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Plus-Size-Bloggerinnen
"Mein Fett ist politisch"

Auf der Berlin Fashion Week treffen sich nicht nur Models, Designer und Modeinteressierte, sondern auch zahlreiche Blogger. Auch im Plus-Size-Bereich, also in der Sparte für große Größen. Eine wachsende Szene von meist weiblichen Bloggerin hat sich inzwischen etabliert. Einige von ihnen wollen aber nicht nur zeigen, was sie tragen, sondern auch Politik machen.

Von Constanze Bayer |
    Ein Model präsentiert am 19.01.2015 bei der Tradeshow "Curvy is sexy" in Berlin Mode von Over by Alberto Cacciari.
    Auf der Fashion Week in Berlin gibt es inzwischen die Spezialmesse "Curvy is sexy". (picture alliance / dpa - Jens Kalaene)
    Ein rosafarbener Tüllrock, dazu ein schwarzes Shirt mit Skelettaufdruck und eine Lederjacke. Dieses Outfit hat Alexandra Sandkühler alias Miss Temple zuletzt von sich veröffentlicht. Sie schreibt unter anderem über Plus-Size-Mode, also Mode in großen Größen, auf ihrem Blog "Some girls are bigger than others". Mit ihren Fotos verbreitet sie, genau wie eine wachsende Gruppe von Bloggerinnen, die Botschaft: Egal welche Kleidergröße man hat - jeder kann sich modisch anziehen. Darüber hinaus erhofft sie sich aber mehr von ihren Blog-Kolleginnen, konkret: mehr Politik.
    "Ich würde mir von ihnen wünschen, dass sie Dinge ansprechen, wenn sie mitbekommen, dass tatsächlich irgendwo Diskriminierung passiert oder dass sie in den Medien falsch dargestellt werden, dass sie das mehr aufgreifen und sagen, wir haben eine Stimme und wir machen uns stark dass sich da auch was tut."
    Alexandra sieht sich als Teil einer kleinen Fat-Acceptance-Bewegung in Deutschland. Akzeptanz für Körper jeder Form und Größe - darum geht es im Kern.
    Gegen die Normierung von Körpern
    Eine Aktivistin, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt, ist die Berlinerin Magda Albrecht. Sie schreibt regelmäßig für den feministischen Blog "Mädchenmannschaft". In Vorträgen spricht sie unter anderem über Gesundheitsthesen über das Dicksein, die sie infrage stellt. Sie bringt ihr Engagement auf eine knappe Formel: Mein Fett ist politisch.
    "Warum haben dicke Körper Attribute wie faul, langsam und krank? Und viele normschlanke Körper, ohne Behinderung, haben Attribute wie schön, gesund, fit, das hat viel mit Kapitalismus zu tun, ganz viel mit verschiedenen Formen von Diskriminierung zu tun, und das sind politische Diskurse und deswegen sage ich, mein Fett ist politisch."
    Nach ihrer Erfahrung, sind diese Diskussionen für alle interessant, ob dick oder nicht. Denn mit Bildern davon, was ein schöner Körper ist und was nicht, werde schließlich jeder tagtäglich konfrontiert. Ein erster Schritt könne deswegen bewusste Sprache sein.
    "Wenn Menschen mich fragen, was man im Alltag machen kann gegen Dickendiskriminierung oder gegen die Normierung von Körpern, dann sag ich immer, man kann viel unterlassen. Man kann unterlassen, essen in gut und schlecht unterteilen, man kann unterlassen, andere darauf hinzuweisen, zu- oder abgenommen zu haben, weil dieses zu- oder abnehmen sehr stark mit Wertung belegt ist. Dann ist schon relativ viel getan."
    Spezialmesse "Curvy is sexy"
    In der Mode hat sich bereits etwas verändert. Der Plus-Size-Markt ist in den letzten Jahren vielfältiger geworden, die Spezialmesse "Curvy is sexy" auf der Fashion Week wächst mit jeder Ausgabe. Die Modeindustrie hat sich also vor allem der weiblichen Kundschaft angenommen.
    Zufrieden ist Magda Albrecht aber nicht, denn auch die Plus-Size-Models entsprechen am Ende gängigen Schönheitsidealen.
    "Es wäre in der Tat erst ein kleiner Fortschritt erreicht, wenn dort einfach Menschen, Frauen mit jeglicher Körperform laufen können, ohne dass ein Aufschrei erfolgt. Das was erreicht ist, ist zu minimal, um das zu feiern. Da gucke ich lieber in die Bloggerinnenszene, die viel diverser ist, als das was auf der Fashion Week läuft."
    Gerade Modeblogs, da sind sich Alexandra und Magda einig, sind ein einfacher Einstieg in diese Diskussion um Diskriminierung von dicken Menschen und Akzeptanz von Körperfett. Aber die Diskussion müsse eben über Kleider und Accessoires hinausgehen.