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PCB
Umweltschützer fordern zügige Sanierung von Gebäuden

Polychlorierte Biphenyle - kurz PCB - wurde auch in der Fugenabdichtung von Gebäuden verwendet. Die Chemikalie ist für Menschen sehr gefährlich und baut sich nur sehr langsam ab; sie ist deshalb mittlerweile verboten. Umweltschützer verlangen eine Indizierung belasteter Gebäude - und eine finanzielle Beteiligung der Chemieunternehmen an deren Sanierung.

Von Ralph Ahrens |
    Eingerüstet ist am Mittwoch (13.08.2008) im nordhessischen Kaufungen die Integrierte Gesamtschule. Wegen einer zu hohen Belastung mit dem giftigen Weichmacher PCB muss die Schule in geschlossen und möglicherweise sogar abgerissen werden.
    PCB schädigt die menschliche Gesundheit. (picture alliance / dpa)
    Einige Chemikalien, die kein Unternehmen weltweit mehr herstellt, bedrohen noch immer unsere Gesundheit. Dazu zählen polychlorierte Biphenyle. Die Weltgesundheitsorganisation hat letztes Jahr die Gefährlichkeit dieser Chemikalien, kurz PCB genannt, neu bewertet. Helmut Röscheisen, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings:
    "PCB gelten seit 2013 als krebserzeugend für den Menschen."
    Die PCB wirken auch auf das Nerven-, Hormon- und das Immunsystem und stillende Frauen übertragen sie mit der Muttermilch auf ihre Babys. Andras Gies, Chemiefachmann im Umweltbundesamt:
    "Das Problem bei denen ist, dass sie unendlich langlebig sind, ganz langsam sich in der Umwelt und im Körper abbauen. Also die PCBs, die Sie aufnehmen, wenn Ihre Mutter Sie stillt, finden wir noch beim 17- oder 20-jährigen Menschen."
    Rund 20.000 Tonnen PCB in öffentlichen Gebäuden
    Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren haben Chemiefirmen wie Monsanto in den USA und Bayer in Leverkusen mehr als eine Million Tonnen an polychlorierten Biphenylen hergestellt. Sie wurden als Kühlflüssigkeit in Transformatoren oder als Hydrauliköl im Bergbau eingesetzt, aber auch in Lacken, Harzen und Kunststoffen. Und Handwerker verwendeten wohl Fugendichtungsmassen mit rund 20.000 Tonnen PCB in Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden in Deutschland.
    "Das waren besondere Gebäude, die aus Betonplatten und im Stahlskelettbau errichtet waren. Dabei wurden die Platten gegen das Stahlskelett, gegen die Fenster abgedichtet mit PCB-haltiger Fugenmasse. Viele von denen haben wir heute noch in den Fugen drin, sind noch im Gebäudebestand."
    Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring geht von mehr als 10.000 Tonnen PCB aus, die sich noch in diesen Gebäuden befinden - und spricht daher von einer Zeitbombe.
    "Die Zeitbombe besteht darin, dass wir nicht genau wissen, in welchen Gebäuden diese PCB-haltigen Fugenverdichtungsmassen drin sind. Daher die Forderung: Wir brauchen eine Inventarisierung aller Gebäude in Deutschland, die belastet sind."
    Umwelt- und Bauministerium fühlt sich nicht zuständig
    Diese Inventarisierung sollte das neue Bundesumwelt- und -bauministerium federführend in die Hand nehmen.
    "Durch den Wechsel des Bauressorts in das Umweltressorts besteht jetzt die große Chance, Politik aus einer Hand zu machen, Gesundheitsgesichtspunkte, die aus Umweltgesichtspunkten entstehen, gemeinsam anzugehen."
    Doch das Ministerium fühlt sich nicht zuständig. Und auf Bundesebene werden bereits systematisch alte Gebäude untersucht. Andreas Gies vom Umweltbundesamt:
    "Wir im Bund zertifizieren im Moment alle unsere Gebäude auf Energiedichtigkeit und auf Energieeffizienz und bauen die da auch um. Im Zuge der Zertifizierung untersuchen wir auch auf Schadstoffe und werden nach und nach alle Bundesgebäude, wenn Schadstoffbelastung festgestellt wird, sanieren."
    Doch das geschehe in vielen Kommunen und Bundesändern noch nicht, weiß Helmut Röscheisen. Ein Grund: Ein belastetes Gebäude zu sanieren oder abzureißen und neu aufzubauen kostet schnell mehrere Millionen Euro.
    "Das kann man nicht einfach dem Steuerzahler aufhalsen - das wäre die einfachste Lösung -, sondern hier erwarte ich schon auch von den Verursachern, den Herstellern, dass sie einen gewissen Beitrag hier leisten."
    Moralische Pflicht der Chemieindustrie
    So setzt Helmut Röscheisen darauf, dass sich etwa die Chemiefirma Bayer finanziell beteiligt. Das Unternehmen sagte jedoch gestern dem Deutschlandfunk, dass es sich dazu nicht verpflichtet fühlt. Es habe bereits verantwortlich gehandelt, als es 1983 - also sechs Jahre vor dem gesetzlichen Verbot in Deutschland - die Herstellung der polychlorierten Biphenyle einstellte. UBA-Mann Andreas Gies sieht dennoch eine moralische Pflicht.
    "Die Chemieindustrie steht ja auch dazu, dass sie Produktverantwortung hat und für die Sicherheit ihrer Produkte garantieren will. Dass es oft in der Vergangenheit nicht so war, ist natürlich eine schmerzliche Last für uns alle, ist aber auch, glaube ich, eine Verantwortung für die Hersteller."