Barbara Nowacka ist Informatikerin. Die kämpferische Rede fällt ihr nicht leicht. Trotzdem hat sie es geschafft, den verhaltenen Ton abzulegen, der ihre Auftritte noch im vergangenen Wahlkampf prägte.
"Die Kraft der Solidarität liegt darin, dass wir - auch wenn wir uns nicht immer einig sind - in den wichtigsten Fragen Seite an Seite gehen. Mein Traum und der Traum von vielen von Euch ist ein solidarisches Polen, ein freies und glückliches Polen, ein Land der Chancengleichheit. Eine Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft kann uns kein Parteivorsitzender nehmen, keine Marionette als Staatspräsident und kein ausgeblasenes Ei als Ministerpräsidentin."
So spricht Barbara Nowacka heute. Mit dem allmächtigen Parteivorsitzenden meint sie Jaroslaw Kaczynski, den Vorsitzenden der Regierungspartei PiS.
Noch etwas ist neu für die 40-jährige Informatikerin: Sie nimmt nun die Führungsrolle in der linken politischen Szene an, die ihr viele schon seit langem antragen. So ist sie heute der Kopf einer neuen Gruppierung: "Initiative Polen" heißt die, zunächst ein Verein, der aber später wohl eine Partei werden soll.
Vor allem mit einem Ziel, erklärt die Warschauer Politologin Ewa Pietrzyk-Zieniewicz: "Die Linke geht im gegenseitigen Zwist ihrer Politiker unter. Ihre Anführer haben sich gegenseitig beleidigt, haben sich aus verschiedenen Parteien geworfen. Die Initiative Polen ist ein weiterer Versuch, die Linke zu vereinigen, aber ich sage gleich dazu: nicht die ganze Linke. Gerade die größte Partei fehlt: die SLD."
Das liegt daran, dass gerade die SLD für den Niedergang der Linken steht - kurz nach der Jahrtausendwende. Damals stellte sie mit Aleksander Kwasniewski den Staatspräsidenten. Er stammte aus dem Establishment der kommunistischen Volksrepublik Polen, ebenso wie die Spitze der damals regierenden Partei SLD. Doch eine Korruptionsaffäre nach der anderen erschütterte das Image der Partei.
Die neue "Initiative Polen" will sich vom Erbe der Ex-Kommunisten lösen und setzt auf eine Politik "von unten". Deshalb suche sie die Nähe zu erfolgreichen Lokalpolitikern, erklärt Barbara Nowacka: "Diese Leute haben bei sich vor Ort sehr viel erreicht. Das sind Bürgermeister, Abgeordnete, denen die Menschen in ihrer Region ein reales Mandat übertragen haben. Mit ihnen wollen wir Konzepte erarbeiten, wie mehr Menschen eine würdige Arbeit bekommen können und wie die Schulbildung aussehen sollte."
Kritiker werfen der Initiative jedoch vor, dass ihr Neuanfang nicht konsequent sei. Denn die postkommunistische SLD ist in der Initiative zwar nicht offiziell vertreten. Einzelne Politiker beteiligen sich aber doch, so zum Beispiel Jerzy Wenderlich, der zuvor die Abstimmung über den SLD-Vorsitz verloren hatte.
Weltanschauliche Themen fürchtet auch die Linke
Die Politologin Ewa Pietrzyk-Zieniewicz weist auf ein weiteres Problem der "Initiative Polen" hin: "Die Sozialpolitik in Polen wird von der Regierungspartei PiS komplett dominiert. Sie hat den Menschen Dinge versprochen, die sich die SLD auch in ihrer Hochzeit nicht getraut hat. So hat die PiS gesellschaftliche Gruppen erreicht, die früher für die Linke gestimmt haben. Und soziale Themen sind für die Menschen am wichtigsten."
Tatsächlich kann auch Barbara Nowacka das Versprechen der PiS, ab dem zweiten Kind monatlich umgerechnet 120 Euro Kindergeld auszuzahlen, kaum überbieten. Ganz zu schweigen von der zugesagten Absenkung des Rentenalters. Und mit der gerade eingeführten Bankensteuer hat die PiS auch die polnische Wirtschaftspolitik nach links verschoben. Bliebe der Initiative also, auf weltanschauliche Themen zu setzen, meint Pietrzyk-Zieniewicz, etwa die klare Trennung von Staat und Kirche oder das strenge polnische Abtreibungsrecht. "Solche ideologischen Themen fürchten die linken polnischen Parteien wie der Teufel das Weihwasser, zumindest bisher. Deshalb bleibt die Frage offen, wozu sie sich eigentlich vereinigen wollen."
Die Informatikerin Barbara Nowacka hat also noch viel Arbeit vor sich, wenn sie ihr erklärtes Ziel verwirklichen will: Bei der Parlamentswahl in dreieinhalb Jahren wieder eine linke Partei in den Sejm zu bringen.