Dreifaltigkeitskrankenhaus Wesseling, Abteilung für Plastische Chirurgie. Das Schwestern- und Ärzteteam bereitet eine Fettabsaugung vor: Die Ansaugpumpe wird überprüft und ein neuer Behälter für abzusaugendes Fett angeschlossen. Nebenan wartet die Patientin, eine 47jährige Frau. Sie hat eine auf den ersten Blick sehr schlanke, geradezu durchtrainierte Figur. An den Oberschenkeln sitzen seitlich allerdings Fettpolster, im Fachjargon "Reiterhosen" genannt.
"Also ich mache ziemlich viel Sport, ich mache so 20 bis 25 Stunden Sport im Monat und habe dementsprechend meinen Körper schon so aufgestellt, dass er sehr muskulös ist und an diesen Stellen stört es mich also halt doch. Auch wenn ich im Sommer mal einen Rock anziehe - der muss ja nicht ganz hoch sein - wenn dann doch diese Stellen nicht richtig sitzen, dann ist das schon nicht weg zu trainieren und auch mit Ernährung nicht in den Griff zu bekommen."
Der Chefarzt der Abteilung für Plastische Chirurgie, Dr. Dirk Richter, schaut sich kurz vor der OP seine Patientin noch mal genau an.
"Insgesamt eine sehr schlanke Figur, sicherlich kein Übergewicht. Was wiegen sie?"
"57 Kilo."
"Bei?"
"1 Meter 64."
"Also das ist ideal. Man sieht, dass in diesem Bereich eine Fettansammlung ist, die so ein bisschen nach außen ragt und der Oberschenkel insgesamt noch etwas kräftiger im Vergleich zur restlichen Silhouette wirkt. Ich zeichne das jetzt mal an, damit man hinterher im OP, wenn sie liegen, das auch gut nachvollziehen kann, denn im Stehen sieht das anders aus als im Liegen, daher ist das Anzeichnen schon die halbe Miete."
90 Prozent der Patienten sind Frauen
Mit einem Filzstift umzeichnet Dirk Richter nun die Fettdepots an den Oberschenkeln.
"Gut. Ja, dann würde ich sagen, ist es das mit der Anzeichnung. Wenn sie keine weiteren Fragen haben, dann würde ich jetzt sagen, gehen sie auf Station und dann geht es gleich los."
Die Patientin erhält nun eine Vollnarkose, denn die Beseitigung ihrer "Reiterhosen" ist eine aufwendige Prozedur, die mindestens eine Stunde dauern wird. Kleinere Fettpolster, etwa am Bauch, führt Dirk Richter auch in örtlicher Betäubung durch. Rund 90 Prozent der Patienten bei Fettabsaugungen sind Frauen. Doch es kommenden zunehmend auch Männer. Die haben ihre eigenen Problemzonen, sagt Dr. Stefan Schill, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie aus Bonn.
"Es gibt auch häufig so eine männliche Brustvergrößerung, eine so genannte Gynäkomastie, die man häufig - nicht immer, hängt vom Ausprägungsgrad ab - sehr gut behandeln kann, aber auch so diese seitlichen Flankenareale beim Mann oberhalb des Beckenknochens, das sind häufig Depots, die sehr hartnäckig sind und die sich auch mit Fitnessstudio, Trainings und derartigen Maßnahmen nicht bessern lassen."
Wichtig ist in jedem Fall, dass der Patient oder die Patientin von der Fettabsaugung keine Wunderdinge erwartet. Sie ist keine Methode zur Gewichtsabnahme, sondern sie kann lediglich Fettpolster verkleinern. Immer wieder schickt Stefan Schill daher auch Patienten nach Hause.
"Zehn, 15 Prozent würde ich denken, dass man sagt: kann ich ihnen nicht helfen oder manchmal auch: möchte ich nicht machen. Es gibt auch sicherlich junge Patienten, die etwas überzogene Erwartungen haben, was man möchte, was man machen kann und da gibt es auch Situationen, wo ich sage: Das mache ich nicht bei ihnen."
"Das ist die Hauptarbeit eigentlich, diese Patienten herauszufischen, die eine unverhältnismäßige Vorstellung haben von dem, was medizinisch - chirurgisch erreichbar ist."
"Wie ein Dampfreiniger an der Tankstelle"
Die Patientin liegt nun auf dem OP-Tisch. Dirk Richter nimmt eine lange Kanüle, etwa so dick wie ein Kugelschreiber.
"So, die Geräusche, die sie jetzt hören, das ist die Absaugkanüle, das ist der Unterdruck, mit dem das Fett aus dem Gewebe entfernt wird. Da kann ich hier auf ein Loch drücken, damit entsteht der Unterdruck und so kann ich ein bisschen dosieren, wie stark der Unterdruck sein soll."
Per Schalter kann Dirk Richter die Saugkanüle auch in eine Spritzdüse umwandeln. Aus ihr tritt dann ein Hochdruckstrahl aus.
"Kann man sich so vorstellen wie ein Dampfreiniger an der Tankstelle oder ein Kärcher im Garten, damit wird das Fettgewebe sehr schonend herausgelöst."
"Ich habe jetzt ein kleines Loch gestochen, etwa ein Millimeter, zwei Millimeter und da gehe ich jetzt mit meiner kleinen Kanüle herein, gehe jetzt praktisch in den eingezeichneten Bereich und dann kann ich über einen Fußschalter, ohne dass ich jetzt sauge, diesen Dampfstrahler betätigen und das Gewebe sehr schonend infiltrieren."
Jetzt schaltet Dirk Richter auf Absaugen um.
"Jetzt gehe ich hin, halte das Loch zu. Jetzt gehe ich ganz feinen Bewegungen hin und löse das Gewebe vorsichtig heraus. Man sieht einen klaren Schlauch an der Kanüle und aus diesem klaren Schlauch kommt ganz helles, gelbes, blutarmes Fett heraus. Daraus kann ich kontrollieren, dass der Absaugprozess erfolgreich ist und kann auch gleichzeitig kontrollieren, dass keine Blutung auftritt."
Nach einer Stunde ist der Chirurg fertig und mit dem Ergebnis zufrieden. Drei Liter Fett hat er entnommen, bis zu fünf sind bei einer OP möglich. Die Patientin muss jetzt noch eine Nacht zur Beobachtung auf Station bleiben. Wie bei jeder OP gibt es auch bei der Fettabsaugung Risiken. Dazu zählt die Thrombosegefahr, aber auch die Gefahr von inneren Verletzungen durch die Absaugkanüle. Schließlich gibt es auch ästhetische Risiken, sagt Stefan Schill:
"Man kann natürlich auch zu viel absaugen, das würde dann bedeuten, dass zwischen der Haut und der darunter liegenden Muskulatur zu wenig Fettgewebe vorhanden ist, dann würde die Haut in der Tiefe ankleben und dann gibt es diese so genannten Dellen, die natürlich keiner haben möchte."
Weiterhin auf das Gewicht achten
Aber auch eine gelungene Fettabsaugung bedarf einer intensiven Nachsorge. Die Patienten müssen über mehrere Wochen ein Korsett tragen. Und sie müssen darauf achten, dass sie nicht zunehmen. Im abgesaugten Bereich wird die Zahl der Fettzellen zwar stark reduziert, diese Fettpolster kommen daher auch nur sehr langsam zurück. Aber das heißt umgekehrt: Wer zunimmt, baut seine Fettposter womöglich an anderer Stelle umso stärker auf. Stefan Schill:
"Deshalb empfehle ich den Patienten unbedingt, dass man in jedem Fall das Gewicht halten sollte, dass es auch in jedem Fall sinnvoll ist, dass man sich zusätzlich ernährungsmäßig und sportlich so einstellt, dass man das hält oder gegebenenfalls Gewicht weiter reduzieren kann."
(Dieser Beitrag ist eine Wiederholung vom 4.3.2014.)