War der arktische Ozean noch vor 100 Jahren den Menschen weitgehend unzugänglich, haben sich inzwischen die Bedingungen durch den Klimawandel stark verändert. Und sofort hat die Erforschung des kleinsten Ozeans der Erde auch mit Blick auf seine Lagerstätten begonnen:
"Im Arktischen Ozean haben wir zwei Typen metallischer Rohstoffe in der Tiefsee entdeckt. Einmal finden wir an mittelozeanischen Rücken zwischen Grönland und Norwegen und in der Laptewsee vor Sibirien metallhaltige Schwefelverbindungen: Sie entstehen an Black Smokern, also heißen, vulkanischen Quellen in der Tiefsee. Zum anderen bilden sich vor Alaska an Tiefsee-Felsformationen Eisen-und-Mangan-Krusten, die viele seltene, ökonomisch interessante Metalle enthalten", erklärt James Hein vom Amerikanischen Geologischen Dienst USGS in Santa Cruz.
Scandium zählt zu den seltenen Erden
Die Eisen-und-Mangan-Krusten im Arktischen Ozean sind von ihrer Zusammensetzung her einzigartig:
"Anders als in allen anderen Tiefseebecken dieser Welt ist in diesen Krusten Scandium stark angereichert. Scandium gehört zu den Metallen der seltenen Erden. Es ist nicht eigentlich selten, reichert sich jedoch nicht zu Lagerstätten an. Es wird deshalb nur als Nebenprodukt gefördert, beim Kupferbergbau etwa. Scandium wird beispielsweise für den Bau leichter Flugzeuge eingesetzt, für Festoxid-Brennstoffzellen, kostspielige Aluminium-Scandium-Fahrräder oder sehr teure Baseballschläger."
Im Jahr 2008 haben die Amerikaner die bislang einzigartige Scandiumlagerstätte vor der Küste Alaskas entdeckt. Nach mehreren Jahren Forschung sei nun klar, warum sie nur im Arktischen Ozean entsteht:
"Der Arktische Ozean ist klein, von Landmassen eingeschlossen, und verglichen mit seiner Größe landen enorme Mengen an Verwitterungsschutt in ihm, den Gletscher und Flüsse heranschaffen. Der ist die Grundlage für diese einzigartigen Ablagerungen."
Verwitterungsschutt vom Land lagert sich am Meeresboden an
Der Verwitterungsschutt vom Land enthält Metalle wie Eisen, Mangan, Wolfram, Kobalt, Zink - und eben auch Scandium. Auf dem Meeresboden abgelagert, werden die Metalle im Lauf der Zeit aus den Sedimenten herausgelöst. Sie gelangen ins Wasser, und Strömungen verteilen sie in der Tiefsee:
"Alle Metalle fallen aus dem kalten Tiefseewasser aus: Sie überziehen als Krusten die Felsen, und weil im Wasser besonders viel Scandium gelöst ist, reichert es sich eben auch in diesen Krusten an. Daneben wirkt noch ein zweiter Mechanismus: In den Eisen-und-Mangan-Krusten im Arktischen Ozean steckt ungewöhnlich viel Verwitterungsschutt: Es können bis zu 35 Prozent sein. Und weil dieses Material zufälligerweise auch noch reich an Scandium ist, trägt es zur Anreicherung bei."
Ob sich jedoch ein Abbau mit Tiefseerobotern in 1.600 bis 3.000 Metern Wassertiefe lohne, sei derzeit offen, urteilt James Hein:
"Damit sich die Metallkrusten bilden können, muss das Tiefenwasser sauerstoffreich sein. Das ist im Arktischen Ozean erst seit 14, 15 Millionen Jahren der Fall, nachdem die Plattentektonik eine Verbindung zum Atlantik geöffnet hat. Deshalb sind die Eisen-und-Mangan-Krusten im Arktischen Ozean höchstens acht Zentimeter dick, während sie es im Pazifik, wo der Prozess bereits seit 70 Millionen Jahren läuft, auf bis zu 25 Zentimeter bringen können."
Falls sich ein Abbau lohnt, dann wohl nur mit Blick auf das Scandium. Allerdings stammen die Proben, die bislang gesammelt worden sind, aus rauen, steilen Terrains mit großen Höhenunterschieden. Für den Einsatz von Bergbaurobotern dürften sie wenig geeignet sein. Andererseits ist die Tiefsee vor Alaska kaum erforscht, es könnte also durchaus Überraschungen geben. Die Russen jedenfalls haben inzwischen den Fund von scandiumhaltigen Mangan-Eisenkrusten auf ihrem Gebiet bereits bestätigt.