„Hier ist Tirana …“
Eine Lange Nacht über Albanien
Von Fritz Schütte
Regie: Rita Höhne
Kaum vorstellbar, dass es einmal ein Land in Europa gab, das komplett abgeschottet war. Nur eine Stimme drang durch das Rauschen im Äther nach außen. "Hier ist Tirana …" In mehr als 20 Sprachen pries Radio Tirana das "freie und fröhliche Leben der Albaner und die glänzenden Perspektiven, die ihnen der Sozialismus eröffnet". Doch wer konnte das nachprüfen? Touristen durften das Land nur in Reisegruppen besuchen. Kontakte zu Einheimischen waren unerwünscht. Diktator Enver Hoxha hatte 1961 mit der Sowjetunion gebrochen. Ingenieure und Facharbeiter aus China kamen ins Land. Albaner studierten in Peking. 1978 zerbrach auch diese Freundschaft, und mit der Isolation wuchs die Paranoia des Diktators. Politische Säuberungen und Schauprozesse waren an der Tagesordnung. Wie überall auf der Welt träumten auch in Albanien Jugendliche davon, Sängerinnen zu werden, Schauspieler oder Schriftsteller. Das Liederfestival war der kulturelle Höhepunkt des Jahres. Da es in Albanien keine Schallplattenindustrie gab, lebten Titel, die nicht mehr im Radio gespielt wurden, nur in der Erinnerung weiter. Nach Jahrzehnten erzwungenen Schweigens erklingt die Stimme von Alida Hisku wieder. Sie lebt jetzt in Deutschland. Der Schriftsteller Bashkim Shehu hatte gerade ein Buch veröffentlicht, als er in Ungnade fiel. Sein Vater war Ministerpräsident, der zweite Mann nach Enver Hoxha, und wurde nach seinem Selbstmord von diesem posthum der Spionage verdächtigt. Die Familie kam ins Gefängnis. Heute lebt Bashkim als Autor und Übersetzer in Spanien. Die 'Lange Nacht' erzählt über ein Land, das 25 Jahre nach der Wende immer noch so unbekannt ist wie damals. Damit das nicht so bleibt, heißt es auch auf Kurzwelle noch heute: "Hier ist Tirana …"