Im Januar 2009 trat die damalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Tymoschenko vor die Presse. Sie erklärte das Ende des russisch-ukrainischen Gaskriegs, nicht des ersten, aber des bis dahin härtesten. Mit Blick auf den damaligen russischen Premierminister Wladimir Putin sagte sie:
"Die Verhandlungen waren in der Tat schwierig. Aber wir sind zu einem Einverständnis gekommen. Bald werden alle Dokumente unterschrieben, zum Gastransit und zu unserem Gasimport. Und dann werden auch alle Transitlieferungen von Russland nach Europa wieder aufgenommen. Meiner Ansicht nach ist der heutige Tag ziemlich fruchtbar verlaufen."
Doch ihre finstere Miene strafte Julia Tymoschenko Lügen. Der Vertrag bedeutete für ihr Land eine erhebliche finanzielle Belastung. Die Ukraine sollte fortan mehr als doppelt so viel für Erdgas aus Russland bezahlen. Vom neuen Ausgangspreis - 450 US-Dollar pro tausend Kubikmeter - gab es nur einen zeitlich beschränkten Rabatt.
Noch heute wird Julia Tymoschenko von ihren politischen Gegnern für jenen Vertrag gescholten, so zuletzt von Ministerpräsident Wolodymyr Hrojsman: "Damals wurde kein marktgerechter Preis vereinbart. Da hat einfach eine Person unterschrieben, dass der Preis 450 Dollar sein soll. Und alle, die beteiligt waren, haben daran verdient, sie haben in die eigene Tasche gewirtschaftet."
Ein Vorwurf, der nicht belegt ist und der die damalige Situation außer Acht lässt: Julia Tymoschenko stand mit dem Rücken zur Wand. Der Winter war kalt, Russland hatte die Lieferungen eingestellt, sie war im Streit mit dem ukrainischen Präsident Wiktor Juschtschenko - und die Länder der Europäischen Union pochten auf ihre Lieferverträge. Ukrainische Beobachter meinen: Russland bestrafte die Ukraine dafür, dass diese sich nach 2004, nach der sogenannten Orangefarbenen Revolution, Richtung Westen gewandt hatte.
Moskaus Preispolitik
Aus russischer Sicht stellt sich der Vorgang etwas anders dar: Demnach hatte Moskau damals das Recht, mit der Ukraine hart zu verhandeln, schließlich hatte sie die einst engen Bande zum Nachbarn gelöst. Nachdem in Kiew 2010 wieder ein Russland freundlicher Präsident an die Macht kam - Wiktor Janukowytsch, sank der Gaspreis für die Ukraine wieder deutlich. Wiktor Janukowytsch verlängerte im Gegenzug den Pachtvertrag für die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol, auf der Halbinsel Krim.
Auch der folgende russisch-ukrainische Gasstreit, im Jahr 2014, war eng mit Politik verknüpft. Russland annektierte die Halbinsel Krim - und strich den von Wiktor Janukowytsch ausgehandelten Rabatt wieder. Außerdem forderte Russland Kiew auf, alte Schulden zu begleichen. Wieder hatte sich die Ukraine, nach Janukowytschs Flucht, Richtung Westen gewandt.
Erst nachdem sich die EU eingeschalt hatte, konnte Wladimir Putin eine vorübergehende Lösung verkünden:
"Wir haben uns mit den ukrainischen Partnern darauf geeinigt, die Lieferungen wieder aufzunehmen, wenigstens für die Winterzeit. Allerdings bleibt es dabei, dass wir auf Vorauszahlungen bestehen. Sie wissen ja, dass wir der Ukraine erst vor kurzem einen Kredit von drei Milliarden US-Dollar gewährt haben."
"Wir haben uns mit den ukrainischen Partnern darauf geeinigt, die Lieferungen wieder aufzunehmen, wenigstens für die Winterzeit. Allerdings bleibt es dabei, dass wir auf Vorauszahlungen bestehen. Sie wissen ja, dass wir der Ukraine erst vor kurzem einen Kredit von drei Milliarden US-Dollar gewährt haben."
Seitdem versucht die Ukraine, ihren Bedarf an Gas anders zu decken. Sie kauft das russische Gas nicht mehr in Moskau - sondern bei westlichen Partnern ein, die es aus Russland beziehen. Doch das, so fürchten ukrainische Experten, wäre technisch nicht mehr möglich, wenn dieses Gas nicht mehr über die Ukraine nach Westen fließt. Dann müsste die Ukraine wieder als Bittsteller auf Moskau zugehen, heißt es in Kiew.