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Paketzusteller streiken
Lohndumping bei DHL

Das Logistikunternehmen DHL hat seinen Paketzustelldienst in ein eigenes Subunternehmen ausgegliedert mit dem Ziel, die Tariflöhne zu umgehen und die Gehälter zu drücken. Gegen dieses Dumping und die schlechten Arbeitsbedingungen sind die Mitarbeiter jetzt auf die Straße gegangen.

Von Almuth Knigge | 06.12.2017
    Ein DHL-Paketzusteller liefert Sendungen aus.
    Ein DHL-Paketzusteller liefert Sendungen aus. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
    "Moin Kinners" - Heute Morgen um sieben Uhr im Güterverteilzentrum Bremen. Vor dem Eingangstor der DHL Delivery – ein kleiner Menschenauflauf. Es sind Paketboten, die sich zum Streik versammelt haben. Sie beschweren sich über ihre Arbeitszeiten und Löhne. Azubivertreter Dominik Peters will die Azubis dazu bewegen, heute ihre Arbeit niederzulegen.
    "Das sind über 50 Euro mehr, die du bekommen wirst, alleine nur durch die kaufmännische Angleichung, plus 6,5 Prozent…"
    Das geringe Gehalt: Ein Grund dafür, dass heute in Bremen und Niedersachsen der ein oder andere Nikolausstiefel der Kinder wohl leer geblieben ist.
    "Allein schon die Tatsache, wenn man in der AG ist, bei den Azubis macht das einen Unterschied von 90 Euro im Monat. Das ist das, was mich wirklich nervt."
    "Dafür kämpfe. Damit du diese Ungerechtigkeit...Markus bleib hier."
    "Darf ich nich." "Doch, darfst du."
    "Nee." "Doch, doch, Streikrecht."
    "Nur wenn du kämpfst, kannst du diese Ungerechtigkeit verhindern."
    Hauptbeschäftigte werden nach Haustarif der Post entlohnt
    Die Ungerechtigkeit ist unter anderem, dass bei der DHL die Paketzusteller ungleich bezahlt werden, seit DHL die Paketboten vor einigen Jahren in die DHL Delivery ausgelagert hat mit dem Ziel, die Löhne zu drücken. Denn hier werden die Beschäftigten nach den Bestimmungen der Speditions-und Logistikbranche ist der bezahlt, während die Hauptbeschäftigten bei DHL nach dem Haustarif der Post entlohnt werden. Und der Flächentarifvertrag der Speditionsbranche ist viel niedriger, erklärt Adolfo Beites, ein Paketbote, der schon seit Jahren dabei ist und miterlebt hat, wie sich Entlohnung und Arbeitsbedinungen verschlechtert haben.
    Adolfo Beites: "Haha - wenn sie hier anfangen, fangen sie mit 10,65 Euro an, nach dem zweiten Jahr mit 10,75."
    Auch deshalb streiken heute die Paketzusteller – ein paar zumindest. Vielleicht 20 bleiben an diesem Morgen vor dem Werkstor. Die anderen rennen, die Augen stur geradeaus, an den streikenden Kollegen vorbei auf das Werksgelände
    Warum? Warum bleiben sie nicht stehen und solidarisieren sich?
    Adolfo: "Da sind viele Leute hier, die hier noch unbefristet sind und da wird ihnen ganz klar gesagt, ihr wollt doch entfristet werden", erklärt Adolfo Beites, kampfbereit, mit der Verdi-Flagge in der Hand, und "Unsere Depotleiter drücken und drücken und drücken."
    Und die Pakete stapeln sich mannshoch im Depot.
    "Ela, komm her."
    "Nee, heute nich."
    "Ach, komm' mein Schatz"
    "Hättet ihr euch nicht einen anderen Tag aussuchen können?"
    "Scheiß doch auf Nikolaus."
    "Nein."
    "Doch."
    Forderung nach 6,5 Prozent mehr und einem neuen Tarifvertrag
    Ver.di will mit dem Streik in der Vorweihnachtszeit den Druck auf die Arbeitgeber im laufenden Tarifstreit erhöhen. Jonas Lebuhn von der Gewerkschaft berichtet, wie der Stand der Verhandlungen aussieht.
    Lebuhn: "Erstmal ein herzliches Moin allerseits. Toll, dass ihr heute alle mit am Start seid. Und ein paar Leute kommen ja auch noch, das ist wichtig, dass wir heute alle hier draußen stehen und ein Zeichen setzen sonst wird es nicht vorangehen."Denn bisher haben die Unternehmen 2,4 Prozent mehr Geld ab dem 1. Januar angeboten. Das Jahr darauf soll es noch einmal 2,1 Prozent mehr geben. Ver.di ist das deutlich zu wenig. Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr und einen insgesamt neuen Tarifvertrag.
    Lebuhn: "Und wir machen ein richtig dickes Paket in dieser Tarifrunde, von der 30.000 Beschäftigte betroffen sind, vor allem in Niedersachsen."
    Im Vergleich zu den anderen Bundesländern wird in Bremen und Niedersachsen am schlechtesten bezahlt. Der Einstiegslohn soll nach dem Willen der Arbeitgeber noch niedriger werden – dafür sollen die anderen ein bisschen mehr bekommen.
    Lebuhn:"Also eine richtige Provokation und das nach der ersten Streikrunde, die auch vorletzte Woche lief."
    "Einmal streiken bringt nichts"
    Der Gewerkschafter schaut eindringlich in die Runde – die Arbeiter hören ihm konzentriert zu. Lebuhn: "Und wir müssen richtig Gas geben, damit die Arbeitgeber sich ein Stück weit bewegen, und wenn die sich nicht bewegen, dann müssen wir halt an Nikolaus streiken und wenn die sich nicht bewegen, dann müssen wir eventuell sogar ins Weihnachtsgeschäft gehen, weil die im Moment einfach mauern. Gibt es dazu erstmal Rückfragen?"
    Ja, die gibt es. "Warum wird nur einmal pro Woche gestreikt, warum nicht zweimal und so weiter? Das bringt nichts, einmal."
    Die, die sich die Streikweste übergestreift haben, sind kampfbereit. Andere sind skeptisch.
    "Passiert nichts Neues. Wenn ihr euch durchsetzt, dann sagen die, Tschüß, nächste Firma. Ganz einfach, können die. Das ist ja der Scheiß. Oder die machen das mit Subunternehmen, noch einfacher. "
    Die DHL-Mitarbeiter haben die jüngsten Meldungen über den Umsatzrekord durchaus registriert. "Das Problem ist, dass die immer Leute finden, die für noch weniger arbeiten..."
    Und das nicht nur bei der Post.