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Reform der Limbach-Kommission
"Es sind zu einem großen Teil tatsächlich Verbesserungen"

Die Limbach-Stiftung soll reformiert werden. Sie vermittelt seit 13 Jahren zwischen Tätern und Opfern, wenn es um NS-Raubkunst geht. Bisher saßen in der Kommission keine Opfervertreter: Nur einer von sieben Punkten, die sich nach dem Willen der Kulturstaatsministerin Monika Grütters ändern sollen, erläuterte DLF-Kulturexperte Stefan Koldehoff.

Stefan Koldehoff im Gespräch mit Änne Seidel |
    NS-Raubkunst in der Universitätsbibliothek Bremen
    Künftig sollen in der Limbach-Kommission, die im Streit um Raubkunst vermittelt, auch Opfer-Vertreter sitzen. (picture alliance / dpa / Foto: Carmen Jaspersen)
    Änne Seidel: Und damit sind wir bei der Raubkunst, bei der Kunst also, die die Nationalsozialisten ihren rechtmäßigen Besitzern, meistens Juden, geraubt, oder abgepresst haben. Einige Raubkunst-Werke wurden mittlerweile restituiert, also an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben. Aber sehr vieles lagert immer noch in Museen, in Bibliotheken, in Archiven oder auch in Privatsammlungen.
    Wenn die Erben der eigentlichen Besitzer ihre Kunst heute zurückfordern wollen, dann haben sie in der Regel zwei Möglichkeiten: Entweder sie klagen, das kann langwierig und teuer werden, oder sie rufen die sogenannte Limbach-Kommission an. Ein Gremium, das seit 13 Jahren in Raubkunst-Fällen vermittelt. Allerdings gab's an dieser Kommission immer wieder viel Kritik: Sie kann zum Beispiel nur tätig werden, wenn beide Seiten zustimmen, also Opfer und die Sammlung, in der sich das Kunstwerk zurzeit befindet und: Die Beschlüsse der Kommission sind nicht bindend, sondern nur Empfehlungen.
    Darum soll die Kommission jetzt reformiert werden und die konkreten Reformpläne der Kulturstaatsministerin, die liegen dem Deutschlandfunk bereits vor. Mein Kollege Stefan Koldehoff hat sie sich angeschaut. Was soll sich alles ändern?
    Stefan Koldehoff: Es sind sieben Punkte, die sich ändern sollen, und es sind zu einem großen Teil tatsächlich Verbesserungen in der Struktur dieser Kommission. Zu den Kritikpunkten zählte ja unter anderem auch, dass keine Opfervertreter in diesem Gremium sitzen. Das beispielsweise soll sich ändern, dadurch, dass zehn Mitglieder, nicht nur noch acht wie bislang der Kommission angehören werden und davon dann tatsächlich auch den Opferorganisationen beziehungsweise konkret auch jüdischen Organisationen zugeordnet werden sollen.
    Ein weiterer Verbesserungspunkt ist, dass es endlich eine Verfahrensordnung für diese Kommission geben soll, die dann auch öffentlich bekannt gegeben wird, wie läuft das eigentlich ab, wenn sich jemand an die Kommission wendet, was wird da an Dokumenten gesammelt, gibt es Schriftsätze, gibt es die Möglichkeit von Rede und Gegenrede. Das ist bisher alles nicht bekannt gewesen.
    Die Entscheidungen, die ja Empfehlungen sind, wie Sie gerade gesagt haben, sollen künftig ausführlich dokumentiert werden. Auch das war bisher nicht immer der Fall. Manchmal reichte eine Seite DIN A4, auf der nicht viel mehr stand als "wir haben die eine Seite gehört, wir haben die andere Seite gehört, die eine hat uns mehr überzeugt, deswegen wird das Bild bitte nicht restituiert."
    Und es sollen künftig nicht mehr nur noch öffentliche Museen, sondern auch Privatpersonen angerufen werden können, das aber, wie Sie auch schon gesagt haben, nur unter der Prämisse, dass beide Seiten dieser Anrufung zustimmen.
    "Das ist wirklich ein Trauerspiel"
    Seidel: Wird sich denn auch das durch diese Reform jetzt endlich ändern?
    Koldehoff: Nein, daran ändert sich leider nichts, und das ist wirklich ein Trauerspiel. Wenn man nämlich sieht, dass es diese Kommission seit 2003 gibt und dass seitdem gerade mal 13 Fälle verhandelt worden sind, also ein Fall pro Jahr - es gibt faktisch Dutzende, im Laufe der Jahrzehnte Hunderte von Raubkunst-Fällen, die aber alle nicht vor diese Kommission gefunden haben, und viele davon, weil die Museen im Vorfeld schon gesagt haben, nee, das sehen wir gar nicht ein, da gibt es gar keinen Anlass, unsere Argumente sind gut genug, und dann standen die Opfer wieder mal da -, das ist eigentlich schade.
    Offiziell wird es damit begründet, dass es sich ja um ein Mediationsverfahren handele und dass eine Mediation natürlich nur dann sinnvoll ist, wenn auch beide damit einverstanden sind.
    Wenn wir zwei Ärger haben über die Moderation bei "Kultur heute", dann nützt es nichts, wenn wir uns einen Vermittler suchen und aber nur eine Seite sagt, ich werde dann auch akzeptieren, was derjenige macht. Ich halte das, ehrlich gesagt, für kein überzeugendes Argument.
    Seidel: Das heißt, Sie gehen nicht davon aus, dass die Kommission in Zukunft häufiger angerufen wird als bisher?
    Koldehoff: Ich wünsche mir das und es wäre zumindest wünschenswert, dass die Fälle, in denen es nicht zu einer Anrufung kam, obwohl die Opferseite das gewollt hätte, mal dokumentiert werden und dass es vielleicht eine Art Schiedsstelle oder jedenfalls einen Informationskanal gibt, sodass jemand das Museum noch mal bitten kann, sei es nun in Landesträgerschaft, in kommunaler Trägerschaft oder in Bundesträgerschaft, wobei die sich eigentlich vorbildlich verhalten, die Bundesorganisationen, die Bundesmuseen, um denen zu sagen, überlegt es doch mal, ruft doch vielleicht doch besser an.
    "Das halte ich durchaus für eine sinnvolle Erweiterung"
    Seidel: Eine der wichtigen Forderungen von Seiten der jüdischen Verbände oder von Seiten der Opfer soll erfüllt werden. Sie haben es angesprochen. In Zukunft soll ein jüdischer Vertreter in der Limbach-Kommission sitzen oder mindestens einer. Ist das aus Ihrer Sicht denn überhaupt sinnvoll? Kann ein jüdisches Kommissionsmitglied überhaupt objektiv urteilen in so einem Fall?
    Koldehoff: Ja, das glaube ich schon. Warum sollten Museumsdirektoren oder Juristen drinsitzen, aber nicht auch jemand, der einfach nur eine andere Religionszugehörigkeit hat. Ich glaube schon, dass der genauso unvoreingenommen urteilen kann. Vor allem dann, wenn er vielleicht aus Verbänden oder aus einer Biografie oder einer Familie stammt, in der er sich besonders gut mit der Situation der Juden nach 1933 auskennt und sagen kann, was war überhaupt an Freiwilligkeit noch möglich, was schien vielleicht nur freiwillig, war tatsächlich aber Erpressung. Das halte ich durchaus für eine sinnvolle Erweiterung, ja.
    Seidel: Wie sehr sind diese Pläne denn in Stein gemeißelt? Das Bundeskabinett muss ja noch zustimmen, die Kulturminister der Länder auch. Kann es sein, dass die Pläne noch mal überarbeitet werden oder vielleicht sogar noch weiter abgeschwächt werden?
    Koldehoff: Da das, was uns hier vorliegt, ein Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, also von Monika Grütters ist, der man nun wirklich eins nicht nachsagen kann, nämlich dass ihr dieses Thema nicht wirklich am Herzen läge und sie sich seit langer Zeit sehr dafür engagiert, gehe ich davon aus, dass sie das im Vorfeld sorgfältig abgestimmt hat und dass das im Kabinett und in der Länderkammer nur noch durchgewinkt wird.
    Seidel: Also deutlich besser, aber immer noch nicht perfekt – Stefan Koldehoff war das zur geplanten Reform der Limbach-Kommission. Dankeschön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.