"He came in and asked me: are you an American or an Israeli? And I said: both!"
Ob sie Amerikanerin oder Israeli sei? Natürlich beides – sagt Pamela Levy in einem der Filme, die in der Ausstellung gezeigt werden. Levy war 1976, nach dem Kunststudium, im Alter von 27 Jahren nach Israel eingewandert und hatte den Psychologen Itamar Levy geheiratet. In Israel spürte sie, im Gegensatz zur spießigen Enge ihrer Heimat Iowa, eine neue Freiheit, viele künstlerische Möglichkeiten - und geschichtliche Wurzeln.
Trotz dieser positiven Grundhaltung zu Israel beginnt die Ausstellung mit einem Schock. Wir sehen in einem ersten Teil Bilder verstümmelter, gefallener Soldaten, blutige Leiber mit fehlenden Gliedmaßen oder verkürzten Armen und Beinen in einer steinigen Wüste – Torsi aus dem Libanonkrieg von 1982. Manche dieser Figuren sind mit einem abstrakt wirkenden strauchigen Aderngeflecht umgeben, ummantelt, als wolle die Malerin sie damit wieder ins Leben zurückholen.
Angefangen hat Pamala Levy mit feministischen Themen – einige vernähte Stoff-Collagen zeugen noch davon, arrangierte hausfrauliche Alltags-Objekte, die sie auf Jerusalemer Märkten erwarb. Das wirkt noch etwas beliebig. Viel stärker ist ihre Malerei, die sich seit ihren Anfangsjahren oft mit Kindern und alten Leuten beschäftigt. Und eben mit dem Krieg.
"Als ich diese feministischen Arbeiten machte, die Näh-Bilder mit Stoffen, da war ich nur mit mir selbst und meinen Gefühlen beschäftigt. Und dann sah ich, was mit Israel passierte im Nahost-Konflikt, und sagte mir, okay, Feminismus, Probleme der Frauen, das bin ICH; aber die gesamte israelische Kultur wird hier gerade in Stücke gerissen."
Altstadt, Souk, Spielplätze, Schwimmbäder
Auch nach dem Libanonkrieg bleibt die Politik in Levys Werk wichtig, wenngleich indirekt. Tagelang streift sie mit dem Fotoapparat durch Jerusalem, nicht nur durch die Altstadt und den Souk, sondern auch durch Spielplätze und Schwimmbäder. Die dabei gefundenen Figuren werden dann in der Malerei ikonisch überhöht und in völlig andere Zusammenhänge versetzt.
Die fast nackten arabischen Kinder aus dem Schwimmbad finden sich nun auf fahl gemalten Schrottplätzen, Baustellen oder in der Wüste wieder, gerade wegen der Schutzlosigkeit der Körper ein starkes Bild für den politischen Konflikt. Kinder sehen wir aber auch auf Jahrmärkten und in Karussels, hier bunt gekleidet als Clowns oder Narren. Alles ist in Bewegung. Seltsame greise, mythologische Gestalten bevölkern die Bilder, die manchmal von Wörtern und Sätzen durchzogen sind. Aber gerade die Figuren aus den Mythen bleiben isoliert im leeren Raum, man kann von ihnen nichts lernen – nur ihre Einsamkeit teilt sich mit.
Filmisch, befremdlich
Pamela Levys Malweise ist befremdlich - und gerade in dieser Fremdheit schwer einzuordnen: manches ist fast filmisch erzählt, anderes an Picassos voluminösen Badenden der 1920iger Jahre geschult. Dann wieder kommt der Fotorealismus ins Spiel. Levy weiß natürlich, dass sie die Menschen auf der Straße, die sie fotografiert, benutzt; aber sie überhöht und typisiert sie dann auch –man sieht ihre Begeisterung für die Schönheit gerade älterer Menschen, die im Einwanderungsland Israel ja aus vielen Kulturen kommen. Und die von ihr leicht popfarben stilisierten jungen Paare am Strand von Tel Aviv sind so säkular und sexy, in so friedlicher erotischer Sattheit aufeinander bezogen, dass das für das religiöse Israel sicher eine Provokation war.
Sie wusste, dass sie krank war. Im Film sagt sie: "Ich mache keine Pläne, ich habe keine Hoffnung. Das ist vorbei. Der Tod – ich vermute, ich werde nicht mehr arbeiten, ich werde einfach verfallen und sterben wie andere auch. Das wird passieren – du wirst alt und stirbst."
Im Tel Aviv Museum of Art aber hat Pamela Levy überlebt; die Ausstellung ehrt – zurecht! -eine Künstlerin zwischen den Kulturen, die die Verletzlichkeit des Menschen zeigt.