Archiv

Olympische Spiele in Pyeongchang
Doping und Diplomatie

Bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang droht der Sport zur Nebensache zu werden. Das Thema Doping dominiert die Vorberichterstattung. Zugleich wächst die Kritik an undurchsichtigen Strukturen im Olympischen Komitee.

Von Thielko Grieß, Robert Kempe und Marina Schweizer |
    Kurz vor der Eröffnung der 132. IOC-Session in Pyeongchang, Südkorea am 7.2.2018 sitzen die IOC-Mitglieder noch im Dunkeln
    Kurz vor der Eröffnung der 132. IOC-Session in Pyeongchang, Südkorea am 7.2.2018 sitzen die IOC-Mitglieder noch im Dunkeln (dpa / TASS / Sergei Bobylev)
    "Ja, ich hätte wahrscheinlich 'Guten Abend!' sagen sollen. Aber dieser Abend ist natürlich nicht gut."
    Anfang Dezember: Es ist die Entscheidung, auf die die Sportwelt monatelang gewartet hat: Wegen breiten Dopingbetrugs bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi suspendiert das IOC das Olympische Komitee Russlands von den Winterspielen in Pyeongchang. Seitdem ist dies das Topthema in Russlands Medien.
    "Ich habe das Gefühl, dass man unser Land absichtlich, öffentlich und bewusst erniedrigt hat."
    "Die Spiele im südkoreanischen Pyeongchang sind unglückliche Spiele. Die Tickets für die Wettbewerbe sind noch nicht ausverkauft, weil Touristen einen Krieg fürchten und es nicht wagen, dorthin zu fahren. Aber das ist noch nicht genug: Die Spiele werden jetzt ohne die vollständige Teilnahme Russlands an Faszination verlieren, und das sportliche Niveau wird sinken."
    Das Internationale Olympische Komitee und sein Russland-Entscheid. Ein hartes und kompromissloses Vorgehen, so will es auch sein Präsident Thomas Bach verstanden wissen.
    "Diese systemische Manipulation stellt eine noch nie dagewesene Attacke auf die Integrität der Olympischen Spiele dar. Und deshalb hat das IOC Executive Board heute mit den angemessenen Strafen reagiert."
    Angemessene Strafen? Einen Komplettausschluss verhängt IOC-Präsident Bach nicht, obwohl mindestens tausend russische Sportler vom Betrugssystem profitiert haben sollen. Zwar soll es keine russische Flagge und keine russische Hymne in Pyeongchang geben, russische Sportler aber schon. Unter dem Teamnamen "Olympische Athleten aus Russland" werden rund 170 russische Sportler in Südkorea starten. Diese seien aus Sicht des IOC nachweislich sauber.
    Für Ines Geipel, Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins in Deutschland ist die IOC-Entscheidung eine Mogelpackung.
    "Die Botschaft ist: Wer auch immer in dieser Welt ein Staatsdoping auflegt mit Hunderten, Tausenden gedopten Athleten. Mit Geheimdienst, mit aller nur erdenklicher Kriminalität - willkommen in der olympischen Familie. Es wird suggeriert, dass wir jetzt eine ganz harte und wohlüberlegte Strafe des IOC gesehen haben. Also: Die Welt wird in einer Art und Weise vorgeführt und beschissen, dass man nur staunen kann. Ich halte es für eines der wirklich bizarrsten Meisterstücke von Thomas Bach."
    Unter weißer Flagge
    In Russland verkaufen Staatsführung und Staatsmedien die Entscheidung des IOC als hart. Wenn sich Sportler öffentlich äußern, bleiben sie bei dieser Linie. Die Eiskunstläuferin Jewgenija Medwedjewa war in Sotschi nicht dabei. In Pyeongchang zählt sie zu den Goldkandidatinnen. Kürzlich hat sie in Moskau zu erkennen gegeben, wie schwierig es für sie ist, sich vor dem Hintergrund der Dopingdiskussion konzentriert vorzubereiten. Mit der vermeintlich harten Strafe des IOC hat man sich aber wohl arrangiert.
    "Ich bin froh, dass das IOC trotz allem zu einem Kompromiss gelangt ist. Ja, wir werden unter einer weißen olympischen Flagge auftreten, aber wir werden 'Olympische Athleten aus Russland' heißen. Wir werden also unser Land, Russland, vertreten. Und jedem, der vor dem Bildschirm oder im Stadion sitzt, wird klar sein, aus welchem Land wir kommen und wen wir repräsentieren."
    Der russische Sportler Witali Stepanowa wird von der ARD für eine Dokumentation über Doping in Russland interviewt.
    Der russische Sportler Witali Stepanowa wird von der ARD für eine Dokumentation über Doping in Russland interviewt. (Deutschlandradio/Jürgen Kalwa)
    Whistleblower bringen russisches Doping an die Öffentlichkeit
    Rückblick. 2014 legen die russischen Whistleblower Julia und Witalij Stepanow in einer ARD-Dokumentation ein Doping- und Vertuschungssystem im russischen Spitzensport offen. In einem daraufhin in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht für die Welt-Anti-Doping-Agentur bestätigt der kanadische Rechtsprofessor Richard McLaren detailliert: Es gab systematisches Doping in Russland.
    Der Höhepunkt sind die olympischen Winterspiele in Sotschi vor vier Jahren mit systematischen Manipulationen, staatlich orchestriert, sogar der russische Geheimdienst ist dabei. McLaren stützt sich dabei auch auf die Aussagen des Mannes hinter diesem Betrugssystem: Grigorij Rodtschenkow, den ehemaligen Leiter des Moskauer Dopingkontrolllabors. 2016 geht Rodtschenkow an die Öffentlichkeit. Inzwischen lebt er in den USA als Kronzeuge im Schutzprogramm. Erst jüngst wiederholte er im Deutschlandfunk seine zentrale Anschuldigung an Russlands Führung. Die Brisanz: Nicht nur der damalige Sportminister Witalij Mutko und sein Stellvertreter Juri Nagornych, denen vom IOC die administrative Verantwortung zugesprochen wird, haben Bescheid gewusst.
    "Ich weiß von Witalij Mutko, dass Putin viele Details kannte. Mutko erzählte mir, dass Putin sich an meinen Namen erinnern konnte. Er wusste alles. Es war ja eine ganz einfache Kette: Ich habe an Nagornych berichtet, Nagornych an Mutko und Mutko an Präsident Putin. Putin wollte alles wissen. Und seine Herangehensweise war so: "Sag mir, was dein Problem ist, und wir werden alles tun, um es zu lösen."
    Was wusste Putin?
    Mutko und Nagornych sind inzwischen vom IOC lebenslang von Olympischen Spielen suspendiert. Putin dagegen wird im IOC-Bericht ausdrücklich freigesprochen. Kein staatliches Dopingsystem. Diese Auslegung ist auch Wladimir Putin wichtig, der in wenigen Wochen als russischer Präsident wiedergewählt werden will.
    "Wichtig ist, dass im Ergebnis der Kommission steht, dass es in Russland kein System der staatlichen Unterstützung von Doping gegeben hat. Das ist ein wichtiges Fazit."
    Seitenwechsler Rodtschenkow wird in Russland seit Langem öffentlich diskreditiert. Selbst von Präsident Putin. Der pflegt das Feindbild, wonach hinter Russlands Olympiaausschluss der Westen und die USA stecken.
    "Jetzt haben sie diesen Idioten Rodtschenkow gekriegt, ihn ins Ausland geholt. Hören Sie: Der Mann hat offenkundig Probleme mit dem Gesetz. Er sagt selbst, dass er Rechtswidriges getrieben hat. Man hätte ihn ins Gefängnis werfen sollen. Stattdessen wurde er zum Leiter des russischen Anti-Doping-Labors ernannt. Er hatte versucht, sich umzubringen, wovon er ja auch erzählt. Aber möge ihm Gott Gesundheit geben, und möge er genesen. Das sagt aber etwas über ihn aus, über seine Probleme. Und alles beruht auf Aussagen dieses Menschen."
    Applaus: Thomas Bach und Wladimir Putin auf der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von Sotschi 2014
    Thomas Bach und Wladimir Putin auf der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von Sotschi 2014 (picture-alliance / dpa / Aleksey Nikolskyi)
    "Enjoy the Olympic Winter Games in Sotchi 2014!"
    Wladimir Putin und Thomas Bach, zwei Sportfreunde, die die Inszenierung lieben. Auch nach den Spielen in Sotschi geben sie sich in trauter Eintracht.
    "Sehr geehrter Herr Bach, lieber Thomas, erlaube mir, dich wieder einmal herzlich in Russland zu begrüßen. Russland hat immer beständig die internationale olympische Bewegung unterstützt und will dies auch weiterhin tun. Wir hoffen auf gemeinsame, fruchtbare Zusammenarbeit."
    Russland ist eine einflussreiche Nation in der olympischen Familie. Viele Vertraute Putins haben wichtige Ämter im Weltsport inne.
    Gab man sich deshalb so milde gegenüber dem System? Denn Härte zeigte man nur gegen einzelne Athleten. Insgesamt 43 russische Sportler wurden lebenslang gesperrt. Sie sollen von den Manipulationen rund um Sotschi profitiert haben. Vor wenigen Tagen hob der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperren gegen einen Großteil der Athleten auf. Russland kletterte nach der Entscheidung des Sportgerichts im Medaillenspiegel der Winterspiele in Sotschi wieder auf Platz eins.
    Chaos in der olympischen Welt
    Nach der CAS-Entscheidung herrscht kurz vor der Eröffnung der Spiele in Pyeongchang Chaos in der olympischen Welt. Bisher schließt das IOC eine Teilnahme dieser Athleten aus. Doch: Eine Klage dagegen ist vor dem CAS anhängig. Dem Sportgericht schiebt das IOC schon mal den Schwarzen Peter zu. IOC-Präsident Bach:
    "Diese Entscheidung zeigt, wie dringend Reformen nötig sind. Der CAS muss seine Struktur so ändern, dass er die Qualität und die Beständigkeit seiner Rechtsprechung besser steuern kann."
    Das IOC nutzt das Durcheinander für PR in eigener Sache, geriert sich als harter Durchgreifer im Anti-Doping-Kampf. Und Russland? Der CAS-Entscheid wird dort politisch sofort vom Kreml verwertet.
    Olympische Parallelwelt. Schon jetzt sind die Spiele durch das Hin und Her im Anti-Doping-Kampf massiv beschädigt. Auch weil schon zur Schlussfeier die Suspendierung des Olympischen Komitees Russlands wohl wieder aufgehoben werden wird. Dabei zeigt sich das IOC generös. Man sei offen und flexibel. Alles würde vom Verhalten der Gäste aus Russland abhängen. Dann gibt es auch wieder russische Flagge inklusive Hymne.
    Eine schnelle Rehabilitation für jahrelangen Betrug. Der Russland-Entscheid ist nicht mehr als ein Deal unter Sportfreunden, meint Ines Geipel vom Doping-Opfer-Hilfe-Verein.
    "Es war klar, Thomas Bach stand unter Druck. Er musste dem Westen was bieten und er musste natürlich klar machen, Putin hat jetzt hier eine Kröte zu schlucken. Die Kröte ist verschmerzbar. Diese Verquickungen, die wir hier sehen auf höchster Ebene zwischen Politik und Sport, was ich daran richtig kriminell finde ist, dass weder der Sport von Interesse ist, die Idee von Olympia, aber vor allen Dingen nicht der einzelne Athlet. Mehr kann man den olympischen Sport nicht in den Dreck fahren, wie wir es jetzt gesehen haben."
    Sport wird zur Nebensache
    Neujahrsempfang vor wenigen Tagen in Frankfurt am Main. Der deutsche Sport feiert bei koreanischen Klängen und zelebriert Vorfreude auf die Olympischen Winterspiele in Südkorea. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, ist ein treuer Gefolgsmann von IOC-Präsident Bach. Auch in der größten Krise Olympias verkauft er das Agieren des IOC als Erfolg.
    "Wir fahren, was das Thema der Chancengleichheit anbelangt, mit weit besserem Gefühl nach Pyeongchang, als das vor eineinhalb Jahren in Rio der Fall war. Die Athletinnen und Athleten aus Russland, die antreten, waren somit nachweislich nicht in den ehemaligen Sotschi-Skandal verwickelt - zumindest nicht persönlich. Punkt eins. Und sind, auch dazu gibt es klare Dokumente, mehr geprobt, geprüft und kontrolliert worden wie alle anderen Athleten weltweit."
    Noch nie war der sportliche Wettbewerb so nebensächlich, wenn an diesem Freitag in Pyeongchang die 23. Olympischen Winterspiele eröffnet werden. Die Region gehört zu den ärmsten in Südkorea. Das Budget für Soziales wurde hier noch stärker gekürzt als im Landesdurchschnitt. Für die Ausrichtung der Spiele plant man derzeit mit zehn Milliarden Euro. Das ist fast doppelt so viel wie ursprünglich vorgesehen war. Auch in Pyeongchang werden die Spiele Schulden hinterlassen. In den Hochglanz-Videoclips der Olympischen Familie, die die Vorfreude zelebrieren, hat so etwas keinen Platz.
    Blick auf das Jeongseon-Alpin-Zentrum: Die Strecken für die Abfahrt und den Super-G sind auf dem Bergrücken gut einzusehen. 
07.02.2018, Südkorea, Pyeongchang
    Die Ski-Alpin-Wettbewerbe finden im Jeongseon-Alpin-Zentrum statt, dem größere Waldgebiete zum Opfer gefallen sind (dpa / Michael Kappeler)
    Sport kontra Naturschutz
    Gerungen wird aber nicht nur ums Geld sondern auch um das Erbe der Spiele, die sogenannte Legacy. Eigentlich sollte die Region zum Wintersportzentrum für Ostasien ausgebaut werden, so war das Versprechen bei der Bewerbung. Doch das Konjunkturprogramm Olympia schlägt derzeit noch nicht an, der Wintersporttourismus stagniert. Drastisch war auch der Eingriff in die Natur. Für die alpine Abfahrtsstrecke rückten die Bagger an. Ein einzigartiges Naturschutzgebiet für viele Pflanzen- und Tierarten wurde platt gemacht.
    Aus Sicht der Organisatoren war es ein Eingriff so minimal wie möglich. Immerhin habe man die Abfahrtsstrecken der Männer und Frauen zum ersten Mal auf die gleiche Piste gelegt. Kim Kyeong-Jun stellt das nicht zufrieden. Er ist Direktor einer Umweltorganisation in Südkorea. Die Eingriffe am Berg Gariwang hat er seit dem Olympiazuschlag detailliert dokumentiert.
    "Dieser Berg, auf dem wir stehen, war der schönste Berg in Korea und vor allem ein ausgewiesenes Naturschutzgebiet. Jetzt ist er zerstört worden für ein paar Tage Sport. Ein ganzer Wald ist für die Olympischen Spiele zerstört worden. Ein Gesetz wurde extra dafür erlassen, damit die Bäume im Wald abgeholzt werden durften. Zehntausende Bäume sind gefällt und viele seltene und wilde Pflanzen zerstört worden."
    Für Jules Boykoff sind es solche Entscheidungen, die Olympia und das Internationale Olympische Komitee in eine massive Glaubwürdigkeitskrise gestürzt haben. Boykoff ist Politikwissenschaftler und forscht an der Universität in Portland/USA vor allem zu den sozialen Auswirkungen von Sportgroßveranstaltungen.
    "Unglücklicherweise scheint das IOC ja wie ein frei schwebender Halbstaat zu funktionieren, der von nichts und niemandem zur Verantwortung gezogen werden kann. Thomas Bach hat sich als sehr einfallslos gezeigt, was die Lösung der Probleme angeht. Ich glaube, er hat einige Probleme sogar wuchern lassen und ist über die ernsten hinweggegangen, nur damit die olympische Maschine weiter brummt.
    Aber: Immer weniger Städte wollen künftig die Spiele austragen."
    Immer mehr Bürger lehnen Olympia ab
    Und die Liste der Städte, die sich aus dem teuren Olympiarennen verabschiedet haben, wird immer länger. Die Bürger sagen nein zu den olympischen Milliardenrisiken und unbegrenzten Bürgschaften. Zuletzt sprach man sich gar im Skisport-Mekka Innsbruck gegen Olympische Winterspiele 2026 aus.
    Doch nicht nur den Bürger fürchtet das IOC um Thomas Bach derzeit. Auch die Justiz. Strafverfolger weltweit ermitteln seit Monaten im Olympiasumpf. Die Vorwürfe ähneln denen, die gegen den Weltfußball-Verbands FIFA erhoben wurden. Es geht um Korruption, Stimmenkauf in Millionenhöhe und dem Bilden krimineller Organisationen. Im Fokus sind bisher die Olympiavergaben nach Rio de Janeiro 2016 und Tokio 2020.
    Das IOC hat zwar inzwischen zwei Mitglieder suspendiert, aber das Businessmodell, das auf dem Grundpfeiler der Ethik errichtet wurde, hat massiv gelitten.
    Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) spricht bei der Zeremonie zur Enthüllung der "Mauerwand des olympischen Friedens", die im Olympischen Dorf (Olympic village) aufgestellt sind. Zwei "Mauerwände des olympischen Friedens" sollen die Athleten bei den Winterspielen in Pyeongchang einladen, ihre Botschaften für eine friedlichere Welt mitzuteilen. 
05.02.2018, Südkorea, Pyeongchang
    Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) spricht bei der Zeremonie zur Enthüllung der "Mauerwand des olympischen Friedens" (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Sport als Friedensstifter
    Man braucht gute Nachrichten. Diese sollen in Pyeongchang nord- und südkoreanische Athleten liefern. Bei der Eröffnungsfeier werden sie vereint einlaufen. IOC-Präsident Thomas Bach verkauft dies als den Erfolg des Internationalen Olympischen Komitees.
    "Der heutige Tag markiert einen Meilenstein auf einer olympischen Reise. Seit 2014 hat sich das IOC der besonderen Situation von Olympischen Winterspielen auf der koreanischen Halbinsel angenommen. Bis heute hatten wir uns getrennt mit beiden Seiten getroffen, um uns der sich oft schnell ändernden politischen Situation in bilateralen Gesprächen anzunehmen. Deshalb ist heute ein großer Tag, weil der Olympische Geist beide Seiten zusammengeführt hat."
    Der Sport als Friedensstifter. Es sind diese Sphären in denen sich das IOC am Wohlsten fühlt. Der Sport überschätzt sich selbst, betont hingegen der amerikanische Politikwissenschaftler Jules Boykoff.
    "Und sie klopfen sich dafür ja auch auf die Schulter, dass das IOC Frieden auf die Halbinsel gebracht habe. Diese Olympischen Spiele sollten aus meiner Sicht der Sargnagel für den Mythos sein, dass Olympia und Politik sich nicht vermischen.
    Es ist schwer, nicht auf diese Spiele in Pyeongchang zu schauen ohne sich zu fragen, ob es nicht auch ein bisschen die Pjöngjang-Spiele sind. Was wir nicht vergessen sollten: Das sind Leute, die ihre Finger auf dem Atomknopf haben. Das ist echt ernst. Wenn man Krieg vermeiden will, ist es unzweifelhaft kurzfristig eine gute Idee. Ob das wirklich in langfristigen Frieden übergeht, ist eine völlig andere Frage."
    Zehn Sportler aus Nordkorea
    Die Olympischen Winterspiele in Südkorea sind nun massiv politisch aufgeladen, denn die koreanische Halbinsel ist einer der letzten ideologischen Konfliktherde. Monatelang rang man um die Gunst des Regimes aus dem Norden. Durch die jüngst verschärften Spannungen mit den USA stellte sich weltweit die Frage, ob Olympia sicher sei.
    Einen großen sportlichen Mehrwert hat die Teilnahme Nordkoreas nicht. Von den zehn Sportlern die bei den Spielen teilnehmen werden, hat sich nur das Eiskunstlaufpaar direkt qualifiziert. Außerdem schickt Nordkorea ein Orchester, Cheerleader und eine Taekwondo-Showgruppe. Beim olympischen Eishockey-Turnier der Frauen wird eine gesamtkoreanische Mannschaft antreten. Hinter der symbolischen Teilnahme Nordkoreas stecke klares Kalkül, sagt Jules Boykoff:
    "Das wird einen Großteil der Berichterstattung ausmachen.
    Und während wir darüber reden, sprechen wir nicht darüber, dass sich die Kosten für die Spiele in Pyeongchang verdoppelt haben. Wir reden nicht darüber, dass sie einen geschützten Wald mehr oder weniger für zwei Wochen Skifahren abgeholzt haben. Also wir reden nicht über die Probleme, die in den olympischen Kuchen eingebacken sind und die sich echt ändern müssen. Wir reden nicht einmal über diese ernsten Probleme, die im IOC immanent sind. Bach profitiert davon."
    Fakt ist: Die Olympischen Spiele sind nach wie vor eine Milliardenmaschine. Doch der Glaubwürdigkeitsverlust der olympischen Bewegung unter Thomas Bach ist immer größer geworden. Selbst vor fragwürdiger Diplomatie mit Russland und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un schreckt man nicht zurück. Denn wichtig ist für die vermeintlichen Ethikhüter aus Lausanne am Ende ohnehin nur das Geschäft. Und das gilt es unbedingt am Laufen zu halten.