In einer staubigen Halle im niederbayerischen Pocking brummen Transformatoren. Es ist heiß, ratternde Ventilatoren sorgen für Kühlung. Es wird Silizium gekocht. Silizium ist ein Halbmetall. In zahllosen dunklen Scheibchen liegt es zum Beispiel auf vielen Dächern. Denn Silizium wird auch in Solaranlagen verbaut, um die Energie der Sonne in Strom umzuwandeln.
"Diese Lanze ist auch mit dem Ofentrafo verbunden und erzeugt einen kleinen Lichtbogen zwischen dem Ofeninneren und der Lanze selbst. Das ist in Wirklichkeit ein Kupferband, und da gehen ungefähr 10.000 Ampere durch."
2.000 Grad Celsius braucht es, damit aus Quarz- und
Kohle-Brocken flüssiges Silizium wird. Eine chemische Reaktion, für die es sehr viel Energie braucht. Strom einsparen kann man dabei nicht. Stefan Bauer ist Produktionsleiter bei RW Silicium in Pocking. Er rechnet vor:
"Wir haben einen Stromkostenanteil an der Produktion von circa 45 Prozent. Einen Stromverbrauch insgesamt von 480.000 Megawattstunden. Das ist also der Stromverbrauch einer größeren Stadt. Wenn wir die EEG-Umlage bezahlen müssten, die volle EEG-Umlage, dann wären das zweistellige Millionenbeträge. Bei einem Umsatz von 60, 65 Millionen wäre das nicht zu tragen."
Und die RW Silicium wäre in Gefahr. Denn: Wie im niederbayerischen Pocking wird Silizium auch in Frankreich, Norwegen, Spanien oder China hergestellt. Allerdings müssen sich die Wettbewerber dort keinerlei Gedanken über eine Energiewende machen.
"Ja, man muss immer auf der Hut sein vor der Konkurrenz. Natürlich können auch chinesische Betriebe die gleiche Qualität liefern wie wir. Früher hat man das belächelt und gesagt, nur wir in Deutschland können qualitativ so hochwertig arbeiten. Das ist jetzt nicht mehr so."
Der Preisdruck auf dem Weltmarkt ist gnadenlos. Und hierzulande stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Weshalb das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, Unternehmen wie der RW Silicium eine Sonderbehandlung zugesteht: Energieintensive Produktionsbetriebe sind von der EEG-Umlage teils befreit. Während alle anderen Stromkunden – Handwerksbetriebe wie Privatverbraucher – mit 6,24 Cent pro Kilowattstunde an der Ökostrom-Förderung beteiligt sind.
Mit dem heutigen 1. August tritt nun ein reformiertes EEG in Kraft. Und Unternehmen wie die RW Silicium müssen sich erneut als energieintensiv anerkennen lassen. Einen entsprechenden Antrag für das kommende Jahr hat Produktionsleiter Bauer schon in Arbeit.
Das in Pocking gewonnene, eher unreine Silizium wird von metallverarbeitenden Firmen und der chemischen Industrie aufgekauft. Es macht Aluminium-Legierungen hart oder wird zu Silikon oder Silikon-Öl weiterverarbeitet. Solarzellen-Hersteller zählen nicht zu Bauers Kunden, denn die benötigen reinstes Silizium. Obwohl die Solarbranche - die lange Jahre vom Trend hin zu Erneuerbaren Energien profitierte - kaum Pockinger Silizium bezieht, steht der Produktionsleiter der Energiewende erstaunlich positiv gegenüber.
Die schwere Aufgabe, den Strom im Gleichgewicht zu halten
"Viel haben natürlich die erneuerbaren Energien dazu beigetragen, die doch eine mittlerweile beachtliche Leistung ins Netz speisen. Es ist schon erstaunlich, wie der Ausbau vorangegangen ist."
Und weil die Erneuerbaren für mehr Angebot sorgen, wird Strom immer günstiger: Im Jahr 2008 lag der Strombörsenpreis noch bei über zehn Cent pro Kilowattstunde; 2013 wurden nur noch circa acht Cent verlangt. Doch von den fallenden Preisen hat die RW Silicium nichts: In der Annahme, dass Strom nicht billiger, sondern teurer wird, hat das Unternehmen seinen Bedarf an der Strombörse Leipzig mit langfristigen Verträgen abgedeckt:
"Wir haben eben genau 2006 und die Folgejahre gesehen, es geht nur in eine Richtung, nämlich nach oben. Wir decken uns ja immer langfristig mit Strom ein. Also, wir haben meistens Drei-, Vier-, Fünf-Jahres-Verträge für Strom und kaufen eben am Terminmarkt den Strom für uns ein, sodass wir auch immer noch mit hohen Strompreisen kämpfen müssen, obwohl der Spotmarkt ja schon wieder nach unten geht."
Doch Stefan Bauer grämt sich nicht. Denn man hat ihn auf ein neues Geschäftsmodell aufmerksam gemacht, mit dem seine Firma nun Geld verdient: Weil die RW Silicium ab und an bereit ist, ihre Lichtbogenöfen auf Strom-Diät setzen zu lassen, winkt eine Prämie – 15.000 Euro monatlich. Diese Idee hatte ein, vor vier Jahren neu gegründetes Münchner Unternehmen mit Namen Entelios. Doch Nutznießer des Deals ist ein Dritter: Tennet, ein Netzbetreiber. Tom Schulz, Mitgründer von Entelios, erklärt:
"Davon gibt es in Deutschland vier: Amprion, Tennet, TransnetBW in Baden-Württemberg und 50Hertz. Diese vier betreiben die großen Übertragungsnetze, Langstrecken-Übertragungsnetze. Die sind auch dafür zuständig, den Stromverbrauch und die Stromerzeugung jeder Sekunde in der Balance zu halten. Es muss wirklich jede Sekunde stimmen."
Ansonsten fließt aus den Steckdosen kein Wechselstrom mit exakt 230 Volt Spannung und 50 Hertz. Weil die Übertragungsnetzbetreiber nicht selbst Strom erzeugen, für die Qualität der Stromversorgung aber garantieren müssen, kaufen Tennet und Co. ein, was sie zum Ausbalancieren ihre Netze brauchen: Leistung bei zu niedriger, Last bei zu hoher Stromproduktion.
Das Ganze spielt sich auf einer Art virtuellem Marktplatz ab. Online schreiben die Netzbetreiber die Kontingente aus, die sie benötigen - mit Datum, Uhrzeit und Dauer. Die Bieter nennen Preise und beziffern in Megawatt, was sie an Last oder Leistung stellen könnten. Die günstigsten Angebote pickt eine Software heraus - rund um die Uhr.
Pumpspeicherkraftwerke sind ideal dafür. Das eine Mal nehmen sie den Netzbetreibern ungeplant anfallenden Strom ab und nutzen ihn, um damit Wasser aufwärts in ein Reservoir zu pumpen. Ein anderes Mal lassen sie das Wasser einfach wieder bergabwärts fließen. Den dabei entstehenden Strom geben sie an die Netzbetreiber ab – auf Knopfdruck und fast ohne Verlust kehrt die Energie ins Netz zurück. In beiden Fällen wird bezahlt, denn mit der sogenannten "Regelleistung" wird eine Dienstleistung erbracht.
Die Entwicklung intelligenter Netze
Und mit dieser Dienstleistung lässt sich Geld verdienen, das hat sich längst rumgesprochen: Die Next Kraftwerke AG aus Köln beispielsweise hat Biogas-Landwirte unter Vertrag. Die steigern ihre Leistung, wenn per Signal aus Köln Regelenergie angefordert wird. So funktioniert es auch bei Entelios. Nur, dass die Münchner nicht Stromerzeuger, sondern energiehungrige Stromverbraucher um sich scharen. In Frage kommen...
"... Prozesse, die natürlicherweise einen Puffer haben: Kältemaschinen, Hitzeerzeugung. Bei Paulaner zum Beispiel gibt es eine Grundwasserpumpe. Ein ganz triviales Teil eigentlich. Weil dahinter ein Tank ist. An so und so vielen Stunden am Tag muss die Pumpe Wasser fördern. Aber wann das genau ist, interessiert keinen Menschen. Das sind alles Sachen, die in Frage kommen."
Tom Schulz, der Entelios-Gründer, könnte nun damit prahlen, dass sein Unternehmen zum "intelligenten Stromnetz" gehört. So nennt man es, wenn sich Stromverbraucher und -erzeuger untereinander vernetzen, um die Stromversorgung und den -verbrauch zeitlich zu optimieren. Große Töne zu spucken ist jedoch nicht sein Stil; Schulz differenziert stattdessen, wägt ab.
"Diese ganze Smartmeter-Diskussion. Wo Geräte installiert werden müssen, Daten ausgetauscht werden, damit jemand mal eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank schaltet, da sehen wir uns nicht. Gar nicht. Weil das sehr, sehr kleinteilig ist, sehr aufwendig. Und es ist auch gespickt mit datenschutzrechtlichen Problemen."
Ihn interessieren nicht die kleinteiligen Dinge, sondern die großen: Wie einst die vier Lichtbogenöfen der RW Silicium im niederbayerischen Pocking. Mit ihrer Last von 60.000 Kilowatt spielen sie in einer ganz anderen Liga.
"Ja, wir haben eine Online-Anbindung an Tennet. Das heißt, die bekommen immer die aktuellen Ofendaten geliefert, sehen also genau, welche Leistung wir fahren. Und wenn die jetzt Bedarf haben, dann schicken die ein Regelleistungs-Signal an uns 'soundsoviel Megawatt müssen jetzt reduziert werden. Und dieses Signal wird direkt an unsere Öfen weitergegeben. Das heißt, wir greifen da gar nicht ein, das geht voll automatisch. Das heißt: Tennet fährt die Öfen runter."
Erklärt Produktionsleiter Stephan Bauer. Er steht unterm Dach der Halle im Leitstand, von wo aus die Öfen überwacht werden. Auf einem Monitor vor sich kann er nicht nur die Ofentemperaturen ablesen. Er sieht auch, ob die Öfen zur Netzstabilisierung verfügbar wären. Oder ob sie gerade dabei sind, gedrosselt Strom zu beziehen.
Neue Geschäftsideen mit der Energiewende
"Ofen 1 in Grün, Ofen 2 in Rot, Ofen 3 gelb und Ofen 4 in Schwarz. Aktuell eingestellte Soll-Leistung und dann die Ist-Leistung. Man sieht jetzt auch: Alle Signale sind grün. Normalerweise könnte jetzt der Netzbetreiber hier Regelleistung abrufen. Es ist alles ok."
Solange es ein, zwei, drei Mal im Monat passiert und dabei die Produktion von Silizium nicht leidet.
"Wenn die Abrufe in einem gewissen Rahmen sind, dann geht das im Rauschen der Produktion unter. Und wenn man da geringe Abrufe hat von ein paar Minuten am Tag, weil man irgendwelche Regelleistungsspitzen bedient, dann wirkt sich das nicht so auf den Produktionsplan aus."
2011 untersuchte die Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft in München, inwieweit die Industrie den Verbrauch von Strom zeitlich lenken kann. Geschäftsführer Serafin von Roon:
"Hier haben wir in mehreren Studien jetzt die Potenziale für diese Lastverschiebung quantifiziert, und da kann man sagen: Es sind ungefähr 3.000 Megawatt, die dort verschoben werden können."
Das hört sich nach viel an, deckt aber nur kurzfristige Schwankungen im Stromnetz ab: Denn 3.000 Megawatt entsprechen drei Gigawatt. 80 Gigawatt verteilt das deutsche Stromnetz aber zu Spitzenzeiten.
"Hier geht es nur um kurzfristige Korrekturen oder stabilisierende Maßnahmen. Das heißt, diese drei Gigawatt beziehen sich auf eine Zeitdauer von einer Stunde, bis dann andere Möglichkeiten der Flexibilität greifen. Hiermit kriegen wir keine Probleme hinsichtlich längerer Windflauten in Griff."
Doch was spricht dann für einen flexibilisierten Verbrauch? Nun vielleicht werden zukünftig ja Kosten reduziert. Denn wer neue Stromleitungen plant und baut, muss sich an Nachfragespitzen orientieren.
"Hier haben wir momentan die Diskussion um Reservekraftwerke, Spitzenlastkraftwerke, die nicht zur Verfügung stehen. Und Netzausbau. Und hier können wir punktuell auftretende Spitzen auch ausgleichen durch Lastverschiebung in der Industrie."
Lastverschiebung oder Lastmanagement – in den USA hat sich dafür der Begriff "Demand-Response" durchgesetzt. Von dort brachte auch Tom Schulz die Geschäftsidee für seine Firma Entelios mit:
"In den USA ist die Infrastruktur relativ schlecht ausgebaut. Es gibt sehr häufig Blackouts, es gibt auch sehr häufig so genannte Brown-Outs, wo die Spannung nur so ein bisschen wegbricht. Das ist fast schlimmer für die angeschlossenen Geräte. In Deutschland haben wir eine ganz andere Situation. Die Netze sind fast überengineered, übergebaut. Wir haben sehr viel Reserven gehabt, bisher. Auch sehr viel Überkapazität in den Erzeugerkapazitäten. Und der Auslöser hier, warum man die Verbraucher miteinbezieht in die Lieferkette, ist, weil wir immer mehr umstellen auf fluktuierende Wind- und Solarenergie."
Die Frage der Finanzierung
Bleibt die Frage, wer am Ende dafür die Rechnung bezahlt? Das Unternehmen, das Stromleistung kurzfristig freigibt, wird vom Demand-Response-Dienstleister entlohnt. Der wiederum bekommt Geld für seine erfolgreichen Regelleistungs-Offerten von den Übertragungsnetzbetreibern. Die wiederum können auf ein Budget zurückgreifen, das alle Stromkunden mit ihren "Netzentgelten" füllen. Dieses Finanzierungskonzept wurde von Kritikern schon mit den Worten "noch ein paar Blutsauger im System" kommentiert. Der Münchner Energieexperte von Roon widerspricht:
"Da muss man fairerweise sagen, dass alle Ansätze, die momentan verfolgt werden, ja nicht umlagefinanziert sind, sondern sich rein an marktwirtschaftlichen Maßstäben orientieren. Die müssen am Markt agieren. Das sehen wir im Regelleistungsmarkt, wo Entelios agiert. Hier bringen sie schaltbare Lasten in Konkurrenz zu Kraftwerken in den Markt und dadurch dass das Angebot sich vergrößert, sinkt dann der Preis."
Weshalb Befürworter die Möglichkeit der Lastenverschiebung sukzessive ausbauen wollen. Man spricht von einem "Systemreserve-Markt". Und schlägt ein Handelsvolumen von zehn Gigawatt vor. Diese Leistung würde ausreichen, um Schwankungen in der Stromversorgung auszugleichen. Wenn beispielsweise für Stunden oder Tage die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst.
Als Antwort auf die Frage nach Versorgungssicherheit legte das Bundeswirtschaftsministerium – noch unter Philipp Rösler - eine Verordnung vor, wonach einige ausgewählte fossile Kraftwerke in Bereitschaft zu halten sind. Zum Beispiel das Steinkohlekraftwerk im baden-württembergischen Walheim. 2017 läuft diese Verordnung aus. Auch darum nimmt sich Röslers Nachfolger, Sigmar Gabriel, nun das Energiewirtschaftsgesetz vor: Er will die Strommarkt-Mechanismen überarbeiten, damit auch die Erzeuger von Erneuerbaren Energien ihre Einspeisungen am Bedarf ausrichten – das war bislang nicht so. Dem SPD-Politiker geht es um Versorgungssicherheit. Und er weiß, auch deshalb stellen viele Bürger die Energiewende bereits infrage:
"Über die zehn, fünfzehn Jahre, wie es am Anfang geplant gewesen wäre, wäre das alles in meinen Augen viel leichter finanzierbar gewesen. Aber das ist jetzt alles so drastisch, alles von heute auf morgen. Das hätte man alles längerfristig - wenn das alles Schritt für Schritt abgeschaltet worden wäre, hätten wir jetzt auch nicht die Probleme mit der Energiewende."
Vielleicht hat der junge Mann das Flugblatt gelesen, das in einem Schaukasten irgendwo im oberbayerischen Paunzhausen hängt. "Windräder nützen dem Klima nichts", ist da zu lesen. Da auf Wind kein Verlass sei, läuft reservehalber für jedes Windrad irgendwo ein Kohlekraftwerk mit. Hinter dem Ortschild, jenseits der Autobahn München-Nürnberg, pflügt das Streitobjekt mit drei Flügeln durch die Luft. Es hat in der Gemeinde Befürworter und Gegner:
"Na ja, mit unserem Windradl. Die einen sind dafür, die anderen dagegen. Aber ich bin dafür. Weil, Atom, das wollen wir nimmer, also müssen wir so was machen."
"Wir haben ja teilweise zu viel Strom in Deutschland. Dass er ins Ausland verschenkt wird. Für was investieren wir weiter und weiter, wenn unsere Netze überbelastet sind? Dann können wir eigentlich bremsen."
Laut Betreiber soll das Windrad jährlich vier Gigawattstunden Strom erzeugen. Das ist etwas mehr, als im 1.500-Seelen-Dorf derzeit verbraucht wird. Trotzdem hat sich eine junge Mutter die Energiewende so nicht gewünscht.
Der Streit um die Windräder
"Das Windrad steht viel zu nah am Wohngebiet. Wie das durchgeboxt worden ist, war nicht so, dass die Gemeinschaft in Frieden leben kann. Es sind viele Familien zerstritten inzwischen wegen des Windrads."
Die junge Frau erzählt von der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zuhause. Die ist Heizung und erzeugt nebenher Strom, der teils im Haus verbraucht, teils ins Netz eingespeist wird. Weil die Energie im Brennstoff so besser verwertet wird, ein ökologisches Konzept. Das zukünftig womöglich seltener zum Zuge kommt, denn mit der jüngsten EEG-Reform werden auch diese Privathaushalte zur Kasse gebeten: Für alle neuen Anlagen, die Strom für den Eigenbedarf produzieren, wird in Zukunft auch – langsam ansteigend – die EEG-Umlage erhoben.
"Fair ist das erst, wenn es da eine Bemessungsgrenze gibt. Weil für kleine Investitionen, für kleine Blockheizkraftwerke bremst es die Investitionen eher aus - da sehe ich den Sinn nicht."
Der für die Energiewende zuständige Bundeswirtschaftsminister schon. Sigmar Gabriel hofft mit seiner Gesetzesnovelle, einen weiteren Anstieg der EEG-Umlage zu vermeiden. Derzeit liegt sie pro Kilowattstunde bei gut sechs Cent. In der Forschungsstelle für Energiewirtschaft hat Serafin von Roon errechnen lassen, wie sich EEG-Reform niederschlägt.
"Ohne Neuregelung und bei Erreichen des KWK-Ausbauzieles würde die EEG-Umlage beim Endverbraucher um 0,23 Cent ansteigen. Durch die Neuregelung, dass die Eigenerzeugung auch sich beteiligen muss, wird dieser Anstieg lediglich 0,14 Cent betragen."
Denn die sogenannten Eigenstrom-Verbraucher müssen sich künftig mit geschätzten 300 Millionen Euro an der EEG-Umlage beteiligen. An der Münchner Forschungsstelle betreut Anna Gruber ein Netzwerk. Betriebe aus Bayern tauschen sich hier aus in Punkto Energiewende und Energieeffizienz. Sie weiß zu berichten,...
"... dass einige Betriebe, mit denen wir gesprochen haben, die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen planen, zum Teil das jetzt nicht realisieren, diese Maßnahmen."
Ob das im Sinne der Energiewende ist? Der Paragraf „"Besondere Ausgleichsregelung" aus der EEG-Vorgängerfassung hingegen wurde nur überarbeitet. Serafin von Roon ist enttäuscht: Er hätte sich mehr erwartet, nachdem in den vergangenen zwei Jahren der Anteil der teils Umlage-befreiten – weil energieintensiven - Unternehmen nach oben geschnellt war. Das kostet alle anderen Stromkunden schätzungsweise fünf Milliarden Euro.
"Nach meiner Kenntnis sind es etwa zwei Dutzend Unternehmen, die nicht mehr unter die Neuregelung fallen durch die Änderungen. Wenn man bedenkt, dass aktuell über 1.600 Unternehmen befreit sind, sieht man, dass das nicht die große Lösung war."
In der Halle im niederbayerischen Pocking wird derweil Silizium gekocht. Ein sehr energieintensiver Prozess. Hier istProduktionsleiter Stephan Bauer froh um jeden Cent, den er nicht zusätzlich für die Energiewende aufbringen muss. Bei ihm hat sich inzwischen sein lokaler Netzbetreiber gemeldet. Das Geschäft mit der Regelleistung läuft nicht mehr über den kleinen Münchner Dienstleister, sondern über den Stromriesen Eon.