"Wir haben gemerkt, wie viel geredet wurde und wie groß das Redebedürfnis der Menschen war." Das ist der erste Eindruck von Frank Richter, Chef der Landeszentrale für Politische Bildung in Sachsen.
"Zum zweiten ist gut gelungen, zu zeigen, es geht. Es ist nicht wahr, dass man mit Pegida-Sympathisanten nicht reden kann. Und es hat sich auch gezeigt, wie vielschichtig sich der Problemstau darstellt. Man müsste im Endeffekt 20 weitere Veranstaltungen machen. "
Richter hat viel zu tun in diesen Tagen, denn seine Erfahrung als Mediator wird gebraucht in Dresden. Als Mitbegründer der "Gruppe der 20", war er einer der Verhandlungsführer in den Zeiten der friedlichen Revolution. Ihm gelang es schon damals, Gespräche zu ermöglichen, wo die Situation ausweglos erschien. 1989 war es die Volkspolizei, mit der Richter ins Gespräch kam.
Nun bringt er Sympathisanten und Gegner der Pegida-Bewegung in Dresden zu einer Diskussion zusammen. Fragen stellen, einander zuhören.
"Warum zur Pegida gehen? Warum nicht zur Pegida gehen?", lautet der Titel der Veranstaltung der Landeszentrale für Politische Bildung. Es ist die erste, die es in dieser Form gegeben hat.
"Warum zur Pegida gehen? Warum nicht zur Pegida gehen?", lautet der Titel der Veranstaltung der Landeszentrale für Politische Bildung. Es ist die erste, die es in dieser Form gegeben hat.
Über 100 Leute sind in den vollen Vortragssaal der Landeszentrale für Politische Bildung gekommen. Wie dieser ältere Herr, der erklärt, dass er Islamismus fürchtet und deshalb mit der Pegida sympathisiert.
"Und ich muss sagen, seit vier Jahrzehnten ist im Namen des Islam die Welt eine andere geworden, nicht zum Guten."
Diese Frau lehnt die Pegida dagegen deutlich ab: "Ich hab gar kein Verständnis für die Leute, die sich hinter Menschen stellen, die ihren Unmut auf den Kosten von ganz Schwachen ausleben."
Dieser Herr aus dem kleinen Ort Perba sagt, dass er demonstrieren geht, weil zu viele Flüchtlinge bei ihnen untergebracht werden sollten und die Politik ihren Protest nicht ernst genommen habe: "Sondern mir geht's einfach darum, wie die Politiker mit der Bevölkerung umgehen, vor allem in Bezug auf die Asylpolitik."
Pegida-Sympathisante wollen nicht als Rassisten bezeichnet werden
15 bis 20 Personen finden an diesem Abend ihren Weg an den Diskussionstisch. Viele sind ältere Männer, nur wenige Frauen oder Jüngere bringen sich ein. Die meisten von ihnen sind Befürworter der Pegida. Nur zwei oder drei äußern sich kritisch.
Auffallend ist, dass fast alle Pegida-Sympathisanten sich dagegen wehren, als Fremdenfeinde oder Rassisten bezeichnet zu werden und sagen, dass die Rechtsextremen nur einen kleinen Teil der Demonstranten ausmachen. Mit am Tisch sitzt auch eine Muslimin aus Dresden, sie ist vor 18 Jahren als Asylbewerberin aus dem Irak gekommen. Sie weist auf das friedliche Zusammenleben hin: "Da finde ich keine Bedrohung und keine Islamisierung, dann stelle ich eine Frage: Was bedeutet Islamisierung? "
Muslime in Dresden äußern sich zunehmend besorgt über das Klima im der Stadt, seitdem die Demonstrationen begonnen haben.
Die Idee für die Diskussionsrunde entstand um den Jahreswechsel. Nachdem rund 60 Briefe bei Frank Richter und seinen Kollegen eintrafen. Daraus lassen sich nach Ansicht eines Landeszentrale-Vertreters vor allem diese Motivationen erkennen:
"Beim Thema Zuwanderung wird oftmals nicht unterschieden, zwischen Migration, Asyl und Flucht. Zweites großes Thema ist die Politikverdrossenheit. Ich glaube, wir werden erst jetzt gewahr, was es heißt, in einem Teil Deutschlands die Demokratie einzuführen bei gleichzeitiger sozialer Destabilisierung. Das gibt eine heiße Mischung."
Morgen werden sich die Organisatoren der Pegida mit der Landtagsfraktion der AfD treffen. Die Zusammenkunft wird nicht-öffentlich sein. Damit verändert die Pegida ihre Strategie, sie hatte lange darauf gepocht, überparteilich sein zu wollen. Auch bei der Kommunikation mit den Medien schlagen sie jetzt einen anderen Kurs ein: Gestern haben die Pegida-Organisatoren eine erste Pressemitteilung verschickt. Sie forderten Ministerpräsident Stanislaw Tillich auf, bei ihrer Kundgebung zu sprechen. Tillich sagte umgehend ab. Stattdessen rief er für Samstag gemeinsam mit der Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz zu einer Gegenkundgebung auf.