"RebellComedy" spielt auch mit Religions-Klischees - etwa in jenem Programmausschnitt, in dem ein junger Iraner, der in Deutschland aufgewachsen ist, mit seinen Eltern in sein Heimatland fliegt. Er wird am Zoll angehalten, weil er eine kurze Hose trägt. Das ist im Iran aus religiösen Gründen nicht erlaubt:
"Wie, ich darf keine kurze Hose tragen? Wie? Ist nicht islamisch? Was ist denn mit meiner Hose? Ist die aus Schweineleder? Nein! Die ist Made in Bangladesch. Noch mehr Halal geht nicht!”
Dieser Ausschnitt aus einem Programm der Gruppe "RebellComedy" ist ein typisches Beispiel dafür, wie muslimische Comedians sich lustig machen über religiös-kulturelle Konflikte. "Ganz Deutschland lacht über muslimische RebellComedy, denn sie sind jung, frisch und multikulti", wirbt der Westdeutsche Rundfunk, der die Gruppe regelmäßig in seinem Fernsehprogramm hat. Ususmango, so sein Künstlername, ist einer der Gründer von "RebellComedy":
"Wir sind deutschlandweit die erfolgreichste Comedy-Show, die es gibt. Keiner tourt so groß wie wir. Wir haben eine Sendung, wo die größte Zielgruppe über 50 ist und größtenteils deutsch ohne Migrationshintergrund ist. Wir sind relevant für Deutschland."
Blond und deutsch - und dennoch kanackisch?
Ususmangos Eltern stammen aus Saudi-Arabien. Er ist in Deutschland aufgewachsen. Als Jugendlicher saß er oft vor dem Fernseher und fragte sich, warum da keine lustigen Muslime zu sehen waren. Es gab nur Deutsche, die Muslime imitierten und karikierten.
"Erkan und Stefan ist ein sehr bekanntes Beispiel, wo jemand so tut, als wäre er Türke oder Marokkaner, und er spricht dieses Kanackische und macht sich darüber lustig, und ich sehe doch, der ist blond und deutsch."
Um es nicht deutschen Komikern zu überlassen, sich mit Muslimen zu beschäftigen, haben Ususmango und seine Freunde sich entschlossen, diese Lücke zu füllen. Sie wollen zeigen, dass auch Muslime comedy-tauglich sind und über sich selbst lachen können.
"Die Leute in der Schweiz, das sind keine Deutschen. Du merkst das direkt, die sind viel höflicher als wir hier, viel höflicher. Ich war im Bus und ich muss niesen und der ganze Bus: 'G´sundheit'…"
Hier möglich, was in vielen islamischen Ländern unmöglich ist
Muslime, die Comedy machen. Ein noch ungewöhnliches Bild in den Medien. Auch die meisten Muslime mussten sich erst daran gewöhnen. Aber vor allem junge Muslime empfinden die Auftritte muslimischer Comedians als etwas Befreiendes. Denn es zeigt ihnen: Hier kann für Muslime normal sein, was in einigen islamischen Ländern so nicht üblich ist. Ususmango über die Reaktionen auf ihre Programme:
"Wir haben sehr häufig am Anfang der Show die Email bekommen: 'Endlich konnte ich mal locker lassen.' Was gab es davor, wo Du hingegangen bist? Es gab entweder die Party, wo du deinem Vater nicht sagst: 'Ich war gestern auf einer Party.' Meistens ist das nicht konform mit dem, wo du herkommst."
Aus dem Programm von "Rebell Comedy":
"Viele Sachen machen mich dankbar, zum Beispiel, dass ich in Deutschland aufgewachsen bin. Weil, deswegen ist mein Freundeskreis richtig durchmischt. Wäre ich im arabischen Land geblieben, im Land meiner Eltern, da wären nur Araber drin im Telefonbuch, oder? Abdul, Abdul, Abdul, Abdul, Abdul…"
Comedy-Gruppen sind für viele Firmen besonders attraktive Werbeträger, da man mit ihnen ein meist jüngeres Publikum erreicht. Die Mitglieder von "RebellComedy" haben jedoch klare Vorstellungen, was sie als gläubige Muslime akzeptieren und was nicht.
"Nein, keine Bitburger-Werbung. Nein, nicht Bacardi-Werbung, Alkohol, Tabak, irgendwas mit Clubs, diese ganzen Sponsoren kriegst du sehr, sehr einfach. Wenn du nicht von Anfang an sagst 'So etwas machen wir nicht!', dann wirst du irgendwann mal sagen '50.000 € für so einen kleinen Banner von Bitburger?' Dann wirst du vielleicht schwach."
Das RebellComedy-Team ist auch davon überzeugt, dass man in Sachen Humor einiges von Mohammed, dem Propheten, lernen könne. Zum Beispiel aus den Überlieferungen seiner Sprüche und Taten:
"Es gibt sehr viele Hadithe, wo man mitbekommt, dass der Prophet auch Humor hatte, dass er cool war mit seiner Frau, was die für Wettrennen gemacht haben, dass er einfach eine fröhliche Persönlichkeit war mit Ausstrahlung."
Auch Mohammed hat gelacht
Diese Meinung vertritt auch der deutsche Sufi-Scheich Hassan Dyck, der einer islamisch-mystischen Bewegung angehört. Dass viele Muslime heute anders auftreten - das bedauert er. Denn der Sufi-Scheich ist überzeugt:
"Islam ist Freude und Humor und Lachen. Der Prophet hat gelacht, das weiß man. Er hat viel gelacht mit seinen Gefährten. Der hat auch Witze gemacht. Das ist alles bekannt."
Dennoch werden Muslime heute meist als humorlos angesehen. Der Sufi-Scheich nennt die Ursache und lacht dabei:
"Wenn du dich selber zu ernst nimmst, dann ist es vorbei. Dann nimmst du dich ernst… 'Jetzt wird es ernst!' So ernst wird es nie. So ernst kann es gar nicht sein. Weil dein Leben ist jetzt nicht so eine Riesenstory."
Radikale religiöse Positionen der Lächerlichkeit preisgeben
Wenn Muslime auf Humor, besonders auf Satire, immer wieder mit Gewalttaten reagieren, ist das für den Sufi-Scheich ebenso inakzeptabel wie für Comedian Ususmango:
"Der Prophet hat die schlimmsten Sachen erlebt, und er hat nicht seine Emotionen fliegen lassen und ist da nicht so umgegangen mit diesen Beleidigungen gegen seine eigene Person, wie wir das teilweise machen, oder wo wir sagen 'Ja, diese Botschaft müssen wir jetzt auf jeden Fall in die Luft sprengen' - oder so ein Quatsch".
Woran liegt es also, wenn sich manche Muslime bei einem humorvollen Umgang mit ihrer Religion in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen?
"Das kann auch passieren, aber das ist ein deutliches Zeichen von Dummheit. Comedy und Ironie hat meistens so ein Mindest-Eintrittslevel von Gehirn."
Für Ususmango und seine Freunde ist Comedy eine Art Aufklärungsarbeit, um zu radikale religiöse Positionen der Lächerlichkeit preiszugeben. Die humoristische Perspektive könne besonders auch junge Muslime zum Nachdenken anregen. Denn Humor, davon ist der Comedian überzeugt, ist oft die beste Methode, um vermeintlich unverzichtbare religiöse Standpunkte in Frage zu stellen.