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Pop-up-Event in München
Zwischen Kunst und Köstlichkeiten

Ein gutes Essen umgeben von Kunstwerken genießen: Das kann man derzeit in München. An zwei Wochenenden im Dezember tischt Küchenchef Moritz von Hohenzollern seine Gerichte nicht nur inmitten von Bildern und Installationen von jungen, aufstrebenden Künstlern auf - er interpretiert sie kulinarisch.

Von Julian Ignatowitsch |
    In der Küche spritzt die Soße, das Fett tropft: Chefkoch und Restaurantbesitzer Moritz von Hohenzollern dirigiert das Geschehen und tischt gleich den nächsten Gang auf:
    "Wir versuchen jeden Teller so anzurichten, dass er so ausschaut, dass man ihn am liebsten gleich nehmen würde, an die Wand hängen und einen Schrein darunter aufbauen will."
    Der Teller an der Wand? Im Essbereich stehen die Gäste tatsächlich vor den Wänden und gucken, was da so hängt - nein, keine Teller! Teure Kunst: Bilder und Installation von jungen, aufstrebenden Künstlern, wie Jan Kuck:
    "Das ist das Werk, das ich mit Dirk Biotto gemacht habe: Das ist nach Lucas Cranach dem Älteren, 'Das ungleiche Paar'. Ein alter Mann umarmt eine junge Frau, fasst ihr an die Brust, sie fasst ihm an seine Geldtasche. Dirk Biotto hat das Gemälde mit einem selbst geschriebenen Computerprogramm kristallisiert - und ich habe die Hand des alten Mannes aus Neon nachgemacht, die jetzt rot in unterschiedlichem Takt blinkt."
    Goldene Löffel im Rahmen
    Ausstellung? Restaurant? Was ist das hier eigentlich?
    "Ganz schwer. Es ist ein Restaurant in erster Linie. Aber ein Restaurant, das verschiedene Sinne ansprechen soll: die Sinne des Gaumens, des Riechens, des Genießens. Aber auch das Auge isst immer mit. Und durch die Kunst und die ganze Atmosphäre wirkt auch das Essen anders. Es befruchtet sich gegenseitig."
    Ein Kunst-Dinner also. Pop-up-Event im Pop-up-Restaurant nennt man so eine Veranstaltung heute: Pop-up - spontan, exklusiv, ungewöhnlich - liegt gerade voll im Trend. In London, Berlin, Barcelona, auch in München.
    "The idea was to do something totally unexpected for Munich!"
    Das Essen hat in der Kunst ja schon immer eine wichtige Rolle gespielt: Ob überbordende Früchteteller bei den alten Meistern, das Abendmahl von Leonardo da Vinci oder Joseph Beuys Fettecke.
    Wieso die Werke nicht gleich mit ins Restaurant nehmen und dort ausstellen, so der Gedanke der Künstleragentur Bernheimer Contemporary. Hier sieht man vergoldete Kaffeekapseln und aufgereihte goldene Löffel im Rahmen.
    95 Euro pro Person kostet so ein Kunst-Dinner. Nicht billig. Das Essen schmeckt, das Ambiente ist elitär, die Kunst - seien wir ehrlich - dient mehr als elegantes Beiwerk, lädt zum Fachsimpeln ein, zur kultivierten Unterhaltung.
    Ach ja, und da kommt schon das Menü. Bon appétit!
    "Wir sprechen beide die Sinne an"
    Küche und Kunst - am nächsten Morgen will ich Koch von Hohenzollern dazu noch einmal befragen. Auf der Karte war zu lesen, dass er die Kunstwerke kulinarisch interpretiert hat. Wie geht das?
    "Ich schaue mir an: Wie schaut die Kunst aus. Ist sie sehr verspielt? Es gibt abstrakte Künstler, da nimmt man nicht die Soße und schmiert sie drauf, sondern klatscht sie von oben runter. Sicher, man versucht saisonal zu bleiben, in der Farbe stimmig zu sein. Die Inspiration der Farbe zum Beispiel bei Rothko, wo alles geometrisch ist. Dann macht man auf dem Teller auch mehr geometrische Formen. Ich hole mir sehr viel Inspiration von der Kunst."
    Der anspruchsvolle Koch als eine Art Künstler - schaut man von Hohenzollern zu, wie er die Teller arrangiert, glaubt man wirklich, einem Künstler zuzusehen:
    "Ich denke schon, es hat die Gleichheit, dass wir beide die Sinne ansprechen. Wir versuchen auch den visuellen Sinn anzusprechen, in erster Linie aber den Geschmackssinn und den Geruch."
    Bis die ersten Teller samt Essen an der Wand hängen...