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Reporter ohne Grenzen
Hunderte Journalisten weltweit in Haft

Mindestens 348 Journalisten sitzen weltweit in Haft - das sind sechs Prozent mehr als 2015, berichtet die Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrer Jahresbilanz. Die Türkei, die in der Bilanz 2015 noch eine kleine Rolle gespielt hatte, setzte sich 2016 fast an die Spitze der Statistik.

    Das Silivri-Gefängnis in der Nähe von Istanbul am 15. März 2013.
    Das Silivri-Gefängnis in der Nähe von Istanbul (imago stock&people)
    Vor allem die zahlreichen Verhaftungen nach dem Putschversuch in der Türkei haben die Zahl der inhaftierten Journalisten weltweit erhöht. Das geht aus der Jahresbilanz von Reporter ohne Grenzen hervor. 2015 saßen 153 hauptberufliche Journalisten in Gefängnissen, 2016 waren es zum Stichtag am 1. Dezember 187, was eine Steigerung von 22 Prozent bedeutet. Reporter ohne Grenzen zählt auch Bürgerjournalisten, also beispielsweise Blogger, und Medienmitarbeiter hinzu - die Gesamtzahl der inhaftierten Medienschaffenden erhöhte sich damit von 328 auf 348 (sechs Prozent).
    "Die Hexenjagd gegen Journalisten in der Türkei sprengt alle bekannten Dimensionen", teilte Britta Hilpert, Vorstandssprecherin von Reporter ohne Grenzen, mit. "Dass die Türkei, die ja immer noch EU-Beitrittskandidat ist, in einer Reihe mit notorischen Feinden der Pressefreiheit wie den Regimen in China, Syrien und dem Iran findet, ist bezeichnend für das drastische Vorgehen der türkischen Behörden gegen die Pressefreiheit."
    Mithilfe des Ausnahmezustands habe die türkische Regierung nach dem versuchten Putsch im Juli die führenden kritischen Medien per Dekret geschlossen und damit den Medienpluralismus weitgehend abgeschafft, klagt Reporter ohne Grenzen. "Derzeit sind dort mehr als 100 Journalisten im Gefängnis", teilte die Organisation mit. "Bei mindestens 41 davon hängt die Haft eindeutig mit ihrer journalistischen Tätigkeit zusammen. Bei Dutzenden weiteren ist dies nicht auszuschließen." 2015 zählte Reporter ohne Grenzen noch neun professionelle Journalisten in türkischen Gefängnissen.
    China inhaftiert mehr als hundert Journalisten
    China bleibt ebenfalls ein Land mit äußerst problematischen Arbeitsbedingungen für unabhängige Berichterstatter. Dort saßen laut Reporter ohne Grenzen 2016 mehr als hundert Journalisten in Haft. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt China zurzeit Rang 176 von 180, hinter dem Land befinden sich nur noch Syrien, Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea.
    Die Lage der Pressefreiheit in der Welt laut Reporter ohne Grenzen.
    In Ägypten befinden sich mindestens 27 Journalisten wegen ihrer Arbeit in Haft: Präsident Abdelfattah al-Sisi geht vor allem gegen Menschen vor, denen ein Kontakt zur Muslimbruderschaft nachgesagt wird. In Syrien sitzen mindest 28, im Iran 24 Journalisten im Gefängnis.
    Entführungen von Journalisten vor allem im IS-Gebiet
    Weltweit gelten den Angaben zufolge 52 Journalisten entführt, das sind neun weniger als ein Jahr zuvor. Sämtliche Fälle beschränken sich auf Syrien, den Jemen und den Irak. "Allein die Dschihadisten des "Islamischen Staats" halten 21 Journalisten in ihrer Gewalt, die Huthi-Rebellen im Jemen 15", teilt Reporter ohne Grenzen weiter mit.
    Ein Journalist ist 2016 verschwunden: Jean Bigirimana, Journalist bei der burundischen Zeitung Iwacu, wurde zuletzt am 22. Juli in Bugarama in der Provinz Muramvya gesehen. Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch berichten von Hinweisen darauf, dass er von Sicherheitskräften entführt worden sei. Die Unteruschungen des Falls durch die Behörden seien unzureichend, klagt Bigirimanas Arbeitsgeber Iwacu. Mehrfach wurde bereits der Tod des Journalisten befürchtet.
    (nch/fwa)