Matheunterricht in der privaten Quinoa-Schule im Berliner Wedding. Die Klasse wurde geteilt, die anderen haben nebenan Englisch-Unterricht. Zwei Lehrer kümmern sich um zwölf Kinder - ein Betreuungsverhältnis, das es so an einer staatlichen Schule nur selten geben dürfte.
Die 14-jährige Vanessa Longo besucht seit letztem Sommer die private Quinoa-Schule, ihre Mutter Christiane hatte bewusst eine Alternative zum öffentlichen Schulsystem gesucht - und ist zufrieden.
"Ich merke halt den Unterschied zur Grundschule, dass sie wirklich wieder gerne geht. Die Grundschule, das letzte Jahr war wirklich chaotisch. Sie erzählt wieder, das hat sie in der Grundschule lange nicht mehr gemacht. Sie ist wesentlich aufgeschlossener, das finde ich wirklich schön."
10 Prozent der Kinder besuchen derzeit eine Schule in freier Trägerschaft
Christiane Longo lobt, dass die Lehrerinnen und Lehrer individuell auf die Stärken und Schwächen ihrer Tochter eingehen. Diesen Wunsch haben viele Eltern - laut Forsa-Umfrage im Auftrag des Privatschulverbands VDP ist dies 58 Prozent der befragten Eltern sehr wichtig. Und viele sind der Ansicht, dass diese individuelle Förderung in den staatlichen Schulen zu kurz kommt. Wünscht sich doch fast ein Drittel der Mütter und Väter eine private Schule für das eigene Kind. Das erstaunliche Ergebnis: je niedriger der Bildungsabschluss der Eltern, umso größer der Wunsch nach einer Privatschule für das eigene Kind.
"Das hat uns überrascht. Aber auch freudig überrascht. Also wir finden das sehr gut. Und wir führen das darauf zurück, dass das Thema Bildung in der Bevölkerung angekommen ist. Insofern ist es sehr sehr wichtig, dass wir über Bildung sprechen und wir uns darüber Gedanken machen, dass Bildung nicht gleich Bildung ist," sagt Petra Witt, die Präsidentin des Privatschulverbandes VDP. Etwa 10 Prozent der Kinder besuchen momentan eine Schule in freier Trägerschaft, aber etwa 30 Prozent der Eltern wünschen sich eine solche Schule für ihr Kind. Die Nachfrage ist also größer als das Angebot.
"Das ist sehr bedauerlich. Und wir würden uns natürlich sehr wünschen, dass wir als freie Schulen auch in unseren Gemeinden, vom Staat und vom Land auch unterstützt werden in den Bemühungen, dieses Angebot auszuweiten. Denn auch das ist ganz wichtig: dass das Angebot in der Nähe ist. Also da, wo die Familien und die Kinder wohnen."
Schnell und flexibel auf veränderte Anforderungen reagieren
Das Ergebnis der Studie ist eine Steilvorlage für den Privatschulverband, der natürlich politische Forderungen damit verbindet. Zum Beispiel die, dass die staatliche Förderung für private Ersatzschulen 80 bis 85 Prozent aller Kosten decken sollte - und bei der Berechnung der Zuschüsse nicht nur die Lehrergehälter berücksichtigt werden. Wichtig sei es auch, Neugründungen zu erleichtern. Petra Witt:
"Dass man eben nicht in Fallen tappt, wenn man seine Unterlagen zusammenstellt. Dass dann monatelang gewartet wird, bis man eine Antwort bekommt. Dass dann etwas nachgefordert wird. Dass man etwas nachbringt, das wieder nachgefordert wird. Und eben diese kleinen Niggeligkeiten, die dazu führen, dass es kleine Initiativen eben nicht schaffen."
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Knapp die Hälfte der befragten Eltern hält es für sehr wichtig, dass die Schulen schnell und flexibel auf veränderte Anforderungen - wie zum Beispiel die digitale Bildung - reagieren. Auch dieses Ergebnis interpretieren die Privatschulen in ihrem Sinne: Freie Schulen seien eigenständig und nicht in eine staatliche Bürokratie eingebunden, könnten also flexibler und schneller auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren - und damit diesen Elternwunsch erfüllen.