Lautstarke Freude bei den Jobbik-Anhängern vor einem Jahr. Parteichef Gábor Vona kann nach der Europawahl einen Erfolg vermelden.
"Heute ist Jobbik die zweitstärkste Partei in Ungarn."
Die Glückssträhne der Rechtsextremen ist seitdem nicht abgerissen. Zuletzt konnten sie bei Nachwahlen in Westungarn punkten. Nur noch wenig Abstand trennt die Rechtsaußen-Gruppierung mittlerweile von der Regierungspartei Fidesz.
"Jeden Morgen stehen wir so auf, dass wir bereit sind, die Regierung zu übernehmen," prahlte der Jobbik-Chef jüngst auf dem Parteitag seiner Formation. Jobbik will die Wähler der Mitte erobern. Deshalb musste ein Imagewechsel her. Vona nennt seine Rechtsextremen mittlerweile "Volkspartei", kuschelte im Wahlkampf mit Hundewelpen und fraß auch ideologisch Kreide.
"Wer sich nach Nazi-Romantik sehnt, nach Pogromen, oder vulgär-aggressiver Politik, der hat in der Partei keinen Platz, der hat sich in der Hausnummer geirrt."
Fidesz-Wähler laufen in Scharen über
Das kommt offenbar an. In Scharen laufen ehemalige Wähler der Regierungspartei Fidesz davon und zu Jobbik über. Die Rechtsextremen präsentieren sich als junge Kraft: unverbraucht, nicht korrupt. Virtuos mit den Neuen Medien spielend. Der Politologe Bulcsú Hunyadi von der Budapester Denkfabrik Political Capital meint:
"In den Städten sieht man, dass die Menschen immer kritischer gegenüber der Regierung werden. Und diese Menschen werden dann eher unentschlossene Wähler. In ländlichen Gebieten gehen diese Menschen dann zu Jobbik über. Auf dem Land bedeutet Jobbik die größte Gefahr für Fidesz."
Orbans Taktik-Themen: Todesstrafe und Zuwanderung
In diesem Machtkampf heißt die Antwort von Regierungschef Viktor Orbán: Seine Rhetorik wird radikaler, er setzt auf Themen der Rechtsextremen. Etwa Todesstrafe und Zuwanderung.
"Wenn wir Ungarn vor den Massen der Wirtschaftsflüchtlinge retten wollen, die für nicht kontrollierbare Spannungen sorgen, sagt Orbán, müssen wir auch die europäische Einwanderungspolitik ändern."
Einen eigenen Weg gehen zu wollen propagiert Orbán auch beim Thema Todesstrafe. Dabei verbietet die EU-Grundrechte-Charta die Todesstrafe in einem EU-Mitgliedstaat. Brüssel drohte Ungarn sogar mit Rausschmiss. Orbán setzt auf die nationale Karte, verkauft sich als ungarischer Freiheitskämpfer, seit Jahren. Doch mit immer weniger Erfolg, meint Politologe Gábor Török.
Die Wähler ermüdet dieser Regierungs- und Politikstil langsam. Seit Monaten protestieren die Ungarn gegen ihre Regierung. Internetsteuer, schlechte Zukunftsaussichten, niedrige Löhne, Korruption: Diese Themen mobilisieren Tausende über die Parteigrenzen hinweg. Vom Frust profitiert Jobbik. Politologe Török warnt.
Jobbik erscheint heute noch nicht als Partei für einen Regierungswechsel. Doch sie wird Kräfte bündeln können, nicht dieses Jahr, aber vielleicht schon 2016 oder 2017. Darauf bereitet sich Jobbik vor.