Am Samstagnachmittag habe sich über dem betroffenen Gebiet um den Kreis Pedrógão Grande ein Gewitter entladen, ohne dass es dabei regnete, sagte der Direktor der Kriminalpolizei, José Almeida Rodrigues, der Nachrichtenagentur Lusa. "Alles deutet ganz klar auf natürliche Ursachen hin. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Nationalgarde sogar den Baum gefunden, der von einem Blitz getroffen wurde."
61 Menschen sind bei dem Feuer gestorben. Diese Zahl gab der portugiesische Regierungschef António Costa bekannt. Zuvor war von 62 Todesopfern die Rede - einer der Verstorbenen sei jedoch doppelt gezählt worden. Costa sagte: "Die Dimension dieses Feuers hat eine menschliche Tragödie ausgelöst, die alles übersteigt, an das wir uns erinnern können."
Mehr als 50 wurden verletzt. Nach Angaben des portugiesischen Innenministeriums sind mindestens 30 Menschen in ihren Fahrzeugen getötet worden, 17 weitere hätten direkt vor ihren Wagen oder neben der Straße gestanden. Elf Menschen seien im Wald gestorben, zwei bei einem Autounfall, der mit dem Feuer zusammenhing. Tote in Häusern wurden bislang noch nicht gemeldet.
Außerdem würden mehrere Personen vermisst. Mindestens 21 Verletzte, darunter sechs Feuerwehrmänner, wurden nach amtlichen Angaben in Krankenhäuser gebracht. In einigen Gebieten fiel der Strom aus. Feuerwehrfahrzeuge wurden von den Flammen zerstört, mehrere Familien mussten ihre Häuser verlassen.
Drei Tage Staatstrauer
Die portugiesische Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Der Bürgermeisters des Ortes Pedrógão Grande, Valdemar Alves, sagte in der Nacht, einige Dörfer seien "von den Flammen völlig eingekesselt". Präsident Marcelo Rebelo de Sousa traf nach Mitternacht in Pedrógão Grande ein und bezeichnete die Lage als "beispiellose Situation."
Die Europäische Union sicherte dem Land Hilfe zu. "Es wird alles getan werden, um den Behörden und den Menschen in Portugal in dieser Zeit der Not zu helfen", erklärte der zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides am Sonntag.
Auf Bitte Portugals würden über die Nothilfekoordinierung der EU Löschflugzeuge organisiert. Frankreich habe sofort drei Maschinen zugesagt, die nun rasch entsandt würden. Zusätzlich helfe Spanien ebenfalls mit Flugzeugen. Stylianides drückte seine Trauer um die Opfer und sein Mitgefühl für die Betroffenen aus.
Deutschland bietet Hilfe an
Auch die Bundesregierung hat Portugal Hilfe angeboten. "Kanzlerin Merkel hat António Costa die Anteilnahme der Deutschen an der Waldbrandkatastrophe ausgedrückt und, wenn benötigt, Hilfe angeboten", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter. Bundesaußenminister Gabriel sagte, die schlimmste Brandkatastrophe Portugals seit Jahrzehnten zeichne sich ab. Er habe Premierminister Costa tiefes Mitgefühl und Beileid ausgesprochen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schickte Portugals Präsident Rebelo de Sousa ein Kondolenzschreiben. Darin heißt es: "Die dramatischen Bilder von dem zerstörerischen Waldbrand in Portugal, dem so viele Menschen nicht entfliehen konnten, haben mich sehr betroffen."
Auch der französisische Präsident Macron bekundete seine Solidarität. "Frankreich stellt Portugal seine Hilfe zur Verfügung", schrieb er auf Twitter. Und: "Gedanken an die Opfer".
Papst Franziskus hat bei seiner Sonntagmesse die Gläubigen zum stillen Gebet in Andenken an die Opfer des Feuers aufgerufen.
Beim Confed Cup in Russland wurde der Opfer vor der Partie Portugal gegen Mexiko mit einem Moment des Schweigens gedacht. Zudem ging die portugiesische Mannschaft mit einem Trauerflor auf den Platz. Die FIFA genehmigte einen entsprechenden Antrag des portugiesischen Fußballverbands.
Feuer an vier Fronten aktiv
Am heutigen Tag wütete der Brand noch immer an vier Fronten, an zwei davon mit großer Wucht, wie Innenstaatssekretär Jorge Gomes mitteilte. Nach Angaben des Zivilschutzes wird er von rund 750 Feuerwehrmännern mit rund 200 Einsatzfahrzeugen und zwei Flugzeugen bekämpft. Die Flammen griffen auf die Nachbarkreise Figueiró dos Vinhos, Castanheira de Pera und Gois über.
Starke Winde erschwerten die Löscharbeiten, hieß es. Spanien kündigte die Entsendung von zwei Canadair-Löschflugzeugen an. Außerdem rückte noch in der Nacht Verstärkung aus verschiedenen Teilen des Landes an. Auch in anderen Gebieten Portugals kam es unter anderem aufgrund einer Hitzewelle mit Temperaturen von über 35 Grad zu Waldbränden. Nach Mitteilung des Zivilschutzes mussten Feuerwehren mit mehr als 1.500 Einsatzkräften zu elf Bränden ausrücken.
Der Kreis Pedrógão Grande hat auf 128 Quadratkilometer Fläche lediglich rund 4.000 Einwohner. Die nahezu unberührte Natur mit Lagunen und Stauseen zieht seit Jahren immer mehr Wanderer und Wassersportler an.
Letzter schlimmer Brand 1966
Einen Waldbrand mit ähnlich hohen Opferzahlen hatte es in Portugal zuletzt vor einem halben Jahrhundert gegeben. 1966 starben bei einem siebentägigen Feuer in Sintra in der Nähe von Lissabon 25 Menschen, allesamt Angehörige des Militärs.
(cvo/fwa/vic)