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Polizei-Einsätze in Stadien
"Öffentliche Sicherheit ist eine Sache des Staates"

In der Diskussion um die Kosten für Polizei-Einsätze in Stadien betont Martin Nolte vom Institut für Sportrecht der Deutschen Sporthochschule Köln die öffentliche Funktion des Fußballs. Der Sport entfalte viele Wohlfahrtsfunktionen, sagte Nolte im DLF. Er begrüßte den Vorstoß des NRW-Innenministeriums, das Polizeiaufgebot bei bestimmten Spielen zu reduzieren.

Martin Nolte im Gespräch mit Jürgen Liminski |
    Martin Nolte
    Martin Nolte vom Institut für Sportrecht an der Deutschen Sporthochschule Köln (picture alliance / dpa / Merle Zeigerer)
    "In Deutschland sehen wir immer nur die Kosten", kritisierte Martin Nolte vom Institut für Sportrecht an der Deutschen Sporthochschule Köln im Deutschlandfunk. Die Ausgaben rund um die Fußball-Spiele kämen aber der Allgemeinheit zugute, so trage der Fußball-Sport zur Integration und zum Ansehen Deutschlands im Ausland bei.
    Den Vorstoß des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, das Polizeiaufgebot bei Spielen zu reduzieren, wo nicht mit gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen ist, nannte Nolte einen interessanten Vorschlag. Die Idee von NRW-Innenminister Ralf Jäger widerspreche der Verfassung nicht, da die Prinzipien Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dort genauso verankert seien wie die Aufgabe des Staates, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

    Das Interview in voller Länge:
    Martin Nolte: Grundsätzlich ist es so, wie Sie sagen: Die öffentliche Sicherheit muss vom Staat gewährleistet werden im öffentlichen Raum, der das Gewaltmonopol hat. Aus dieser Verantwortung will er sich nicht zurückziehen. So verstehe ich auch nicht den jüngsten Vorstoß von Herrn Jäger, er sagt ja nur, dass eine Minimierung der zahlenmäßigen Ausstattung der Polizei angedacht ist, also kein komplettes Zurückziehen aus der Verantwortung, sondern nur eine Reduktion der Kosten, die damit verbunden sind. Was letztlich auch unserer Verfassung entspricht, denn die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind ja auch Prinzipien, die in unserer Verfassung angelegt sind. Sodass letztlich die Idee von Herrn Jäger sogar auf der Grundlage unserer Verfassung sich bewegt und nicht ihr widerspricht.
    "Mögliche Alternative zum Bremer Modell"
    Liminski: Also ein differenzierterer Einsatz. Stellt sich nicht trotzdem die Frage nach dem Minimum? Muss nicht bei jedem Spiel auch Polizei da sein, um die Sicherheit zu gewährleisten?
    Nolte: Ja, aber genau das, denke ich, stellt ja auch nicht Herr Jäger in Abrede. Er will ja sich nicht komplett zurückziehen aus der Verantwortung, insbesondere aus dem öffentlichen Raum, sondern es geht jetzt nur um eine Minimierung, um einen Testballon, ein Experimentiermodell, dass man bei vier Spielen die Polizeikontingente dort reduziert, wo nicht mit gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen ist. Und das ist zumindest ein interessanter Vorschlag, eine mögliche Alternative etwa jetzt zu dem Bremer Modell einer Gebührenpflicht für Polizeieinsätze bei Fußballveranstaltungen.
    "Öffentliche Sicherheit ist eine Sache des Staates"
    Liminski: Damit sind wir beim Geld, Sicherheit kostet Geld, in diesem Fall das Geld der Steuerzahler. Wenn die Bereitschaftspolizei ein Drittel ihrer Einsätze in und um die Fußballstadien hat, wie wir eben im Beitrag gehört haben, dann stellt sich schon die Frage, ob die Vereine nicht rechtlich herangezogen werden können oder müssen, um sich an den Kosten zu beteiligen!
    Nolte: Ja, das ist eine Frage, die jetzt nach geltendem Recht ganz klar mit Nein zu beantworten ist. Denn de lege lata, nach dem geltenden Recht gibt es keine Ermächtigung dafür, den Veranstalter von Fußballereignissen für die Kosten heranzuziehen. Und auch nach dem zukünftigen Recht, nach der Idee, so etwas zu machen, jedenfalls nach dem Bremer Modell, geht es nicht als eine Gebühr. Denn eine Gebühr ist immer eine Gegenleistung für eine Leistung, die der Bürger in Anspruch nimmt, also etwa für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Und der Veranstalter von Fußballereignissen hat keinen unmittelbaren Vorteil davon, dass etwa die Auseinandersetzungen an Bahnhöfen oder auf dem Anreiseweg geschlichtet werden. Das ist eine Sache des Staates, für die ist er verantwortlich und für die muss auch die Allgemeinheit die Kosten tragen und nicht ein Veranstalter.
    "Der professionelle Fußball ein ganz, ganz starker Steuerzahler"
    Liminski: Aber am Geld selber scheint es gerade bei den großen Vereinen nicht zu liegen, wenn man die Transfers in zweistelliger Millionenhöhe sieht. Werden hier nicht indirekt Geschäfte auf Kosten des Steuerzahlers gemacht?
    Nolte: Man muss sagen, gerade was die Steuern angeht, ist ja der Fußball, der organisierte Fußball und insbesondere der professionelle Fußball ein ganz, ganz starker Steuerzahler. Und wofür zahlt er eigentlich Steuern, wenn nicht für die vornehmste Aufgabe des Staates, öffentliche Sicherheit zu gewährleisten? Von daher wäre es meines Erachtens auch unterm Strich, jetzt unabhängig von rechtlichen Parametern im Einzelnen, eine doppelte Belastung desjenigen, der auch für die Allgemeinheit, für die Öffentlichkeit sehr viele Wohlfahrtsfunktionen entfaltet. Sei es jetzt in gesellschaftlicher Hinsicht, was die Identifikation, Integration, aber auch das Ansehen Deutschlands in der Öffentlichkeit, im Ausland etwa angeht, sei es in wirtschaftlicher Hinsicht oder auch in politischer Hinsicht. Denn der Fußballsport entfaltet ja auch viele politische Wohlfahrtsfunktionen, die man nicht außer Acht lassen sollte.
    Fußball hat eine öffentliche Funktion für das Allgemeinwohl
    Liminski: Würden Sie so weit gehen zu sagen, dass der Fußball auch eine öffentliche Funktion hat für das Allgemeinwohl?
    Nolte: Ja, auf jeden Fall. Ich bin am Wochenende aus New York zurückgekommen, was glauben Sie, was haben mich die Leute gefragt: Sie haben mir zum Ersten gratuliert zum Erfolg der deutschen Fußballnationalmannschaft in Brasilien und haben gesagt, Mensch, du kannst stolz sein darauf, dass Deutschland den Weltmeistertitel geholt hat! Ich glaube, dieses positive Element wird international absolut gesehen. Und in Deutschland, muss ich sagen, sehen wir doch immer nur die Kosten, die da sind, aber letztlich doch der Allgemeinheit auch zugutekommen bei den vielen Wohlfahrtsfunktionen, die der Sport und insbesondere der Fußball entfaltet in Deutschland.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.