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Öffentliche Weiterbildung
Volkshochschulen werden digitaler

Mithilfe der neuen VHS-Cloud sollen sich künftig alle 900 Volkshochschulen bundesweit untereinander vernetzen und bei der Entwicklung digitaler Lernformate zusammenarbeiten. Damit kommen sie auch ihren Kursteilnehmern entgegen, denn die Online-Selbstlerner werden immer mehr.

Von Katrin Sanders |
    Das Logo der Volkshochschule (VHS) in Garmisch-Partenkirchen
    Videokonferenzen, Chats und Foren sollen künftig über die vhs.cloud mögliche Teilnehmer zusammenbringen, die nicht an einem Ort sind (picture alliance / Angelika Warmuth)
    "Die Cloud ist für mich einfach ein Riesenschritt. Es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, dass wir uns untereinander vernetzen, uns unterstützen und unser Portfolio einfach so erweitern, dass wir für alle Lernbedürfnisse ein adäquates Angebot vorhalten können."
    Für Amelie Wangrin von der VHS in Köln liegen die Chancen einer digitalen Lernumgebung auf der Hand. Bislang musste jede Volkshochschule ihre Lernmaterialien und -ideen allein erstellen und ausarbeiten. Über die neue Cloud können jetzt alle 900 Volkshochschulen bundesweit bei der Entwicklung digitaler Lernformate zusammenarbeiten und die Kräfte bündeln. Neue Unterrichtsmodelle können leicht geteilt und ausgetauscht werden und die technischen Möglichkeiten liefert die Cloud gleich mit dazu: Videokonferenzen, Chats und Foren sollen künftig über die VHS.cloud mögliche Teilnehmer zusammenbringen, die nicht an einem Ort sind.
    "Und ganz wichtig, weil Volkshochschulen ja in sehr unterschiedlicher Größe unterwegs sind, bietet die Cloud natürlich allen Volkshochschulen - klein wie groß - die Möglichkeit hier zu partizipieren, Kursräume einzurichten. Das sind geschlossene Kursräume, das ist für unsere Teilnehmenden auch ganz wichtig, dass sie wissen, wir sind da unter uns im Kurs. Und die so einzurichten, wie man es für den einzelnen Kurs braucht. Ich kann entscheiden, will ich einen Chat aktivieren, will ich eine Dateiablage."
    Flexible Selbstlerner
    Erprobt hat es die Leiterin für die Programmbereiche Foto, Theater und Literatur schon vielfach, zum Beispiel in einer Online-Schreibwerkstatt, die Teilnehmer aus drei Bundesländern per Videokonferenz in den kreativen Austausch brachte. Oder in Formaten des Blended-Learning, bei denen man phasenweise online lernt und sich analog in der Gruppe trifft. Es gibt sie längst, die Kunden, die genau das wollen, sagt Amelie Wangrin:
    "Menschen, die ein Weiterbildungsinteresse haben, die aber sagen, ich kann jetzt wirklich nicht fünf Mal abends in die Volkshochschule gehen und ich möchte da andere Formate."
    Solche flexiblen Selbstlerner trifft man im Orientierungskurs Deutsch bei der VHS Bonn.
    Es sind fortgeschrittene Sprachschüler aus Syrien, Somalia oder den USA. Die ersten Sprachstufen haben viele von ihnen schon unterwegs und online im Internet genommen, weiß Kursleiterin Mona Grosche:
    "Vor allen Dingen bei den syrischen Teilnehmern kann man sagen, dass sehr viele übers Internet gearbeitet haben. Es gibt einige sehr gute Lernvideos von syrischen Lehrern, die da online sind und das spricht sich natürlich auch sehr schnell rum und so haben viele schon alleine für sich im Flüchtlingsheim einen Stand erreicht, was wir früher nicht gewohnt waren."
    Smartboards sind standard
    Es werden immer mehr, die so lernen. Die früher üblichen Lehrbücher zum Sprachenlernen können da kaum Schritt halten, sagt die Lehrerin. Gut, dass in allen Kursräumen Smartboards standard sind:
    "Sie haben jederzeit die Möglichkeit damit ins Internet zu gehen, Filme zu zeigen. Oder wenn halt ein Begriff überhaupt nicht erklärbar ist, ja dann googeln wir den einfach mal. Zum Beispiel: Was ist Grünkohl? Und das eröffnet wirklich tolle Möglichkeiten. Also diese Tafeln sind goldwert."
    Doch längst nicht alle der 700 Dozentinnen und Dozenten der VHS in Bonn wollen die digitalen Werkzeuge kritiklos in die Hand nehmen. Etwa Fragen des Datenschutzes werden rege diskutiert, sagt Ingrid Schöll, Leiterin der Volkshochschule Bonn:
    "Wird die Technik so aufgebaut, dass sie für mich nur dann kostenfrei ist, wenn ich durch die Hintertür dafür mit Daten bezahle? Und ich denke, da stehen wir auch an einem Meilenstein, wo wir als Einrichtungen nicht nur unsere Dozenten mit digitalen Werkzeugen ausstatten müssen, sondern wo wir - und das ist für mich eine originäre Aufgabe von Volkshochschulen - einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs mit begleiten müssen, was müssen wir uns an Datenschutz leisten, damit wir nicht irgendwann gläserne Bürger werden."
    "Digitale Volksbildung" ist das Stichwort
    Von der digitalen Weiterbildung wird weit mehr erwartet als nur "Kursinhalte mit neuen Medien". Sie soll der vorangeschrittenen digitalen Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken: "Digitale Volksbildung" ist das Stichwort, das im Netz diskutiert wird. Eine digitale Grundbildung für alle Menschen ist gefordert. Hier gibt es Nachholbedarf – auch bei den Materialien, die es dazu braucht:
    "Die Verlage tun sich extrem schwer auch digital gute Materialien herzustellen. Und ein Dozent, der nicht auf gute Lernmaterialien im Digitalen zurückgreifen kann, sondern sie selbst im Netz suchen und auch noch bewerten muss, der wird sich schwer tun und der wird das sehr vorsichtig und ganz dosiert machen."
    Mit dem Austausch von Konzept und Material via Cloud soll sich das ändern und die digitale Volkshochschule entscheidend voran gebracht werden. Sie muss, glaubt Amelie Wangrin von der VHS in Köln.
    "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir diese Konzepte anbieten müssen, um einfach langfristig auch noch in zehn Jahren so präsent zu sein am Weiterbildungsmarkt wie wir es jetzt sind."