Jede Stadt hat so ihre Themen. Dinge, über die die Menschen reden und über die sich Politiker den Kopf zerbrechen. In Frankfurt reden die Leute zum Beispiel darüber, wie man die Grünflächen am Main besser nutzen könnte. Oder über den Gestank am Hauptbahnhof. Oder darüber, dass man den Museumspark in Sachsenhausen erhalten sollte. Tippt man diese Themen bei Google ein, findet man viele Einträge. Unter den ersten Ergebnissen ist nicht immer die offizielle Seite der Stadt Frankfurt. Auch nicht immer eine der Frankfurter Tageszeitungen. Dafür taucht jedes Mal die Seite Frankfurt-Gestalten.de auf. Jürgen Eichholz hat sie gemeinsam mit ihrem Erfinder Christian Kreutz in Leben gerufen.
"Frankfurt-Gestalten ist eine Plattform, über die sich die Bürger selber vernetzen können und über lokalpolitische Geschehnisse austauschen können. Das ganze über eine Karte, die man in Browser anklicken kann und dann sieht man für seinen Stadtteil, was wo diskutiert wird."
Wer auf eine Diskussion klickt, sieht, was die Nutzer der Seite zu dem Thema schreiben. Es gibt Links zu Zeitungsartikeln und auch Beschlüsse der Magistrate oder der Stadtverordnetenversammlung finden sich hier. Diese Dokumente beziehen die Macher der Seite über das Frankfurter Parlamentsinformationssystem und arbeiten sie auf. Eichholz:
"Das heißt also, dass wir die verschlagworten, verorten auf der Webseite. Und dem Bürger zugänglicher machen, sodass der Bürger was damit anfangen kann und das nicht irgendwo kryptisch sich da von einem Link, von einer Seite zur nächsten durchklickt. Sondern sieht sofort: Aha, für meinen Stadtteil, für meine Straße gibt es die und die Information."
Laut den Machern sind es im Monat um die 6000 Nutzer, die sich so informieren. Die Plattform ist ein Beispiel für ein so genanntes hyperlokales Angebot. Ein Begriff, der hierzulande häufig im Journalismus auftaucht: Dort, wo lokale Zeitungen verschwinden, entstehen kleine Blogs, die über einen Stadtteil oder ein Viertel berichten. Wegen ihrer kleinen Zielgruppe, können sie nur im Internet existieren. Frankfurt-Gestalten überträgt dieses Konzept auf Diskussionen. An die 100 Kommentare finden sich zu den lokalen Themen. So auch zum Museumspark. Einer, der da aktiv mitdiskutiert hat, ist Ralf Bertram. Er kennt die Frankfurter Politik auch von den offiziellen Seite, denn er war Frankfurter Ortsbeirat. Als Ehrenamtler hat er die Belange der Bürger für die Stadtverordnetenversammlung vorsortiert.
"Ich fand es eigentlich sehr interessant und sehr gut, dass sich tatsächlich mal Leute für Kommunalpolitik interessiert haben. Hier in der Satzung der Ortsbeiräte steht drin, diese Ortsbeiräte wären die Schnittstelle zum Bürger. Und ich denke, das Internet ist einfach eine ganz neue Schnittstelle."
Doch eine echte Schnittstelle zwischen Politik und Bürgern ist Frankfurt-Gestalten nicht. Denn die Stadt reagiert nicht offiziell auf die Seite. Manche Stellen haben gar keine Berührungspunkte mit ihr. Andere, wie etwa das Planungsdezernat, nutzen sie als Informationsquelle, wie die Diskussionen so verlaufen. Das würde Jürgen Eichholz gerne ändern.
"Bis jetzt hatten wir noch nicht diesen offiziellen Rückkanal der Stadt Frankfurt, der uns ermöglicht hat, dass diese Diskussionen auch außerhalb weitergeführt werden können. Also so eine Programmierschnittstelle für die Stadt Frankfurt, damit sie a) Inhalte liefern kann und b) auch wieder rausziehen kann für sich, für ihre Diskussion."
Gerade legt Eichholz die Seite gemeinsam mit zwei anderen Gründungsmitgliedern neu auf. Sie soll benutzerfreundlicher werden. Und eine Art inoffiziellen Rückkanal zur Stadt hat er auch vorgesehen: Er will den Ortsbeiräten in Zukunft regelmäßig Emails schicken. Eine Art "best-of" der Diskussionen aus ihrem Wahlkreis. So stellt Eichholz das Konzept E-Government auf den Kopf: Denn E-Government bedeutet eigentlich, dass eine Stadt über das Internet auf den Bürger zugeht. Bei Frankfurt-Gestalten.de gehen die Bürger über das Internet auf die Stadt zu.