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Porträt zum 60. Todestag
Witz und Verzweiflung der Claire Waldoff

Sie fragte laut, wer denn da mit Lehm schmeißt, und überzeugte auch mit dem leisen Lied der Harfenjuhle. Ihr politisches Credo lautete griffig: "Raus mit den Männern aus dem Reichstag!". Claire Waldoff wurde als Kabarettistin von Arbeitern und Intellektuellen gleichermaßen gefeiert.

Von Stephan Göritz |
    Schwarzweiß-Porträtfoto der Schauspielerin und Kabarettistin Claire Waldoff
    "Mir ham se die Gurke vom Schnitzel weggemopst" - Claire Waldoffs gewitzte Sprüche machten sie bekannt. (picture alliance / dpa / Ullstein)
    Geboren 1884 in Gelsenkirchen im Ruhrgebiet, kam sie mit Anfang 20 nach Berlin und brachte mit Sinn für Komik und Frechheit einen neuen Ton in die Kabaretts und Varietétheater.
    Im Dritten Reich trat sie bei einigen Wunschkonzerten für die Wehrmacht auf, wurde jedoch zunehmend kaltgestellt. Nicht nur, dass die Machthaber die Refrainzeile "Hermann heeßt er" als staatsgefährdende Anspielung auf Reichsminister Hermann Göring missverstanden, Waldoffs Ablehnung von hohlem Pathos und ihr Drang nach Selbstständigkeit machten sie inkompatibel für die Volkserziehung der Nationalsozialisten.
    Sie zog sich mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin nach Bayern zurück und starb 1957 verzweifelt, verarmt und vergessen. Heute berufen sich viele Kabarettistinnen und Chansonsängerinnen, von Angelika Mann bis Maegie Koreen, auf Claire Waldoff als "Kabarettkönigin", singen ihre Lieder und gestalten Abende über ihr Leben.