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Rechtsextremismus in der Truppe
"Die Bundeswehr ist kein Spiegel der Gesellschaft mehr"

Seit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht hat die Bundeswehr nach Ansicht des Historikers Michael Wolffsohn eine enorme Personalknappheit und zieht in überproportionaler Weise extremistische Kräfte an. Im DLF sagte er, diese erhielten in der Armee eine kostenlose Ausbildung an militärischem Gerät und könnten relativ leicht Waffen oder Sprengstoff stehlen.

Michael Wolffsohn im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Michael Wolffsohn, Historiker, aufgenommen während der ARD-Talksendung "Anne Will".
    Der Historiker Michael Wolffsohn (picture alliance / Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/ZB)
    Der Fall eines festgenommenen Oberleutnants, der im Verdacht steht, einen fremdenfeindlichen Anschlag vorbereitet zu haben, habe ihn nicht überrascht "weil Pannen in jeder Bürokratie passieren können und die Bundeswehr ist eine Riesenbürokratie."
    Das eigentliche Problem sei die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Damit öffne sich jede Armee Kreisen, die eine viel stärkere Nähe zu Streitkräften, zum Militär, zu Gewalt haben. "Jede Streitkraft, in der es keine allgemeine Wehrpflicht gibt, ist kein Spiegel der Gesellschaft mehr, sondern zieht in überproportionaler Weise extremtische Kräfte an. Denn vergessen wir nicht, es sind ja auch schon Islamisten in der Bundeswehr entdeckt und von dieser entfernt worden."
    "Nicht alle sind potenzielle Extremisten"
    Die Bundeswehr habe ein Personalproblem. Das hätten alle Streitkräfte, in denen es keine allgemeine Wehrpflicht mehr gibt. "Dann können Sie nicht mehr, wie im Restaurant, die gesamte Speisekarte bestellen, sondern nur einige Gerichte, die übrig geblieben sind. Das zu sagen heißt aber nicht, das alle, die in die Bundeswehr kommen, potenzielle Extremisten wären; aber in überproportionaler Weise kommen dann Extremisten in die Streitkraft, in diesem Falle in die Bundeswehr. In der Bundeswehr erhalten die Extremisten eine kostenlose Ausbildung , wie mit militärischen Gerät umzugehen ist". Zweitens könne man dann auf relativ leichte Art und Weise Waffen und Sprengstoff stehlen, so Wolffsohn.
    "Man muss sich über die Folgeprobleme im Klaren sein"
    Die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht sei nur kurzfristig ein großer Erfolg gewesen, ergänzte der Historiker, der bis 2012 an der Universtät der Bundeswehr in München lehrte. "Wenn man die allgemeine Wehrpflicht abschafft, muss man sich über die Folgeprobleme im Klaren sein und das ist weder in Deutschland der Fall noch in anderen Staaten, in denen es keine allgemeine Wehrpflicht mehr gibt."
    Hinweis: Das Gespräch können Sie mindestens sechs Monate lang als Audio-on-demand abrufen.