Treffpunkt: Beim indischen Pfau. Im Tiergarten von Wels wartet an diesem feuchtkühlen Morgen ein freundlicher lächelnder Herr Anfang 40.
"Markus Köhle, Stattschreiber mit doppelhartem 't', obwohl in Österreich die Ds und Ts ja nivelliert sind."
Der Dichter ist mit einem schwarzen Lastenrad gekommen. Er trägt eine Mütze auf dem Kopf, die entfernt an Berthold Brecht erinnert.
"Ich freue mich, drei Monate in Wels werken zu dürfen, hab einen Schreibtisch im 'Schl8hof', das ist das Kulturzentrum. Und hab ein Zimmerchen überhalb des 'Black Horse Inn', eine Insel der trinkfreudigen und lebenslustigen Menschen."
Womit er in der Alternativszene des Städtchens bereits bestens verankert wäre. Zuvor hatte es in Wels einige offizielle "Stadtschreiber" gegeben, doch letztes Jahr strich die Stadt den Schreiberjob. Worauf die freie Kulturszene ein Crowdfunding startete.
"Dahinten ist dann der Kranich, der sich ein bisschen zu wenig beachtet fühlt."
Dichter Köhle schreitet vorbei an Hammerkopf und Blaubachracke, Schmuckschildkröte und Zwergziege.
"Ja, Wels ist für eine Kleinstadt schon relativ groß. Im Grunde hat es einen sehr dörflichen Charakter."
"Markus Köhle, Stattschreiber mit doppelhartem 't', obwohl in Österreich die Ds und Ts ja nivelliert sind."
Der Dichter ist mit einem schwarzen Lastenrad gekommen. Er trägt eine Mütze auf dem Kopf, die entfernt an Berthold Brecht erinnert.
"Ich freue mich, drei Monate in Wels werken zu dürfen, hab einen Schreibtisch im 'Schl8hof', das ist das Kulturzentrum. Und hab ein Zimmerchen überhalb des 'Black Horse Inn', eine Insel der trinkfreudigen und lebenslustigen Menschen."
Womit er in der Alternativszene des Städtchens bereits bestens verankert wäre. Zuvor hatte es in Wels einige offizielle "Stadtschreiber" gegeben, doch letztes Jahr strich die Stadt den Schreiberjob. Worauf die freie Kulturszene ein Crowdfunding startete.
"Dahinten ist dann der Kranich, der sich ein bisschen zu wenig beachtet fühlt."
Dichter Köhle schreitet vorbei an Hammerkopf und Blaubachracke, Schmuckschildkröte und Zwergziege.
"Ja, Wels ist für eine Kleinstadt schon relativ groß. Im Grunde hat es einen sehr dörflichen Charakter."
Zeitungen versus Gratis-Blätter
Er bloggt, schreibt eine Kolumne im Lokalblatt. Gerade hat er sich eben dort zu politischen Tier-Analogien hinreißen lassen, vielleicht durch den Umstand beflügelt, dass die SPÖ Wels eine Patenschaft für den Dunkelroten Ara übernommen hat.
Er weiß: Es kann schnell Ärger geben im FPÖ-regierten Wels.
"Es ist leider wirklich schon sehr akzeptiert, normal und nichts Besonderes geworden."
Es fällt zunehmend schwer, viele zu erreichen. Stattschreiber Köhle schwingt sich aufs Fahrrad.
Er weiß: Es kann schnell Ärger geben im FPÖ-regierten Wels.
"Es ist leider wirklich schon sehr akzeptiert, normal und nichts Besonderes geworden."
Es fällt zunehmend schwer, viele zu erreichen. Stattschreiber Köhle schwingt sich aufs Fahrrad.
Der kleine, rundliche Zeitungshändler, ein Rentner mit zerschlissener Jacke und schlechten Zähnen, blickt gleichgültig auf das schmale Sortiment. Von den seriösen Tageszeitungen, sagt er, verkaufe er höchstens drei oder vier.
Wohl auch, weil an Pfosten und Masten überall im Land die durchsichtigen Taschen mit den täglichen Gratiszeitungen hängen: "Österreich" und "Heute". Nirgendwo sonst in der Welt haben solch kostenlose Blätter pro Kopf eine derart hohe Verbreitung. In Wels gibt es zusätzlich noch ein Gratis-Monatsblatt; und jeden Freitag umsonst den "Wochenblick", der offen mit der FPÖ sympathisiert.
"Grüne fordern Kinderbücher mit schwulen Inhalten"
"Brutaler Axt-Afrikaner aus Schweden bekam bei uns Asyl!"
"Eltern empört: Muslimische Kinder haben an Islam-Feiertagen schulfrei."
"Jetzt will auch Wels gegen die Schummel-Türken vorgehen"
Wohl auch, weil an Pfosten und Masten überall im Land die durchsichtigen Taschen mit den täglichen Gratiszeitungen hängen: "Österreich" und "Heute". Nirgendwo sonst in der Welt haben solch kostenlose Blätter pro Kopf eine derart hohe Verbreitung. In Wels gibt es zusätzlich noch ein Gratis-Monatsblatt; und jeden Freitag umsonst den "Wochenblick", der offen mit der FPÖ sympathisiert.
"Grüne fordern Kinderbücher mit schwulen Inhalten"
"Brutaler Axt-Afrikaner aus Schweden bekam bei uns Asyl!"
"Eltern empört: Muslimische Kinder haben an Islam-Feiertagen schulfrei."
"Jetzt will auch Wels gegen die Schummel-Türken vorgehen"
Journalist Thomas Rammerstorfer im Visier der FPÖ
Ein Mann trinkt ein Bier im "Black Horse Inn". Er sagt:
"Ich glaub, generell ist der FPÖ und auch ihr nahestehenden Medienunternehmen gelungen, eine Stimmung zu erzeugen, die zum Teil eine Endzeitstimmung ist. Dass wir eben von Migranten und Migrantinnen überrannt werden und dass die sich nicht integrieren wollen oder vielmehr sogar hier die Macht übernehmen wollen."
Seit Jahren beschäftigt er sich mit der rechten Szene:
"Thomas Rammerstorfer aus Wels. Freier Journalist und hier politisch vielfältig aktiv."
Etwa als Finanzreferent der Welser Grünen und in der "Welser Initiative gegen Faschismus". Auch er ist schon ins Visier der FPÖ geraten:
"Seit März dieses Jahres, wo ich einen Vortrag an einer Linzer Schule gehalten habe zu Extremismus, der dann auf Intervention von FPÖ-Politikern abgebrochen wurde."
Rammerstorfer hatte vor Achtklässlern eines Linzer Gymnasiums über "Extremistische Herausforderungen in Österreich" gesprochen. Bis ein Schüler seinen Vater, den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Roman Haider, alarmierte. Der rief den Rektor an, erzwang den Abbruch der Diskussion. Öffentlich erklärte Haider:
"Wir lassen uns diese linksgrüne Verhetzung nicht mehr gefallen!"
Später stufte der Landesschulrat den Abbruch als nicht zulässig ein. Der Vortrag sei ausgewogen gewesen.
Der "Wochenblick" schoss sich mit einer ganzen Artikel-Serie auf den "FPÖ-Hasser" ein, mit Schlagzeilen wie:
"Jetzt soll der Grün-Kommunist von Schulen ferngehalten werden."
"Es hat natürlich auch persönliche Drohungen gegen mich gegeben", berichtet Rammerstorfer, "auch Morddrohungen oder Gewaltdrohungen und natürlich auch jede Menge Anzeigen gegen mich."
"Ich glaub, generell ist der FPÖ und auch ihr nahestehenden Medienunternehmen gelungen, eine Stimmung zu erzeugen, die zum Teil eine Endzeitstimmung ist. Dass wir eben von Migranten und Migrantinnen überrannt werden und dass die sich nicht integrieren wollen oder vielmehr sogar hier die Macht übernehmen wollen."
Seit Jahren beschäftigt er sich mit der rechten Szene:
"Thomas Rammerstorfer aus Wels. Freier Journalist und hier politisch vielfältig aktiv."
Etwa als Finanzreferent der Welser Grünen und in der "Welser Initiative gegen Faschismus". Auch er ist schon ins Visier der FPÖ geraten:
"Seit März dieses Jahres, wo ich einen Vortrag an einer Linzer Schule gehalten habe zu Extremismus, der dann auf Intervention von FPÖ-Politikern abgebrochen wurde."
Rammerstorfer hatte vor Achtklässlern eines Linzer Gymnasiums über "Extremistische Herausforderungen in Österreich" gesprochen. Bis ein Schüler seinen Vater, den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Roman Haider, alarmierte. Der rief den Rektor an, erzwang den Abbruch der Diskussion. Öffentlich erklärte Haider:
"Wir lassen uns diese linksgrüne Verhetzung nicht mehr gefallen!"
Später stufte der Landesschulrat den Abbruch als nicht zulässig ein. Der Vortrag sei ausgewogen gewesen.
Der "Wochenblick" schoss sich mit einer ganzen Artikel-Serie auf den "FPÖ-Hasser" ein, mit Schlagzeilen wie:
"Jetzt soll der Grün-Kommunist von Schulen ferngehalten werden."
"Es hat natürlich auch persönliche Drohungen gegen mich gegeben", berichtet Rammerstorfer, "auch Morddrohungen oder Gewaltdrohungen und natürlich auch jede Menge Anzeigen gegen mich."
"Wels wird von der FPÖ als die gesäuberte Stadt verkauft"
Seither muss Rammerstorfer nach jedem Auftritt mit einer FPÖ-Intervention im Nationalrat rechnen. Und regelmäßig zum Anwalt.
"Wels wird von der FPÖ gern als die gesäuberte Stadt verkauft, als die Stadt, wo sie halt ihr Programm umsetzen kann. Und jede Art von Opposition in Wels, die soll halt mundtot gemacht werden, ist mein Eindruck."
Um die Ecke, im Kultur- und Jugendzentrum "Alter Schl8hof" klingt Geschäftsführer Wolfgang Wasserbauer ein wenig optimistischer:
"Ich hoffe nicht. Ich denke, bis jetzt stehen die Projekte nicht in Frage."
Das alternative Zentrum mit Bühnen, Werkstätten und Ateliers arbeitet seit 1985. Der FPÖ ist es schon lange ein Dorn im Auge. Im Gemeinderat gibt es immer wieder Kämpfe um den Kulturetat.
"Es gibt so eine bisserl eigenartige Grundstimmung. Also wenn man so in einschlägigen Wirtshäusern verweilt, da hört man das das schon ab und zu: Na, jetzt können wir’s Euch zeigen, jetzt zeigen wir's Euch dann! Aber von offizieller Seite - wir arbeiten auch gut, muss man sagen."
"Wels wird von der FPÖ gern als die gesäuberte Stadt verkauft, als die Stadt, wo sie halt ihr Programm umsetzen kann. Und jede Art von Opposition in Wels, die soll halt mundtot gemacht werden, ist mein Eindruck."
Um die Ecke, im Kultur- und Jugendzentrum "Alter Schl8hof" klingt Geschäftsführer Wolfgang Wasserbauer ein wenig optimistischer:
"Ich hoffe nicht. Ich denke, bis jetzt stehen die Projekte nicht in Frage."
Das alternative Zentrum mit Bühnen, Werkstätten und Ateliers arbeitet seit 1985. Der FPÖ ist es schon lange ein Dorn im Auge. Im Gemeinderat gibt es immer wieder Kämpfe um den Kulturetat.
"Es gibt so eine bisserl eigenartige Grundstimmung. Also wenn man so in einschlägigen Wirtshäusern verweilt, da hört man das das schon ab und zu: Na, jetzt können wir’s Euch zeigen, jetzt zeigen wir's Euch dann! Aber von offizieller Seite - wir arbeiten auch gut, muss man sagen."
Die Jugend findet Wien spannender
Im ersten Stock übt sich eine kleine Schar gelenkiger Jungs im Breakdance. Einer von ihnen: Kevin, der gerade eine Ausbildung im Textileinzelhandel abgeschlossen hat:
"Es macht keinen Spaß, man verdient wenig."
Wels sei schon ok, findet Kevin.
"Ja, es ist chillig, aber man kann nicht so viel machen."
Viele, erzählt Schl8hof-Veteran Wasserbauer, hauten mit 18 ab. Das sei die Tragödie der Kleinstadt. Ein paar immerhin kämen zurück:
"Aber die meisten finden dann doch Wien spannender als Wels."
"Es macht keinen Spaß, man verdient wenig."
Wels sei schon ok, findet Kevin.
"Ja, es ist chillig, aber man kann nicht so viel machen."
Viele, erzählt Schl8hof-Veteran Wasserbauer, hauten mit 18 ab. Das sei die Tragödie der Kleinstadt. Ein paar immerhin kämen zurück:
"Aber die meisten finden dann doch Wien spannender als Wels."