterstattung.
Fit für die digitale Gesellschaft machen
Der CDU-Politiker betonte, die Akzeptanz in der Bevölkerung sei das A und O für die Sender. Für die Regelung der Beitrags-Finanzierung brauche man außerdem in 16 Landtagen jeweils eine Zustimmung von mehr als 50 Prozent.
Zugleich bekannte sich Robra dazu, dass die öffentlich-rechtlichen Angebote fit für die digitale Gesellschaft gemacht werden müssten. So sollten die Sender generell die Freiheiten im Netz erhalten, die die Politik dem Jugendangebot "Funk" eingeräumt habe. Dazu gehöre die Möglichkeit, Inhalte ausdrücklich nur für die digitale Verbreitung zu produzieren.
Rundfunkbeitrag an Preissteigerung koppeln
Der Innsbrucker Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch meinte, der von einigen geforderte stabile Rundfunkbeitrag in absoluter Höhe laufe angesichts der Inflation auf ein schleichendes Ausbluten hinaus. Dobusch, auch Mitglied im ZDF-Fernsehrat, schlug anstatt dessen eine Koppelung an die Preissteigerung vor. Dann habe man eine reale Beitragsstabilität im Sinne der Kaufkraft.
Dobusch rief dazu auf, die digitale Wettbewerbsfähigkeit mit Angeboten wie Netflix in den Vordergrund zu stellen mit dem Ziel eines zeitgemäßen plattformgetriebenen Onlineangebots. Außerdem sprach er sich für eine weitere Demokratisierung der Aufsichtsgremien aus.
Kein Staatsfunk, sondern Bürgerfunk
Wiebke Loosen vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung betonte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei kein Staatsfunk, sondern vielmehr ein Bürgerfunk. Gäbe es ihn nicht schon, so müsste man ihn heute erfinden. Öffentlich-rechtliche Angebote seien in Zeiten von Filterblasen und Fake News wichtiger denn je.
Hans-Peter Siebenhaar, Kolumnist des "Handelsblattes", bezeichnete die öffentlich-rechtlichen Sender als überdimensioniert. Er sprach von einem medialen Overkill an Angeboten. Einsparmöglichkeiten lägen auf der Hand, meinte Siebenhaar. Er nannte eine Zusammenlegung von ARD und ZDF sowie eine Beschränkung der dritten Programme auf je eines für den Norden, Süden, Osten und Westen Deutschlands.