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Pflanzenschutzkongress in Berlin
Wo Glyphosat keine Sorgen bereitet

Wie glaubhaft kann ein Pflanzenschutzkongress sein, dessen Sponsoren Monsanto und Bayer sind - zwei der wichtigsten Anbieter von Glyphosat-haltigen Unkrautvernichtungsmitteln? Mit dieser Frage sehen sich die Veranstalter des IPPC 2015 in Berlin konfrontiert. Zwei Vorträge im Programm befassen sich mit dem Herbizid, das wegen seines Krebsrisikos umstritten ist.

Von Daniela Siebert |
    Ein Landwirt fährt mit einer Dünger- und Pestizidspritze über ein Feld mit jungem Getreide nahe Neuranft im Oderbruch (Brandenburg).
    In Betrieben im Osten Deutschlands wird mehr Glyphosat eingesetzt als im Westen. (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Monsanto und Bayer sind Sponsoren des Kongresses, also zwei der wichtigsten Anbieter von glyphosathaltigen Produkten. Das habe jedoch zu keinerlei Befangenheit bei der Programmgestaltung geführt versichert Kongresspräsident Holger Deising, Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz an der Universität in Halle:
    "Als Vorsitzender des Programmkomitees kann ich sagen, dass zu keiner Zeit so etwas eine Rolle gespielt hat. Wir haben keine Abhängigkeiten von irgendwelchen Industriefirmen."
    Dass sich nur zwei der wissenschaftlichen Vorträge auf dem Kongress mit Glyphosat befassen, habe an der Angebotssituation gelegen, als der Kongress geplant wurde. Immerhin sind die beiden vorgestellten Studien gerade für die hiesige Öffentlichkeit umso interessanter, denn es geht um den Glyphosateinsatz in Deutschland.
    Regionale Unterschiede im Glyphosat-Einsatz
    Sabine Andert von der Universität Rostock ging der Frage nach, inwiefern es in Deutschland regionale Unterschiede bei der Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft gibt. Das Ergebnis:
    "Wir konnten Unterschiede zwischen dem Westen und dem Osten in Deutschland feststellen, wir haben herausgefunden, dass gerade in den Betrieben im Osten mehr Glyphosat eingesetzt wird als auf den landwirtschaftlichen Betrieben im Westen Deutschlands. Wir führen dies darauf zurück, dass die Betriebe in Ostdeutschland größer sind, spezialisierter im Ackerbau und dadurch Glyphosat gehäuft einsetzen."
    Die kleineren oft noch familiär geprägten Betriebe in Westdeutschland setzten dagegen viel öfter auf Umpflügen und hätten auch mehr Personal zur Verfügung.
    Horst Steinmann, Agrarwissenschaftler an der Universität Göttingen, berichtete über seine Studie in der über 2000 deutsche Bauern zu ihrem Umgang mit Glyphosat befragt wurden. Das war vor einem halben Jahr. Damals zeigten nur sehr wenige von ihnen eine kritische Einstellung zu dem umstrittenen Wirkstoff. Rund 37 Prozent des Ackerlandes in Deutschland würden mit Glyphosat behandelt, ermittelte Steinmann, vor allem, wenn nur noch die Stoppeln des abgemähten Bewuchses auf dem Acker stehen und zur Bodenvorbereitung vor der Aussaat. Potenzial zur Reduzierung sieht er reichlich:
    "Man muss darüber reden, auch mal wieder öfter zu pflügen, ansonsten jede klassische Art von Bodenbearbeitung, also das Grubbern oder das sonstige Boden-Bearbeiten. Man kann ja auch ohne den Pflug einzusetzen den Boden intensiv bewirtschaften."
    Dass Glyphosat von der Internationalen Krebsforschungsagentur seit einigen Monaten als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft wird, ist für Steinmann und Andert kein Grund, den Wirkstoff zu verbieten oder die Anwendung einzuschränken.
    Krebsrisiko: Dosis soll entscheidend sein
    Beide attestieren den Landwirten in Deutschland einen sachgemäßen Umgang mit dem Gift. Das sieht anderswo auf der Welt ganz anders aus.
    Ohne Glyphosat gäbe es in Brasilien überhaupt keine Landwirtschaft, bilanziert Laercio Zambolim von der Universität in Vicosa. Sei es beim Anbau von Kaffee, Soja oder Mais sei sein Land komplett davon abhängig. Auch Zambolim macht sich wegen der IARC-Hochstufung von Glyphosat keine Sorgen, die Dosis sei entscheidend und die sei bei richtiger Anwendung wohl kein Problem. Allerdings sieht der Brasilianer genau hier Handlungsbedarf:
    "Ich empfehle mehr Ausbildungsprogramme für die Landwirte, wie sie mit Schädlingen und Unkraut umgehen müssen. Die wissen einfach nicht, wie sie die managen sollen etwa durch andere Fruchtfolgen oder mechanische Methoden. Es gibt zwar keine richtigen Studien dazu, aber nach allem was ich bei Tagungen so mitbekomme, wenden weniger als fünf Prozent der Landwirte den Stoff richtig an, sie setzen viel zu viel Glyphosat ein."
    Auf dem Kongress in Berlin gab es auffallend viele Personen, die sich zu Glyphosat lieber nicht äußern wollten, seien es Teilnehmer aus Uruguay oder Mitarbeiter deutscher Behörden und Fachgesellschaften.
    Bleibt noch die Einschätzung des Kongresspräsidenten Holger Deising, der das heiße Eisen aber lieber weiterreicht:
    "Da gibt es kontroverse Daten zu dem Thema, und wir haben in Deutschland ja ein Bundesinstitut, das sich mit Risikobewertung beschäftigt, und ich denke, dass es dort eigentlich die Kompetenz gibt, die es braucht, um ein solches Thema zu diskutieren. Wir müssen diese Einschätzung abwarten und dieser Empfehlung müssen wir trauen."
    Deising ist erklärter Befürworter von Gentechnik in der Landwirtschaft, und die ist derzeit maßgeblich vom Wirkstoff Glyphosat geprägt.