Bei normaler, entspannter Mundstellung haben Zähne gar keinen Kontakt miteinander. Nur zum Essen, zum "Mahlen", benötigt der Mensch seine Kauwerkzeuge. Es sei denn, er fletscht, will "die Zähne zeigen" oder sie eben "zusammenbeißen". Das Zähneaufeinanderpressen in Phasen höchster Konzentration ist ungesund, ebenso Zähneknirschen im Schlaf. Die Geräusche dabei sind bei einzelnen Menschen verschieden, könnte sich etwa so anhören.
Viele Kilogramm kann der Druck betragen, der auf Kiefer und Zähne beim nächtlichen Pressen und Knirschen wirkt. Für den Zahnarzt ist nur die eine Form, das Zähneknirschen, sichtbar.
"Es hinterlässt ja den Abrieb, den die Zähne erfahren, so dass man Schlifffacetten erkennen kann; das Zähnepressen, das statische Aufeinanderbeißen, hinterlässt keine Spuren auf den Zähnen."
… erläutert Dr. Ingrid Peroz, Spezialistin für Funktionsstörungen. Sie leitet am Zentrum für Zahnmedizin der Berliner Charité eine Kiefergelenkssprechstunde. Als Bruxismus werden in der Fachsprache Zähnepressen und -knirschen zusammengefasst, und das Phänomen wirkt sich eben nicht nur auf die Beißer selbst aus.
"Man korreliert mit Bruxismus häufig Funktionsstörungen der Kaumuskulatur; auch Kiefergelenkserkrankungen sind häufig in Verbindung zu bringen mit Zähneknirschen und -pressen, auch das kann man durch eine entsprechende klinische Funktionsdiagnostik heraus finden."
Und die Folgen sind erheblich: Von Zahn- und Kieferschmerzen beim Aufwachen bis hin zu Dauerschäden an Zahnsubstanz und Halteapparat in besonders schwerwiegenden Fällen. Leider sind die meisten "Presser" und "Knirscher" sich dessen gar nicht bewusst.
"Was da ein sehr probates Mittel ist, dass man die Patienten beauftragt, sich selbst zu beobachten, immer wieder 'mal im Tagesablauf, sich sozusagen in den Mund zu gucken gedanklich, was man denn gerade tut, um zu erkennen, ob er zum Beispiel die Zähne zusammen gepresst hat, ob er knirscht, ob er die Zunge gegen den Gaumen drückt, also all diese Funktionen durchführt, die letztendlich fehlerhaft sind."
Angeborene Fehlstellungen des Gebisses etwa können das Gleiten der Zähne stören. Das kann ebenso Auslöser des Knirschens sein wie nicht perfekte Füllungen, Brücken oder Kronen.
"Zahnersatz kann natürlich auch fehlerhaft und Mitursache für Knirschen und Pressen der Zähne sein."
Und da hilft meistens schon, den Zahnersatz ein wenig abzuschleifen. In der Mehrzahl aller Bruxismus-Fälle sind jedoch seelische Spannungen die Ursache. Ingrid Peroz:
"Es gibt Untersuchungen, Menschen schrecklich aufregende Filme zu zeigen, um zu sehen, ob sie während dessen oder in der Nacht darauf mit den Zähnen knirschen, oder man hat ihnen wirklich Stress zugefügt durch Lösen von mathematischen Aufgaben zum Beispiel, um zu gucken, wie die Körperfunktionen darauf reagieren. Aber so richtig eine klare Ursache, welche Stressfunktionen es sind, gibt es nicht."
Dennoch muss ja etwas getan werden, um Dauerschäden zu vermeiden. Zunächst einmal mechanisch:
"Was man tun kann als Zahnarzt ist, dass man wenigstens eine Schutzhülle sozusagen über die Zähne stülpt, und da ist die Knirscherschiene ein probates Mittel, so dass dann die Zähne geschützt sind, und wenn dann etwas abgeknirscht wird, dann sind das eben diese künstlichen Schienen, aber die Zähne bleiben heil."
Die durchsichtigen Aufbissschienen für den Unterkiefer sollten während des Schlafes und auch möglichst am Tag getragen werden, wenn man nicht gerade sprechen muss oder essen möchte. In der Standardausführung sind sie aber nicht der Weisheit letzter Schluss.
"Die sinnvolleren Schienen sind solche, die eingeschliffen sind. Ganz passend auf das Gebisssystem des Patienten, so dass ein ganz harmonischer Biss resultiert, und Fehler, die im Gebiss ja möglicherweise sind, wenigstens über die Schiene ausgeglichen sind. Außerdem sollte die Schiene, wenn der Patient nach rechts knirscht oder nach links oder nach vorne, dann eben auch eine Führung haben, eine Eckzahnführung, das sind so kleine Hügelchen, Drakula-Eckzähnen ähnlich vielleicht, die dazu führen, dass nur die Eckzähne in Kontakt sind, die eben als längste Zähne im menschlichen Gebiss dafür auch da sind."
Letztlich beseitigt dies alles aber nicht die seelischen Ursachen, das "Auf-die-Zähne-Beißen-und-Durch", den schlecht bewältigten Stress. Hier helfen Entspannungsübungen.
"Eine günstige Möglichkeit sich zu entspannen sind die Muskelentspannungen nach Jacobsen, das heißt, erst einmal bewusst zu machen: Wenn ich meine Kaumuskulatur anspanne, also bewusst auf die Zähne presse, um dann im Gegenzug den Unterkiefer locker zu lassen und sich wieder zu entspannen. Eine weitere Möglichkeit für Patienten, die sich zum Beispiel ohnehin mit autogenem Training befassen, wäre es, sich vorzustellen, der Unterkiefer sei ganz schwer und dadurch sacken zu lassen, wobei die Lippen ruhig geschlossen sein sollen. Oder eine ganz einfache Atemübung, dass man tief Luft holt, die Luft langsam durch die leicht geöffneten Lippen abströmen lässt, und wenn die Luft dann entwichen ist, die Lippen nur leicht aufeinander zu legen."
Beim Zähneknirschen ist der Zusammenhang zwischen Verhalten und Folgen an einer definierbaren körperlichen Stelle besonders klar. Bei derartigen psychosomatischen Störungen soll vielen Menschen "Biofeedback" helfen. Auf die Wangen geklebte Sensoren übertragen Bewegungen des Kaumuskels an einen kleinen Apparat und ein Alarmsignal erinnert ans Unbewusste. Privatdozentin Peroz hält das für durchaus sinnvoll.
"Dass Problem besteht nämlich darin, dass man sich dessen nicht bewusst ist, dass man mit den Zähnen presst und knirscht, und wenn der Patient sehr lange nicht auf sich achtet, ist dieser Zeitraum des Pressens und Knirschens eben ein zu langer, und da können solche Geräte - zum Beispiel durch einen Piepton - dem Patienten aufzeigen: Vorsicht, die Zähne sind wieder in Kontakt, die Muskeln sind zu verspannt, der Patient kann dann eben auch leichter lernen, den Unterkiefer locker und entspannt zu halten."
Was aber, wenn gegen tiefer sitzende seelische Probleme, die sich in starkem Zähnepressen und -knirschen äußern, Entspannung nicht ausreicht?
"Wenn wir dann feststellen, dass der Patient wirklich große psychische Probleme hat, dann ist der Zahnarzt in dem Moment hilflos. Und dann braucht man Kooperation mit entsprechenden Fachkollegen aus der Psychotherapie und was da sicherlich am sinnvollsten ist, sind zunächst einmal verhaltenstherapeutische Maßnahmen, aber ich denke, es bleibt dann auch den entsprechenden Fachkollegen vorbehalten, für den Patienten individuellere Therapie festzulegen."
Die Uni-Zahnärztin räumt aber auch ein:
"Es gibt psychologische Bereiche, die wir auch in der Ausbildung den Studierenden mitgeben, aber die Ausbildung ist unzulänglich, was die Behandlung dieser Patienten letztendlich in der Tat betrifft."
Zum Schluss eine mögliche Beruhigung für Eltern: Bei Kindern muss Zähneknirschen nicht krankhaft sein und gibt sich oft von selbst. Allerdings herrscht auch hier noch ein wenig Unklarheit, sagt Dr. Peroz.
"Es wird diskutiert, dass dies ein normales Phänomen ist. Kinder sind ja in einer Phase, wo das Gebisssystem sich zunächst einmal finden muss, und in dieser Phase stimmt natürlich hie und da der Biss überhaupt nicht. Es wird aber auch diskutiert, dass auch kleine Kinder oder Jugendliche mit dem Problem psychischer Überforderung konfrontiert sind und dass daraus dann eben das Problem entsteht, dass sie mit den Zähnen auch arbeiten - also auch hier der Ansatz sowohl des körperlichen als auch des seelischen."
Viele Kilogramm kann der Druck betragen, der auf Kiefer und Zähne beim nächtlichen Pressen und Knirschen wirkt. Für den Zahnarzt ist nur die eine Form, das Zähneknirschen, sichtbar.
"Es hinterlässt ja den Abrieb, den die Zähne erfahren, so dass man Schlifffacetten erkennen kann; das Zähnepressen, das statische Aufeinanderbeißen, hinterlässt keine Spuren auf den Zähnen."
… erläutert Dr. Ingrid Peroz, Spezialistin für Funktionsstörungen. Sie leitet am Zentrum für Zahnmedizin der Berliner Charité eine Kiefergelenkssprechstunde. Als Bruxismus werden in der Fachsprache Zähnepressen und -knirschen zusammengefasst, und das Phänomen wirkt sich eben nicht nur auf die Beißer selbst aus.
"Man korreliert mit Bruxismus häufig Funktionsstörungen der Kaumuskulatur; auch Kiefergelenkserkrankungen sind häufig in Verbindung zu bringen mit Zähneknirschen und -pressen, auch das kann man durch eine entsprechende klinische Funktionsdiagnostik heraus finden."
Und die Folgen sind erheblich: Von Zahn- und Kieferschmerzen beim Aufwachen bis hin zu Dauerschäden an Zahnsubstanz und Halteapparat in besonders schwerwiegenden Fällen. Leider sind die meisten "Presser" und "Knirscher" sich dessen gar nicht bewusst.
"Was da ein sehr probates Mittel ist, dass man die Patienten beauftragt, sich selbst zu beobachten, immer wieder 'mal im Tagesablauf, sich sozusagen in den Mund zu gucken gedanklich, was man denn gerade tut, um zu erkennen, ob er zum Beispiel die Zähne zusammen gepresst hat, ob er knirscht, ob er die Zunge gegen den Gaumen drückt, also all diese Funktionen durchführt, die letztendlich fehlerhaft sind."
Angeborene Fehlstellungen des Gebisses etwa können das Gleiten der Zähne stören. Das kann ebenso Auslöser des Knirschens sein wie nicht perfekte Füllungen, Brücken oder Kronen.
"Zahnersatz kann natürlich auch fehlerhaft und Mitursache für Knirschen und Pressen der Zähne sein."
Und da hilft meistens schon, den Zahnersatz ein wenig abzuschleifen. In der Mehrzahl aller Bruxismus-Fälle sind jedoch seelische Spannungen die Ursache. Ingrid Peroz:
"Es gibt Untersuchungen, Menschen schrecklich aufregende Filme zu zeigen, um zu sehen, ob sie während dessen oder in der Nacht darauf mit den Zähnen knirschen, oder man hat ihnen wirklich Stress zugefügt durch Lösen von mathematischen Aufgaben zum Beispiel, um zu gucken, wie die Körperfunktionen darauf reagieren. Aber so richtig eine klare Ursache, welche Stressfunktionen es sind, gibt es nicht."
Dennoch muss ja etwas getan werden, um Dauerschäden zu vermeiden. Zunächst einmal mechanisch:
"Was man tun kann als Zahnarzt ist, dass man wenigstens eine Schutzhülle sozusagen über die Zähne stülpt, und da ist die Knirscherschiene ein probates Mittel, so dass dann die Zähne geschützt sind, und wenn dann etwas abgeknirscht wird, dann sind das eben diese künstlichen Schienen, aber die Zähne bleiben heil."
Die durchsichtigen Aufbissschienen für den Unterkiefer sollten während des Schlafes und auch möglichst am Tag getragen werden, wenn man nicht gerade sprechen muss oder essen möchte. In der Standardausführung sind sie aber nicht der Weisheit letzter Schluss.
"Die sinnvolleren Schienen sind solche, die eingeschliffen sind. Ganz passend auf das Gebisssystem des Patienten, so dass ein ganz harmonischer Biss resultiert, und Fehler, die im Gebiss ja möglicherweise sind, wenigstens über die Schiene ausgeglichen sind. Außerdem sollte die Schiene, wenn der Patient nach rechts knirscht oder nach links oder nach vorne, dann eben auch eine Führung haben, eine Eckzahnführung, das sind so kleine Hügelchen, Drakula-Eckzähnen ähnlich vielleicht, die dazu führen, dass nur die Eckzähne in Kontakt sind, die eben als längste Zähne im menschlichen Gebiss dafür auch da sind."
Letztlich beseitigt dies alles aber nicht die seelischen Ursachen, das "Auf-die-Zähne-Beißen-und-Durch", den schlecht bewältigten Stress. Hier helfen Entspannungsübungen.
"Eine günstige Möglichkeit sich zu entspannen sind die Muskelentspannungen nach Jacobsen, das heißt, erst einmal bewusst zu machen: Wenn ich meine Kaumuskulatur anspanne, also bewusst auf die Zähne presse, um dann im Gegenzug den Unterkiefer locker zu lassen und sich wieder zu entspannen. Eine weitere Möglichkeit für Patienten, die sich zum Beispiel ohnehin mit autogenem Training befassen, wäre es, sich vorzustellen, der Unterkiefer sei ganz schwer und dadurch sacken zu lassen, wobei die Lippen ruhig geschlossen sein sollen. Oder eine ganz einfache Atemübung, dass man tief Luft holt, die Luft langsam durch die leicht geöffneten Lippen abströmen lässt, und wenn die Luft dann entwichen ist, die Lippen nur leicht aufeinander zu legen."
Beim Zähneknirschen ist der Zusammenhang zwischen Verhalten und Folgen an einer definierbaren körperlichen Stelle besonders klar. Bei derartigen psychosomatischen Störungen soll vielen Menschen "Biofeedback" helfen. Auf die Wangen geklebte Sensoren übertragen Bewegungen des Kaumuskels an einen kleinen Apparat und ein Alarmsignal erinnert ans Unbewusste. Privatdozentin Peroz hält das für durchaus sinnvoll.
"Dass Problem besteht nämlich darin, dass man sich dessen nicht bewusst ist, dass man mit den Zähnen presst und knirscht, und wenn der Patient sehr lange nicht auf sich achtet, ist dieser Zeitraum des Pressens und Knirschens eben ein zu langer, und da können solche Geräte - zum Beispiel durch einen Piepton - dem Patienten aufzeigen: Vorsicht, die Zähne sind wieder in Kontakt, die Muskeln sind zu verspannt, der Patient kann dann eben auch leichter lernen, den Unterkiefer locker und entspannt zu halten."
Was aber, wenn gegen tiefer sitzende seelische Probleme, die sich in starkem Zähnepressen und -knirschen äußern, Entspannung nicht ausreicht?
"Wenn wir dann feststellen, dass der Patient wirklich große psychische Probleme hat, dann ist der Zahnarzt in dem Moment hilflos. Und dann braucht man Kooperation mit entsprechenden Fachkollegen aus der Psychotherapie und was da sicherlich am sinnvollsten ist, sind zunächst einmal verhaltenstherapeutische Maßnahmen, aber ich denke, es bleibt dann auch den entsprechenden Fachkollegen vorbehalten, für den Patienten individuellere Therapie festzulegen."
Die Uni-Zahnärztin räumt aber auch ein:
"Es gibt psychologische Bereiche, die wir auch in der Ausbildung den Studierenden mitgeben, aber die Ausbildung ist unzulänglich, was die Behandlung dieser Patienten letztendlich in der Tat betrifft."
Zum Schluss eine mögliche Beruhigung für Eltern: Bei Kindern muss Zähneknirschen nicht krankhaft sein und gibt sich oft von selbst. Allerdings herrscht auch hier noch ein wenig Unklarheit, sagt Dr. Peroz.
"Es wird diskutiert, dass dies ein normales Phänomen ist. Kinder sind ja in einer Phase, wo das Gebisssystem sich zunächst einmal finden muss, und in dieser Phase stimmt natürlich hie und da der Biss überhaupt nicht. Es wird aber auch diskutiert, dass auch kleine Kinder oder Jugendliche mit dem Problem psychischer Überforderung konfrontiert sind und dass daraus dann eben das Problem entsteht, dass sie mit den Zähnen auch arbeiten - also auch hier der Ansatz sowohl des körperlichen als auch des seelischen."