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Radio im digitalen Zeitalter
Visuelle Inhalte für das junge Publikum

Schon lange wird darüber diskutiert, wie viel Visualisierung das Radio braucht, um im digitalen Zeitalter bestehen zu können. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. In den USA zählt das National Public Radio (NPR) zu den Vorreitern des digitalen Wandels. Speziell fürs Internet geschaffene visuelle Inhalte ohne Ton prägen inzwischen die Website des Senders.

Von Vera Linß |
    Die Büros von National Public Radio (NPR) in Washington DC.
    Die Büros von National Public Radio (NPR) in Washington DC. (imago/UIG)
    Ausschnitt aus dem Livestream von NPR Berlin. Die Station ist Teil des Netzwerks nicht kommerzieller Hörfunksender, die sich über Spenden und Sponsoring finanzieren und unter dem Label National Public Radio kooperieren. NPR produziert ein Mantelprogramm sowie Podcasts zu Politik, Ökonomie und Wissenschaft für die rund 800 angeschlossenen Stationen. Zumeist ohne Ton kommt dagegen der speziell fürs Internet geschaffene visuelle Inhalt aus. Brian Boyer, Chef des Visual Teams, erklärt, warum Bilder so wichtig sind.
    "Es gibt viele Geschichten, die NPR erzählen will und die von der Visualisierung profitieren. Audio-Storytelling und visuelles Storytelling haben vieles gemeinsam. Die Wirkung eines Bildes etwa ist vergleichbar damit, wie es ist, wenn man die Stimme eines Menschen hört. Beides führt dazu, dass man sich wirklich für eine Geschichte interessiert. Vieles was wir tun, ergänzt das Radio. Sei es, dass wir eine ähnliche Geschichte bringen oder dass wir eine komplett andere Geschichte zum selben Thema machen. Aber visuell erzählt, kann sie auf andere Weise stark sein."
    Die Inhalte sollen zum Publikum gelangen
    Die Inhalte werden auf unterschiedlichste Weise präsentiert. Mit Slideshows, Grafiken, Landkarten oder interaktiven Anwendungen. Etwa zu den Anschlägen in Brüssel oder zum Leben nach Ebola in Liberia. Auf Audios verzichtet man weitgehend. Was aber hat das noch mit Radio zu tun, dessen Reiz darin besteht, dass man nicht nur das Kopf-Kino starten, sondern nebenbei auch noch anderen Tätigkeiten nachgehen kann?
    "Unser Radioprogramm ist zuallererst für Situationen gemacht, in denen Menschen Auto fahren, in denen sie bügeln, morgens aufwachen und Frühstück machen oder von der Arbeit nach Hause fahren. Aber es gibt viele andere Momente eines Tages, an denen wir Menschen erreichen können."
    Aber eben nicht mit Hörstücken, glaubt Brian Boyer. Am Arbeitsplatz, in der Raucherpause, beim Mittagessen oder abends im Bett nutzen die meisten Menschen eher ein Tablet oder ihr Mobiltelefon, haben die Analysen von NPR ergeben. Und da würden vor allem Bilder konsumiert. Dieses Bedürfnis will das Netzwerk bedienen, denn am wichtigsten sei doch, dass die Inhalte zum Publikum gelangen, egal in welcher Form, erklärt Brian Boyer vom NPR-Visual Team.
    Menschen unter 40 hören immer weniger Radio
    "Es ist sehr wichtig für uns, im digitalen Raum erfolgreich zu sein. Dort ist ein großer Teil des Publikums unterwegs, das wir gern erreichen wollen. Nämlich junge Leute – und damit meine ich Menschen unter 40 – die immer weniger regelmäßig Radio hören. Wenn wir weiter als Newsorganisation bestehen wollen und wenn wir Erfolg haben wollen bei unserer Mission, der Öffentlichkeit zu dienen, dann ist es wirklich wichtig, dass wir auch für die Jungen da sind. Einen gewissen Mix zu haben, ist essenziell."
    Deshalb könne man das Radionetzwerk NPR eigentlich auch als ein "24-Stunden-Unternehmen" bezeichnen, sagt Boyer. Ob dabei mehr Leute die Radios einschalten oder auf die Website klicken, das ist ihm egal. Hauptsache, das Publikum ist beim NPR.