Die Überraschung kam ganz zum Schluss. Am Ende seiner zweistündigen Messe in Bethlehem kündigte Papst Franziskus eine neue Friedensinitiative für den Nahen Osten an: Er lud Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Staatspräsident Schimon Peres zu einem Friedensgebet in den Vatikan ein. Als religiöses Oberhaupt möchte er so dem Nahost-Konflikt auf geistliche Weise neue Impulse geben.
Beim sechseinhalbstündigen Besuch von Franziskus in Bethlehem ist manches anders als bei vergangenen Papstreisen. Erstmals besucht ein Papst den "Staat Palästina"; Benedikt XVI. war 2009 noch in den "Palästinensischen Autonomiegebieten" zu Gast. Vor einem halben Jahr hatte der Vatikan im Anschluss an einen UN-Beschluss erstmals einen Botschafter Palästinas akkreditiert.
Liebe Freunde, ich bitte euch, mich mit euren Gebeten auf meiner Pilgerreise ins Heilige Land zu begleiten.— Papst Franziskus (@Pontifex_de) 24. Mai 2014
Stopp vor der Betonmauer
Schon mit seiner Reiseroute sorgte der Papst diplomatisch für neue Klarheit: Er flog per Hubschrauber direkt von Jordanien nach Bethlehem, wo er mit einem Staatsprotokoll samt Ehrengarden, Hymnen und offiziellen Delegationen begrüßt wurde. Mit diesem völlig ungewöhnlichen Reiseweg umging er die israelischen Grenzposten an der umstrittenen Grenzlinie des Jordan, aber auch den Checkpoint und die Mauer zwischen Jerusalem und Bethlehem. Allerdings sah er die acht Meter hohe Mauer, über die sich Benedikt XVI. 2009 sichtlich schockiert geäußert hatte, dann doch. Sein Papamobil machte auf der Fahrt vom Präsidentenpalast zur Geburtskirche einen Halt. Franziskus stieg kurz aus, betete kurz in Stille an dem Sperrwall und berührte den Beton.
Kurz aber deutlich war Franziskus dann bei seinem Treffen mit Abbas. Der Nahost-Konflikt ziehe sich schon allzu lange hin, klagte er. Es sei an der Zeit für Israelis und Palästinenser, die unerträgliche Situation zu ändern. Dazu empfahl der Papst eine Zwei-Staaten-Lösung. Beide Seiten brauchten den Mut zu einem Frieden und zu Sicherheit in international anerkannten Grenzen. Ausdrücklich forderte Franziskus dabei Religionsfreiheit - und brach damit eine Lanze für die Christen, die von den politischen Spannungen besonders stark betroffen sind. Die Christen wollten "vollberechtigte Bürger sein".
Eindringliches Plädoyer für den Schutz von Kindern
Im Mittelpunkt des Besuches in Bethlehem stand eine Messe mit rund 10.000 Teilnehmern auf dem zentralen Krippenplatz. Vom Geburtsort Jesu aus wandte sich Franziskus mit einem eindringlichen Plädoyer für den Schutz von Kindern an die Weltöffentlichkeit. Leider würden in vielen Teilen der Erde Kinder an den Rand gedrängt, ausgegrenzt, misshandelt, klagte er. Sie würden Opfer von Gewalt, als Kindersoldaten an die Front geschickt, als kleine Sklavenarbeiter in Fabriken ausgebeutet. Zu viele Kinder seien in den Meeren untergegangen, vor allem im Mittelmeer, betonte Franziskus mit Blick auf die Tragödien vor der Insel Lampedusa. "Für all das schämen wir uns heute vor Gott, vor Gott, der ein Kind geworden ist." Nach dem Aufenthalt in Palästina wollte Franziskus am Nachmittag nach Israel weiterreisen. Und dort dürfte er ebenfalls für einen stabilen Frieden werben.