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Rot-Rot-Grün auf Bundesebene
Ernüchterung nach dem zweiten Treffen

Zum zweiten Mal haben Bundestagsabgeordnete von SPD, Linken und Grünen beim "R2G-Trilog" zusammengesessen, um über politische Inhalte mit Blick auf eine mögliche Koalition zu diskutieren. Aufbruchsstimmung stellte sich dabei allerdings nicht ein.

Von Nadine Lindner |
    Ein kleiner Rückblick: Mitte Oktober saßen die rot-rot-grünen Fans unter den Bundestagsabgeordneten schon mal zusammen. Das Medieninteresse war groß, die Teilnehmerzahl mit fast 100 Interessenten auch, als Überraschungsgast tauchte sogar SPD-Parteichef Sigmar Gabriel auf. Der Sozialdemokrat Frank Schwabe ließ sich im Oktober angesichts der rot-rot-grünen Perspektiven sogar zu einem kleinen Gefühlsausbruch hinreißen:
    "Es war ein bisschen Flitterwochen Atmosphäre, das ist auch normal. Also es gibt durchaus eine gewisse Euphorie."
    SPD: "Es fehlt eine Gesamterzählung"
    Zwei Monate später, waren nur noch rund 60 Abgeordnete dabei, der Termin am dritten Adventssonntag sei nicht optimal gewesen, räumten die Organisatoren sein. So fallen nach der zweiten Runde des sogenannten "R2G-Trilogs" die Statements nüchterner aus. Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitspolitiker:
    "Es gab sehr viele Übereinstimmungen bei den Details, also bei den Einzelprojekten. Aber es fehlt eine Gesamterzählung. Und eine linke Mehrheit wird nicht kommen, ohne dass man Überzeugungsarbeit leistet."
    Die Arbeits- und Sozialpolitik hat die zweite große Runde der rot-rot-grünen Abgeordneten beschäftigt. Zu Gast waren auch zwei DGB-Spitzen: der Vorsitzende Reiner Hoffmann und Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Zu den Ergebnissen der Gespräche SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer:
    "Wir sind uns zum Einen einig, dass wir ein stabiles Rentensystem brauchen. Wir sind uns einig, dass wir die Mitbestimmung ausweiten müssen. Dass wir gegen prekäre Beschäftigung kämpfen müssen. Und dass die Gleichstellung von Mann und Frau für uns selbstverständlich ist."
    Linke: Wir müssen uns aufeinander zubewegen
    Der Linke Thomas Nord, einer der Organisatoren zog ein positives Fazit, fordert aber auch Veränderungsbereitschaft ein:
    "Ich glaube, wir müssen uns alle bewegen. Wir haben natürlich weitergehende Forderungen als die anderen Parteien. Auch als die SPD. Und wenn wir etwas real für die Menschen bewegen wollen, werden wir das nur zusammen können. Und das heißt, sich aufeinander zubewegen."
    Zurückhaltend äußerte sich der Grüne Frithjof Schmidt:
    "So das war jetzt schon eine sachorientierte strukturierte Diskussion, da kommt man schon in die Mühen der Ebene."
    Das nächste Treffen ist für den Januar geplant, dann wohl zur Europapolitik. Spitzen aus Fraktionen oder Parteien waren bei dem Treffen nicht dabei. Und der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ließ sich im Bericht aus Berlin der ARD auch nicht in die Karten schauen, sondern untermauerte den eigenen Anspruch der SPD:
    "Die Grundvoraussetzung für [eine]Regierungsbildung ist, dass eine Partei die Regierung führt. Das Ziel muss also sein, dass die SPD die stärkste Partei in Deutschland wird."
    Die Umfragewerte für die SPD sehen nicht gut aus
    Das könnte noch ein weiter Weg werden. Derzeit kommt die SPD in den jüngsten Umfragen auf 22 Prozent, ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis liegt bei 42 Prozent und bekäme keine Mehrheit zusammen. Martin Schulz verbreitet dennoch Optimismus:
    "Das klingt immer, wenn man die Umfragen sieht, etwas verwegen, aber der Wähler, die Wählerschaft ist in Bewegung und die Menschen am Ende eines Wahlkampfs. Dann hat man alle Chancen. Und wer dann mit uns auf der Grundlage unseres Programms koalieren will, den werden wir dann zu Gesprächen einladen."
    Das ist ein wahrnehmbar anderer Zungenschlag, als die Formulierung "alle müssten sich aufeinander zubewegen", die vom Linken Thomas Nord nach dem R2G-Treffen verwendet wurde.
    Der Sozialdemokrat Schulz soll künftig in der Bundespolitik eine größere Rolle spielen. Welche genau, darüber wird seit Wochen gerätselt. Ebenso bleibt unklar, wer die SPD als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führen soll. Im Januar werde man sich erklären, so die Standardantwort.
    Auch ohne Gefühlsüberschwang – das rot-rot-grüne Abtasten geht im neuen Jahr weiter. Ob es ein Happy-End bei diesem Flirt gibt, müssen im September die Wähler entscheiden.