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R-Index
Bewertung der Bewerter

Auch in der Wissenschaft gibt es mitunter grobe Fouls. Gutachter, die Schiedsrichter der Wissenschaft, sollen garantieren, dass es bei der Forschung fair und korrekt zugeht. Aber wer begutachtet die Gutachter? Der von zwei Biologen entwickelte R-Index soll nun dafür klare Standards schaffen.

Von Haluka Maier-Borst |
    Die großen Wissenschaftsjournale stecken in einer Krise. Denn immer mehr wird klar, dass viele Studien, die als Erfolg gefeiert wurden, sich nicht reproduzieren lassen. Ein Grund könnte dafür sein, dass das sogenannte Peer-Review-System denjenigen zu wenig Anerkennung gibt, die die Studien prüfen müssen: Den Reviewern. Wie man das ändern könnte und welche Reformen es im Wissenschaftsbetrieb bräuchte, das hat sich Haluka Maier-Borst erklären lassen.
    Manchmal sind Fußball und Forschung gar nicht so verschieden. Bei beiden geht es um Anerkennung und darum der Beste zu sein. Um das zu erreichen, greift so mancher zu nicht ganz sauberen Methoden. Mal schludert ein Forscher bei der Statistik ein wenig, mal werden Daten überinterpretiert. Und manchmal gibt es in der Wissenschaft auch grobe Fouls wie Fälschungen.
    All das sollten eigentlich die Schiedsrichter der Wissenschaft, die sogenannten Reviewer oder Gutachter verhindern. Es sind andere Forscher, die die Arbeit ihrer Kollegen bewerten und auf Fehler in Studien hinweisen, bevor sie veröffentlicht werden. Doch ähnlich wie die Schiedsrichter im Fußball, bekommen auch die Gutachter im Wissenschaftsbetrieb kaum Anerkennung für ihre Arbeit.
    "Alle reden darüber, dass Reviewer der wichtigste Teil in der Forschergemeinde sind und dass die Wissenschaft ein Problem hätte, wenn sie ihre Arbeit nicht täten. Nur gibt es kein Verfahren, um diese akademische Anerkennung in irgendeiner Form greifbar zu machen."
    Sagt Shane Gero, Biologe an der Universität Aarhus. Die Folge sei, dass manche Gutachter ihre Arbeit lieblos erledigen. Er und sein Kollege Mauricio Cantor von der Dalhousie University in Halifax haben darum den sogenannten R-Index erfunden.
    Anreiz für Verbesserung der Qualitätstandards
    Er soll zeigen, wie gut die Schiedsrichter der Wissenschaft ihren Job machen. Je höher der R-Score, desto besser der Reviewer. Bewertet wird aber nicht nur, wie viele Studien ein Forscher pro Jahr begutachtet. Auch Aussagen darüber, wie sorgfältig und konstruktiv er als Reviewer arbeitet, sollen in den R-Index einfließen.
    "Es hilft nicht, einen Kommentar zu bekommen, wie 'Die Einleitung ist zu lang'. Das mag ja stimmen, aber das hilft dem Studienautor nicht. Konstruktiver wäre es, wenn der Reviewer sagt: 'Die Einleitung ist zu lang und darum sollten diese drei Punkte geändert werden'. Das wäre wirklich ein hilfreicher Kommentar."
    Gero hofft, dass der R-Index Forschern einen Anreiz bietet, die Arbeit der Kollegen sorgfältiger zu prüfen. Und das davon wiederum die Wissenschaft profitiert.
    Ivan Oransky ist Mitbegründer des Blogs Retraction-Watch, das sich seit Jahren für eine Verbesserung der Qualitätstandards in der Forschung einsetzt. Er glaubt, dass der Ansatz der Kollegen in die richtige Richtung geht.
    "Eine Menge von dem, was im R-Index drinsteckt, sind Informationen, die die Journale bereits haben. Aber natürlich wäre es ein echter Fortschritt, diese Informationen öffentlich zu machen. Was der R-Index aber auch einschließen sollte, sind hilfreiche Kommentare anderer Forscher, die nach der Veröffentlichung der Studie abgeben."
    Außerdem betont Oransky, dass es nicht nur wichtig sei, die Reviewer für ihre Arbeit zu bewerten. Man müsse auch dafür sorgen, dass sie sich frei und fair zu einer Studie äußern können. Und das könne nur ein Doppelblindgutachten garantieren, bei dem weder Reviewer noch Studienautor wissen, wie der andere heißt und wer er ist.
    "Ein junger Forscher oder einer, der keinen großen Namen hat, riskiert seine Karriere, wenn er sich öffentlich kritisch zu einer Studie äußert. Das anonyme Doppelblindgutachten für Reviewer könnte dieses Problem lösen".
    Fachjournale sollen R-Index einführen
    Shane Gero, selbst Jungforscher, sieht das Ganze aus einer etwas anderen Perspektive. Er hat weniger Bedenken, dass er sich zu einer Studie nicht kritisch äußern kann. Vielmehr fürchtet er, dass ein altgedienter Forscher ihn ausbremst, indem er als Reviewer eine Studie von Gero grundlos abwertet. Genau das wäre jedoch dank des R-Index schwieriger.
    "Wenn ein altgedienter Forscher grundlos eine negative Bewertung schreibt, dann hat das Journal ein Mittel, um dagegen vorzugehen. Es kann sagen: Das ist kein konstruktiver Beitrag und den Reviewer mit einer schlechten Note abstrafen, wenn er nur versucht die Studie zu attackieren, damit sie nicht veröffentlicht wird."
    Shane Gero hofft darum, dass die angesehenen Fachjournale bald den R-Index in ihrer Praxis einführen. Und somit in der Wissenschaft ein wenig mehr Fairplay Einzug hält.