"Gemeinsame Erklärung: Die Regierung der Französischen Republik und Seine Majestät Mohamed V., Sultan von Marokko, erklären ihren festen Willen die Deklaration von 'Celle-Saint-Cloud' vom 6. November 1955 umzusetzen und erklären, dass, angesichts der Fortschritte und des Entwicklungsstandes Marokkos der Vertrag von Fez vom 30. März 1912 nicht mehr den Erfordernissen der Gegenwart entspricht und somit auch nicht länger die französisch- marokkanischen Beziehungen bestimmen darf."
Paris, 2. März 1956. Der französische Außenminister Cristian Pineau und der marokkanische Ministerpräsident Embarrek Bekkai unterzeichnen in Anwesenheit vieler Kamerateams den Vertrag über die Unabhängigkeit Marokkos.
Vorangegangen waren monatelange zähe Verhandlungen, bis man in der westlich von Paris gelegenen Kleinstadt Celle-Saint-Claud zu einer Einigung gekommen war: "Unabhängigkeit innerhalb gegenseitiger Abhängigkeit" heißt der gemeinsame Nenner.
Knapp 50 Jahre vorher hatten Spanien und Frankreich das Land geteilt. Der Norden wurde spanisches Protektorat, der größte Teil Marokkos französisch. Der Vertrag von Fez etablierte am 30. März 1912 die Schutzherrschaft Frankreichs über Marokko:
"Die Regierung der Französischen Republik und Seine Majestät der Sultan sind übereingekommen, in Marokko neue Verhältnisse zu schaffen, die in Verwaltung, Justiz, Schulwesen, Wirtschaft, Finanzen und den militärischen Angelegenheiten Reformen mit sich bringen, welche die französische Regierung auf marokkanischem Gebiet einzuführen für nützlich erachtet."
Anders als das Nachbarland Algerien war Marokko keine Kolonie. Auch unter den "neuen Verhältnissen" blieb der Sultan, zunächst war es Moulay Abdelhafid, dann sein Bruder Mouley Youssef religiöses und politisches Oberhaupt. In seinem Namen wurden Gesetze geschrieben, wurde Recht gesprochen und gebetet. Aber mit dem Verzicht auf eine eigene Außen-, Wirtschafts- und Finanzpolitik wurde er zur repräsentativen Marionette im eigenen Land.
Auch Mohammed V., 1927 als 16. Monarch der seit über drei Jahrhunderten herrschenden Dynastie der Alawiden gekrönt, schien zunächst die Erwartung der Kolonialmacht zu erfüllen.
1944 forderte die Unabhängigkeitspartei Istiqlal erstmals das Ende des Protektorats. Am 10. April 1947 bekannte sich der Sultan öffentlich zur Freiheitsbewegung. Die Anbindung des Königshauses an eine politische Bewegung wurde für die Kolonialmacht gefährlich. Am 20. August 1953 setzten die Franzosen Mohammed V. ab. Sie brachten ihn nach Korsika und später über Madagaskar nach Tahiti ins Exil. Die Islamwissenschaftlerin Bettina Dennerlein vom Zentrum Moderner Orient in Berlin:
"Dadurch, dass die religiösen Kompetenzen des Sultans unangetastet bleiben sollten, konnte der Sultan zu einem Symbol für die religiöse Identität werden, gerade in Abgrenzung von dem Protektorat und zunehmend durch eine Unnachgiebigkeit der französischen Protektoratsverwaltung auch zu einem Symbol der nationalen Identität und schließlich dann forciert durch die erzwungene Abdankung des Königs und sein Exil von 1953 bis 55 auch zum Symbol und Garanten der nationalen Unabhängigkeit."
Eine breite Protestbewegung forderte die Rückkehr des Sultans. Anschläge gegen französische Einrichtungen und bewaffnete Zusammenstöße häuften sich, zunehmend entglitt der Schutzmacht die Kontrolle über das Protektorat. Selbst die spanische Regierung kritisierte die Absetzung des Sultans und Frankreich geriet weltweit in Bedrängnis. Isabell Schäfer, Politologin an der Freien Universität Berlin:
"In dieser Zeit war Frankreich politisch sehr unter Druck, dadurch, dass es in Indochina schon militärisch engagiert war, der Krieg in Algerien war gerade ausgebrochen. 1954 also konnte es sich nicht leisten, einen weiteren offenen Krieg auch in Marokko zu führen."
Am 16. November 1955 kehrte Mohammed V. unter dem Jubel Zehntausender Marokkaner nach Rabat zurück.
Bis heute wird dieser Tag in Marokko als Unabhängigkeitstag gefeiert. Der Pariser Vertrag vom 2. März 1956 besiegelte dann das Ende der französischen Vorherrschaft. Wenige Wochen später, am 7. April unterschrieben auch der spanische Diktator Franco und Mohammed V. den Vertrag über das Ende der Protektoratsherrschaft. Die Enklaven Ceuta und Melilla gehören allerdings bis heute zu Spanien.
Paris, 2. März 1956. Der französische Außenminister Cristian Pineau und der marokkanische Ministerpräsident Embarrek Bekkai unterzeichnen in Anwesenheit vieler Kamerateams den Vertrag über die Unabhängigkeit Marokkos.
Vorangegangen waren monatelange zähe Verhandlungen, bis man in der westlich von Paris gelegenen Kleinstadt Celle-Saint-Claud zu einer Einigung gekommen war: "Unabhängigkeit innerhalb gegenseitiger Abhängigkeit" heißt der gemeinsame Nenner.
Knapp 50 Jahre vorher hatten Spanien und Frankreich das Land geteilt. Der Norden wurde spanisches Protektorat, der größte Teil Marokkos französisch. Der Vertrag von Fez etablierte am 30. März 1912 die Schutzherrschaft Frankreichs über Marokko:
"Die Regierung der Französischen Republik und Seine Majestät der Sultan sind übereingekommen, in Marokko neue Verhältnisse zu schaffen, die in Verwaltung, Justiz, Schulwesen, Wirtschaft, Finanzen und den militärischen Angelegenheiten Reformen mit sich bringen, welche die französische Regierung auf marokkanischem Gebiet einzuführen für nützlich erachtet."
Anders als das Nachbarland Algerien war Marokko keine Kolonie. Auch unter den "neuen Verhältnissen" blieb der Sultan, zunächst war es Moulay Abdelhafid, dann sein Bruder Mouley Youssef religiöses und politisches Oberhaupt. In seinem Namen wurden Gesetze geschrieben, wurde Recht gesprochen und gebetet. Aber mit dem Verzicht auf eine eigene Außen-, Wirtschafts- und Finanzpolitik wurde er zur repräsentativen Marionette im eigenen Land.
Auch Mohammed V., 1927 als 16. Monarch der seit über drei Jahrhunderten herrschenden Dynastie der Alawiden gekrönt, schien zunächst die Erwartung der Kolonialmacht zu erfüllen.
1944 forderte die Unabhängigkeitspartei Istiqlal erstmals das Ende des Protektorats. Am 10. April 1947 bekannte sich der Sultan öffentlich zur Freiheitsbewegung. Die Anbindung des Königshauses an eine politische Bewegung wurde für die Kolonialmacht gefährlich. Am 20. August 1953 setzten die Franzosen Mohammed V. ab. Sie brachten ihn nach Korsika und später über Madagaskar nach Tahiti ins Exil. Die Islamwissenschaftlerin Bettina Dennerlein vom Zentrum Moderner Orient in Berlin:
"Dadurch, dass die religiösen Kompetenzen des Sultans unangetastet bleiben sollten, konnte der Sultan zu einem Symbol für die religiöse Identität werden, gerade in Abgrenzung von dem Protektorat und zunehmend durch eine Unnachgiebigkeit der französischen Protektoratsverwaltung auch zu einem Symbol der nationalen Identität und schließlich dann forciert durch die erzwungene Abdankung des Königs und sein Exil von 1953 bis 55 auch zum Symbol und Garanten der nationalen Unabhängigkeit."
Eine breite Protestbewegung forderte die Rückkehr des Sultans. Anschläge gegen französische Einrichtungen und bewaffnete Zusammenstöße häuften sich, zunehmend entglitt der Schutzmacht die Kontrolle über das Protektorat. Selbst die spanische Regierung kritisierte die Absetzung des Sultans und Frankreich geriet weltweit in Bedrängnis. Isabell Schäfer, Politologin an der Freien Universität Berlin:
"In dieser Zeit war Frankreich politisch sehr unter Druck, dadurch, dass es in Indochina schon militärisch engagiert war, der Krieg in Algerien war gerade ausgebrochen. 1954 also konnte es sich nicht leisten, einen weiteren offenen Krieg auch in Marokko zu führen."
Am 16. November 1955 kehrte Mohammed V. unter dem Jubel Zehntausender Marokkaner nach Rabat zurück.
Bis heute wird dieser Tag in Marokko als Unabhängigkeitstag gefeiert. Der Pariser Vertrag vom 2. März 1956 besiegelte dann das Ende der französischen Vorherrschaft. Wenige Wochen später, am 7. April unterschrieben auch der spanische Diktator Franco und Mohammed V. den Vertrag über das Ende der Protektoratsherrschaft. Die Enklaven Ceuta und Melilla gehören allerdings bis heute zu Spanien.