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Oxfam kritisiert EU-Flüchtlingspolitik
"Menschen sitzen seit über einem Jahr fest"

Abschottung statt Schutz: Die Europäische Union setze bei ihrer Flüchtlingspolitik den falschen Schwerpunkt, kritisiert die internationale Hilfsorganisation Oxfam. Erbärmlich sei die Lage von Menschen auf der Flucht: nicht nur in Lagern in Libyen, sondern auch auf griechischen Inseln.

Von Kai Küstnacht |
    Ein Zelt des UN-Flüchtlingshiilfswerkes steht neben einem Zaun - davor sitzen Menschen.
    Ein Zelt des UN-Flüchtlingshilfswerkes auf der griechischen Insel Chios; Aufnahme vom August 2017 (Panajotis Gavrilis)
    Dass die internationale Hilfsorganisation Oxfam ihrer jüngsten Studie den Titel 'Jenseits der Festung Europa' verpasst hat, ist kein Zufall: Denn aus Oxfam-Sicht begeht die EU bei ihrer Flüchtlingspolitik einen Kardinalfehler – sie setze alles daran, Menschen von Europa fernzuhalten.
    "Das liegt manchmal an Wahlen und manchmal daran, dass Politiker beweisen müssen, dass sie hart durchgreifen beim Thema Migration. Jedenfalls gibt es das Bedürfnis zu zeigen, welch robuste Maßnahmen ergriffen worden sind."
    Das sagt der Autor der Oxfam-Studie, Raphael Shilhav, im Interview mit dem ARD-Europastudio Brüssel. Was aus Sicht des Migrations-Experten verheerende Folgen für jene hat, die dennoch versuchen, nach Europa zu gelangen.
    Gestrandete auf griechischen Inseln in fürchterlichen Zuständen
    Die EU setze sie mit der Zurückweisung Gefahren und Armut aus, kritisiert Shilhav, der sich gerade erst ein Bild über die Lage der Gestrandeten auf den griechischen Inseln gemacht hat:
    "Wir treffen dort Menschen, die da seit über einem Jahr festsitzen. Die darauf warten, dass über ihren Asylantrag entschieden wird. Und die währenddessen in fürchterlichen Zuständen leben: teilweise in Zelten, ohne Zugang zu irgendwelcher Unterstützung."
    Dass die Zustände jenseits der EU, in den libyschen Flüchtlingslagern, noch viel erbärmlicher sind, ist kein Geheimnis: Über Vergewaltigungen, Sklavenarbeit, Folter dort wird fast täglich berichtet.

    Die EU weist den 'Festung-Europa-Vorwurf' von sich und argumentiert so, dass sie ja alles auf einmal tue: Sie verstärke durchaus ihre Grenzen, bemühe sich aber gleichzeitig um legale Wege nach Europa - siehe Türkei-Abkommen - und bekämpfe die Fluchtursachen - siehe Partnerschaft mit afrikanischen Staaten.
    Der deutsche Innenminister de Maizière ließ zuletzt auch selten eine Gelegenheit aus, zu erwähnen, dass die Mehrzahl derjenigen, die von Libyen aus nach Italien übersetzen, eher nicht vor Kriegen fliehen: "Umso mehr handelt es sich hier um Wirtschaftsmigranten. Die ausgebeutet werden, die ihr Leben riskieren. Das wollen wir unterbinden."
    Oxfam: In erster Linie muss es darum gehen, Menschen zu schützen
    Auch Oxfam-Experte Shilhav will der EU nicht das Recht absprechen, Nicht-Schutzbedürftige wieder zurückzuschicken. Aber auch dabei gehe es darum, mahnt er, dies auf eine humane Art und Weise zu tun:
    "Es gibt zwei Möglichkeiten. Es gibt Wege, Menschen nach Hause zu schicken und ihnen gleichzeitig zu ermöglichen, ihr Leben neu aufzubauen. Man kann aber auch Menschen zurück in die Armut abschieben."
    Letztlich verlangt Oxfam von der EU nichts weniger, als dass sie die Flüchtlings-Krise durch eine andere Brille betrachten möge: Dass es in erster Linie darum gehen müsse, Menschen zu schützen. Nicht darum, sie fernzuhalten oder loszuwerden.
    Mit dabei helfen, Überzeugungsarbeit zu leisten, soll auch die in der Studie angeführte Information, dass die Mehrzahl der Millionen, die in Afrika oder weltweit auf der Flucht sind, eben nicht das Ziel haben, nach Europa zu kommen, - sondern möglichst nah an ihrer eigentlichen Heimat ein menschenwürdiges Leben zu führen.