Christoph Sterz: Warum darf "Kakadu" nicht mehr montags bis freitags senden?
Andreas-Peter Weber: Ja, das haben wir uns nicht leicht gemacht, diese Entscheidung, muss ich dazu sagen. Wir haben eine Positionierungsstudie anfertigen lassen, das heißt, wir haben ganz viele Hörer befragt, um die 5.000, wie sie die Sender wahrnehmen, die wir in unserer Familie haben, also den Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova. Und es ging um die Frage, was müssen wir tun, damit deutlich klarer wird, welches Profil diese Programme haben. Und wir haben ein anderes Problem, neben dieser Studie, dass wir einen Etat haben, der natürlich - wir sehen es überall, auch in der ARD und im ZDF - der begrenzt ist. Es sind Mittel, die begrenzt sind. Und wir stellen fest, dass die Medienwelt sich zunehmend ändert. Und wir müssen die Inhalte unverwechselbar machen, linear und online. Und gleichzeitig müssen wir besser erklären: Wofür stehen wir? Was sind wir? Was erwartet man von uns? Und deswegen möchten wir unsere Angebote mit denen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dann auch schärfen, unsere Programmanliegen verdeutlichen.
Wo wollen wir hin? "Kakadu" - für Frühaufsteher das Kinderhörspiel am Sonntagmorgen werden wir also auch künftig ausstrahlen. Zum 1. Januar 2019 sollen die Kindersendung "Kakadu" und die Kindernachrichten montags bis freitags eingestellt werden. Und im Herbst 2018 wollen wir prüfen, inwieweit wir in der Lage sind, Kinder bzw. einen Familienpodcast als adäquaten Ersatz dafür zu entwickeln.
Sterz: Bevor wir auf den Podcast kommen, lassen Sie uns noch kurz darüber sprechen: Sie haben finanzielle Gründe ja auch angeführt. Aber wäre es nicht gut, vielleicht an anderer Stelle zu sparen? Schließlich geht es ja um Kinder, um die Möglichkeit, ihnen Medienkompetenz beizubringen und sie überhaupt erst einmal in Kontakt zu bringen mit dem Medium Radio. Verschenken Sie dann nicht was - gerade bei der sehr jungen Zielgruppe?
Weber: Nein, das glaube ich nicht. Weil wir stellen ja fest, auch anhand zahlreicher Untersuchungen, die Sie überall in der Öffentlichkeit nachlesen können, dass gerade das junge Publikum nicht unbedingt das ist, was sich jetzt unbedingt vor ein lineares Radioprogramm setzt. Sondern das sind Angebote, die zeitversetzt genutzt werden, sei es in der Mediathek, dann im ARD- und ZDF-Programm, oder sei es in der Audiothek, hier bei uns im Deutschlandradio. Wir wollen Kinder dann erreichen, wenn sie erreichbar sind. Denn Sie müssen sehen, dass unser "Kakadu" ja derzeit läuft von 15 Uhr bis 15.30 Uhr. Und bei der Veränderung in den Schulen, Ganztagesstätten, stellen wir zunehmend fest: Die Kinder sind zu dieser Zeit gar nicht da. Und das ist der Wunsch, dass wir einen anderen Weg der Verbreitung wählen wollen, um diese Zielgruppe künftig auch weiterhin erreichen zu können.
"Erwachsene Hörstrecken vorne und hinten"
Sterz: Aber eine andere Art der Verbreitung gibt es ja schon jetzt. Der "Kakadu" ist ja schon jetzt als Podcast erreichbar. Ist es nicht gut, beides zu haben, lineares und Podcast-Programm. Denn Sie erwähnen ja die Studien: Wenn ich mal die Langzeitstudie zur Mediennutzung von Kindern von 6 bis 13 heranziehen darf, die KIM-Studie, dann sagt die schon, dass Kinder mindestens einmal die Woche Radio hören, und zwar knapp drei von vier Kindern, und jedes vierte Kind täglich Radio hört. Also es gibt schon noch eine Menge Kinder, die Radio hören?
Weber: Ja, wir wollen ja auch "Kakadu" auch nicht ganz streichen. Ich hatte es ja eingangs gesagt, dass das "Kakadu" für Frühaufsteher und das Kinderhörspiel, also die fiktionalen Geschichten am Sonntag, auf jeden Fall bleiben sollen. Aus diesem Grund gehen wir den Weg auch, weil wir da feststellen, da ist ein hoher Bedarf. Aber was das Tägliche betrifft, haben wir echt ein Problem zu dieser Uhrzeit, zu der wir senden. Sie müssen noch eins sehen: Wir haben ein Programm, was sich als nationales Kulturprogramm versteht, und gerade auch um diese Zeit wir ein Problem haben, wenn sie - wenn Sie so wollen - erwachsene Hörstrecken vorne haben und erwachsene Hörstrecken hinten haben. Wir nehmen da nicht alle mit. Und der Versuch ist es jetzt natürlich, über diese Podcast-Lösung ein adäquates Verbreitungsmittel zu finden, um diese junge Zielgruppe zu erreichen.
Sterz: Könnten Sie sich denn vorstellen, dass es ein täglicher Podcast ist, in dem dann auch zum Beispiel die täglichen Kindernachrichten integriert sind, denn die würden ja sonst auch wegfallen?
Weber: Weil gerade der Grund jetzt nicht nur das Sparen an vorderer Stelle steht, bin ich da auch völlig offen. Wir werden eine Arbeitsgruppe jetzt nach den Sommerferien einsetzen, und diese Arbeitsgruppe hat jetzt ein halbes Jahr in Ruhe Zeit, für uns den passenden Weg zu finden. Und wenn das Ergebnis sein sollte, dass das täglich stattfindet, dann soll es so sein.
Aus für "Grundton D": "Als Chance sehen"
Sterz: Neben dem "Kakadu" gibt es ja noch weitere Programmveränderungen, nicht nur bei Deutschlandfunk Kultur, auch beim Deutschlandfunk. Zum Beispiel wird die Sendung "Grundton D" eingestellt in diesem Jahr, eine Sendereihe, in der der Deutschlandfunk zusammen mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Benefizkonzerte organisiert und damit historische Gebäude und deren Erhaltung unterstützt. Warum wird es "Grundton D" im kommenden Jahr nicht mehr geben?
Weber: Es hatte das Ziel zu seiner Zeit, als es entstanden ist, dass mit "Grundton D", wie Sie eben richtig sagten, Wiederaufbau auch im Osten Deutschlands gefördert werden sollte. Und wir sind jetzt der Auffassung, auch mit Blick auf den Kostendruck, dass bei 30-jähriger Durchführung wir auch das erreicht haben, was wir erreichen konnten. Und jetzt einfach vor dem Punkt stehen, zu sagen: Dann ist es eine gute Zeit, jetzt zu sagen, obwohl es eine schöne Zusammenarbeit war, dass wir am Ende des Jahres das beenden an dieser Stelle. Was ja nicht heißt, dass wir nicht trotzdem intensiv auch in den Ländern unterwegs sind mit vielen Kultur- und Konzertveranstaltungen.
Sterz: Der Deutsche Musikrat, der hat Sie dazu aufgefordert, die Einsparung zu überdenken, aber, was ich jetzt so von Ihnen höre, das werden Sie sich anscheinend nicht noch mal überlegen, oder?
Weber: Nein, wir haben das diskutiert. Wir haben das mit den Leitungen, mit der Redaktion diskutiert. Das findet nicht überall positives Echo, aber ich glaube, wenn sie Dinge einstellen, ist es immer so, dass es sicherlich Gründe gibt, auch zu sagen: Man könnte nochmal überlegen, ob man es nicht anders macht. Ich glaube, wir sollten das als eine Chance sehen, wir sollten nach vorne blicken und sagen: Okay, welche Möglichkeiten haben wir noch? 30 Jahre eine gute Zusammenarbeit ist schön, aber wir können auch andere Dinge tun.
Weitere Einsparungen? "Derzeit nicht"
Sterz: Sie haben das Stichwort Kostendruck genannt. Ist das also unter anderem das: Ein erstes Zeichen dafür, dass Sie fürs Deutschlandradio nicht mehr genug Geld ins Programm stecken können?
Weber: Naja, man muss schon sagen: Wenn es mit den Gebührenerhöhungen nicht weitergeht, das müssen wir ganz offen darstellen, dann sind bestimmte Leistungen auch nicht mehr zu erbringen. Und das, was wir hier gerade haben, aber auch andere Dinge, die im Programm erstellen, sind hohe, teure Produktionen. Und selbst wenn es nur "mehrere Konzerte" sind im Jahr, die wegfallen, hat das schon einen beachtlichen Einsparungseffekt. Und den brauchen wir an anderer Stelle.
Sterz: Bedeutet das, dass Sie noch weiter nach Einsparungen suchen in den nächsten Monaten?
Weber: Derzeit nicht. Wir müssen jetzt mal abwarten, wie sich das medienpolitisch auch weiterentwickelt. Aber derzeit gibt es da keine weiteren Überlegungen.