Es wird keine 100.000 Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge geben. Das Programm wird eingedampft, das Geld anderweitig in den Jobcentern verteilt. Das berichtet heute die "Süddeutsche Zeitung". Und beruft sich auf ein Schreiben des Bundesarbeitsministeriums an die zuständigen Landesministerien. Hintergrund: Die Länder sind für die Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen, kurz FIMS zuständig.
Statt 300 Millionen Euro würden von 2018 an jährlich nur noch 60 Millionen Euro pro Jahr für das Programm veranschlagt. Der Rest, 240 Millionen, soll, so zitiert die "Süddeutsche" aus dem Ministeriums-Schreiben, zur Verstärkung des Verwaltungskostenbudgets der Jobcenter eingesetzt werden. Für Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag ist genau diese Umwidmung das Hauptproblem:
"Falsch finde ich, dass das Geld nicht für Förderung und Integration von Flüchtlingen genutzt wird, sondern für das Stopfen von Haushaltslöchern."
Die Jobcenter seien seit Jahren chronisch unterfinanziert, sagt Pothmer.
"Das Geld geht ja nicht in den Integrationstitel, aus dem Fördermaßnahmen für Flüchtlinge und andere Arbeitslose finanziert werden, sondern das Geld geht in den Verwaltungshaushalt, aus dem zahlen die Jobcenter ihre Personalkosten, IT, Mieten, etc."
Reaktion vom Bundesarbeitsministerium
Das Bundesarbeitsministerium reagiert auf Anfrage des Deutschlandradios schriftlich und begründet die Entscheidung wie folgt: Das Geld sei nach der Umschichtung nicht weg, sondern nur woanders. Es komme über besser ausgestattete Jobcenter, also zum Beispiel mehr Berater, auch Flüchtlingen wieder zugute. Sowie anderen Arbeitslosen. Das Ziel der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen, heißt der Ein-Euro-Jobs, sei es, Flüchtlinge bereits vor Abschluss ihres Asylverfahrens niedrigschwellig an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen. Inzwischen, so das Arbeitsministerium weiter, habe sich die Dauer der Asylverfahren aber deutlich verkürzt und liege teils unter drei Monaten.
Die Überbrückung mit Ein-Euro-Jobs sei jetzt nicht mehr so nötig. Gerade Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive, die die Hauptzielgruppe der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen darstellten, wechselten schneller in die Grundsicherung für Arbeitsuchende, also die Jobcenter, die nun mehr Geld hätten.
Im vergangenen Sommer hatte die Bundesregierung das Programm aufgelegt, das sich an Asylbewerber im Wartestand richtet. Es war Teil des Integrationsgesetzes. Anfang Juni 2016 warb Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vor dem Bundestag für ihre Ziele.
"Und genau für diese Leute schaffen wir jetzt Arbeitsgelegenheiten. Und ich kann ihnen versichern, dass das bei diesen Menschen hochwillkommen ist, dass sie sich endlich einbringen können, in diese Gesellschaft."
Bis Ende März 2017 waren laut Arbeitsministerium knapp 25.000 Stellen beantragt
Pro Jahr sollten bis 2020 jährlich 300 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die Arbeitsgelegenheiten könnten in der Erstaufnahmeeinrichtung, bei der Stadtbücherei, oder bei der Freiwilligen Feuerwehr sein, so beschrieb Nahles damals ihr Programm.
"Weil wir auch wissen, der beste Weg in Integration, ist der Weg in Arbeit."
In der gleichen Debatte mahnte Sozialdemokratin einen langen Atem an:
"Es ist kein Sprint, es ist Langstrecke. Und die werden wir auch brauchen."
Bereits ab dem Herbst zeichnete sich ab, dass das Interesse geringer als angenommen ist. Bis Ende März 2017 waren laut Arbeitsministerium knapp 25.000 Stellen beantragt. Das ist ein Viertel der ursprünglich geplanten Zahl. Wie viele der beantragten Stellen auch tatsächlich besetzt sind, ist nicht bekannt.