"Da springen jetzt auch nackte Frauen rum."
Katrin Laux betreibt in Dresden mehrere Studios, in denen erotische Massagen angeboten werden.
"Hier ist jetzt ein freier Massageraum, da ist es schon vorbereitet für eine Massage. Sie hören die Musik, die auch typisch ist für Tantra-Massagen. Tantra-Massagen werden auf einem Futon gemacht. Und wenn die Masseurin einen Gast erwartet, dann macht sie Öl warm, stellt die Musik schon an, beduftet den Raum hier, macht hier ein Stövchen für die Waschung und für die Waschschüssel bereit. Und der Raum verhilft einem, dass man auch schon mal den Alltag abstreifen kann und in eine andere Atmosphäre kommt. Das merken Sie ja vielleicht auch schon."
Den Alltag abstreifen, das kann Katrin Laux gerade immer weniger. Denn sie kämpft um das Überleben ihres Unternehmens. Der Grund ist das Prostituiertenschutzgesetz. Zwei der sechs Massagestudios in Dresden musste sie schon schließen, weil sie keine Masseurinnen mehr findet. Nicht, weil sie bisher ihre Angestellten schlecht behandelt hat und das wegen des neuen Gesetzes nicht mehr darf. Die Masseurinnen müssen sich vielmehr als Prostituierte registrieren lassen, auch wenn sie dort keinen Geschlechtsverkehr anbieten. Das wollen viele nicht.
"Und jetzt ist es so, dass wir direkt diesen sogenannten Hurenpass verpasst kriegen. Und damit haben viele Mitarbeiterinnen Ängste. Irgendwo verständlicherweise. Wir haben viele junge Frauen, die noch eine Karriere vor sich haben, die vielleicht auch mal Lehrerin sein wollen oder irgendwie in einem anderen Job arbeiten wollen, und sie wissen halt nicht genau: Wer kommt an die Informationen dann ran."
Bundesländer müssen Umsetzung regeln
Der Zwang zur Anmeldung und einer regelmäßigen Gesundheitsberatung geht auf ein Bundesgesetz zurück, das bereits seit dem 1. Juli 2017 gilt. Jedes Bundesland muss aber noch ein Ausführungsgesetz erlassen, das die konkrete Umsetzung etwa in Gesundheitsämtern regelt. In Sachsen wurde die Abstimmung darüber im Landtag nun gerade erst wieder verschoben. Da das Bundesgesetz nun aber schon so lange in Kraft ist, hat die sächsische Landesregierung die Kommunen angewiesen, es dennoch umzusetzen. Ein Unding, wie die Landtagsabgeordnete Katja Meier von den Grünen findet.
"Das halte auch bis heute für einen schwerwiegenden Vorschlag, den die Staatsregierung da gemacht hat. Ohne eine Rechtsgrundlage sollen hier die Kommunen dieses Gesetz ausführen, und in der Tat haben die Kommunen das auch nicht gemacht."
Erotische Massagen nur noch mit "Hurenpass"
Deshalb weiß auch Katrin Laux nicht, wie es weiter geht. Denn eigentlich dürfte sie ihre Studios gar nicht in Dresden betreiben. Es gibt hier eine Sperrbezirksverordnung, die Bordelle und erotische Massagestudios im Umkreis von 200 Metern um einen Kindergarten, eine Kirche, einen Friedhof oder ähnliches untersagt. Bisher wurde das nie angewendet. Das könnte sich aber ändern, wenn Laux mit dem neuen Gesetz eine Genehmigung für ihre Studios braucht. Und sie weiß auch nicht, ob der sogenannte Hurenpass etwas kosten wird, so wie die Gesundheitsberatung, mit der die Frauen über mögliche Risiken ihrer Arbeit aufgeklärt werden sollen. Die Grüne Katja Meier hofft, dass die schwarz-rote Landesregierung den entsprechenden Satz im Gesetzentwurf noch ändert und dass Pass und Beratung kostenlos sein werden - wie es Fachleute aus Juristenverband, Gesundheitsämtern und Aidshilfe fordern.
"Die haben alle gesagt, dass der Gesetzesauftrag, also der Schutz der Prostituierten, mit diesem Gesetz nicht erfüllt werden kann, sondern dass es eher einer Gängelung der Prostituierten gleichkommt, und dass eher die Gefahr besteht, durch diese repressiven Anwendungen von Anmeldung und Gesundheitsberatung, dass eher die Personen, die in der Prostitution tätig sind, sich eben nicht anmelden und eher in der Illegalität tätig sind, was natürlich das Gesetz völlig konterkariert, weil dann natürlich die Kontrolle und der Schutz vonseiten des Staates völlig weg sind."
Diese Sorge teilt auch Viola Butzlaff, die im Leipziger Gesundheitsamt arbeitet. Sie sucht Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter auf und berät sie etwa zu Gesundheitsfragen. Neben einigen größeren Bordellen am Stadtrand gebe es viele Wohnungen in der Stadt, in denen Sex angeboten werde. Insgesamt arbeiteten die - vor allem - Frauen unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, so Butzlaff. Weiße deutsche Frauen unter meist eher gute Bedingungen, andere nicht so sehr. 80 Prozent der Frauen kämen aus dem Ausland, vor allem aus Ungarn und Rumänien. Mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sei am schwierigsten. Zwangsberatung könne sogar kontraproduktiv sein, so Butzlaff.
"Es gibt einige, die sehr bemüht sind, alles richtig zu machen, und es gibt andere, die mir schon prophezeit haben, dass sie dann nicht mehr arbeiten werden, und einige waren sogar so mutig und sagen, sie melden sich nicht an und arbeiten halt heimlich."
Freiwillige Beratungsangebote sind Mangelware
Viola Butzlaff bemüht sich derzeit, einen runden Tisch zu gründen, wie es ihn in vielen anderen Bundesländern schon gibt. Dort könnten sich Sexarbeiterinnen mit Polizei, Staatsanwaltschaft aber auch Sozialarbeitern austauschen, Hilfen und Maßnahmen diskutieren und so ausloten, wie sich die Arbeitssituation der Prostituierten verbessern lässt. Insgesamt seien freiwillige Beratungsangebote in Sachsen Mangelware, kritisiert sie, außer ihr gebe noch eine Kollegin in Dresden, die auch zu den Frauen hingehe. Mehr nicht.
"Es bräuchte eine Fachberatungsstelle mit Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen und so weiter, wo es Beratung gibt, wo es Begleitung gibt, wo es Freiräume gibt, also überhaupt Räume, die als Schutzräume besucht werden können, wo die Frauen unter sich sind, sich vernetzen können. So was braucht es ganz dringend."
Wenn Sachsens Landtag das Prostituiertenschutzgesetz irgendwann beschließt, gibt es die Pflicht zur Beratung und Meldung. Ob es irgendwann auch Schutzräume geben wird, ist offen.