Nur noch von Ferne hört man den Straßenlärm im neuen Themengarten "Gart der Gesundheit", der zum Botanischen Garten der Universität Mainz gehört. Der Garten liegt in einem Innenhof nach Süden ausgerichtet, ein sonnenbeschienener Gartenteil mit streng geometrisch gegliederten Beeten, die eingefasst sind mit Natursteinplatten.
In einer Ecke gießt ein Gärtner die jungen Pflanzen. Etwa 70 Pflanzenarten sind hier zu sehen. Sie sind alphabetisch angeordnet, es grünt in allen Schattierungen von zartem hellgrün bis zu sattem dunkelgrün. Man betritt den Arzneipflanzengarten mit den L-förmigen Beeten, schlendert einige Beete entlang und gelangt fast am Ende des Gartens zum Buchstaben S wie Salbei. Leiter des Gartens ist Dr. Ralf Omlor, der Kustos des Botanischen Gartens der Universität Mainz:
"Da stehen wir jetzt vor dem toll blühenden Salbeibeet mit den relativ großen blauen Lippenblüten, hellblau-violetten Lippenblüten, eine Gruppe, die man an der Form der Blüten aber auch an den Blättern, grau schimmernden Blättern sehr leicht erkennen kann. Und wenn man sich unsicher ist, reicht es, einmal so ein Blatt zu berühren, bisschen zu reiben und dann hat man sofort dieses tolle Salbeiaroma."
Salbei ist antibakteriell und entzündungshemmend
Ralf Omlor pflückt ein Blatt, zerreibt es zwischen den Fingerspitzen und hält es unter die Nase.
Dieser Duft erinnert an Urlaub in Italien und an einen Klassiker der italienischen Küche: Saltimbocca – Kalbschnitzel mit luftgetrocknetem Schinken und frischem Salbei belegt. Auch Pasta und Risotto kann man mit dem Küchenkraut Salbei verfeinern.
Salbei hat seine Heimat im Mittelmeerraum, wird bis zu 80 cm hoch, trägt längliche, gestielte Blätter. Er ist nicht nur zum Würzen geeignet, sondern auch als Heilpflanze von Bedeutung. Dr. Madeleine Mai, Ärztin und Medizinhistorikerin am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Universität Mainz:
"Im Salbei, Gattungsname Salvia, das weist schon auf seine gesundheitsfördernde Wirkung hin, von salvere – gesund sein."
Im Salbei stecken viele verschiedene Inhaltsstoffe, die die unterschiedlichsten Wirkungen entfalten können:
"Wir haben zum einen das Salbeiöl als ganz wichtigen Bestandteil. Aktuell gibt es Studien, die sagen, es könnte gegen Vergesslichkeit eingesetzt werden. Andererseits haben wir auch Gerbstoffe wie die Tannine enthalten. Das erklärt seine schon seit Langem eingesetzte Wirkung gegen Hyperhidrosis, also gegen übermäßiges Schwitzen.
Und natürlich ist der Salbei auch antibakteriell, entzündungshemmend wirkend und wird auch gerne in Hustenbonbons verwendet. Natürlich auch seine schleimlösende Wirkung, die sehr wichtig und hervorzuheben ist, die auch bei Erkältungskrankheiten zum Tragen kommt."
Mundspülungen mit Salbei wirken gegen bakterielle Entzündungen
Salbei als Mittel gegen Husten und Heiserkeit verwendet auch Dr. Ralf Omlor, wenn seine Stimme angegriffen ist, weil er viel und laut sprechen muss:
"Was wahrscheinlich jeder kennt, ist das Salbeibonbon gegen Husten und vor allem gegen Heiserkeit im Hals. Wer wie wir hier im Botanischen Garten viele Führungen macht oder sonst mit seiner Stimme viel zu tun hat, der weiß das, wenn das sehr beansprucht ist, dass man ein Salbeibonbon einpacken kann zum Beispiel."
Neben Salbeibonbons hilft bei einer angegriffenen Stimme auch warmer Salbeitee. Bei Schluckbeschwerden, Halsschmerzen und bei bakteriellen Entzündungen der Mundschleimhaut sind entzündungshemmende und desinfizierende Mundspülungen mit Salbeitee ein guter Tipp. Salbeitee ist auch beim Schwitzen eine Empfehlung. Dr. Madeleine Mai:
"Der Tee wäre auch bei übermäßiger Schweißbildung empfehlenswert, weil sie den in größeren Mengen trinken können. Als Mundspülung können Sie den Salbei aufgießen, das heißt, Sie gießen die Blätter oder die Blüten auf und das Ganze wirkt dann antibakteriell und entzündungshemmend bei Verletzungen in der Mundschleimhaut beispielsweise oder bei einer Mandelentzündung."
Breites Anwendungsspektrum
Den Teeaufguss stellt man so her: Einen Teelöffel geschnittene Salbeiblätter mit kochendem Wasser übergießen, zehn Minuten ziehen lassen, abseihen, zwei Wochen lang dreimal täglich den abgekühlten Tee trinken.
"Nicht zu vergessen ist, dass alle Heilpflanzen, die Gerbstoffe, Bitterstoffe enthalten, auch gut bei Verdauungsstörungen wirken, da sie den Gallenfluss anregen."
Ein wirklich breites Anwendungsspektrum. Wie war das in früheren Zeiten? Was ist eigentlich über den Salbei in dem historischen Kräuterbuch "Gart der Gesundheit" von 1485 zu lesen? Es war das erste Kräuterbuch, das in deutscher Sprache im Buchdruck erschienen ist. Es gibt Aufschluss über die Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit der damaligen Zeit:
"Eine wichtige Säule ist die Vier-Säfte-Lehre, das heißt, der Mensch besteht aus einem Säfte-Gleichgewicht und wenn das in Dysbalance kommt, dann kommt es zur Krankheit. Und dementsprechend wird eine Heilpflanze eingesetzt, um zum einen die Säfte zuzuführen oder abzuführen, je nach Ungleichgewicht und beim Salbei ist es so, dass er den überflüssigen Fluss stoppt – so steht es in diesem Buch von 1485 – das heißt, wir haben hier auch die hyperhydrotische Wirkung beschrieben. Das heißt, wenn es zu übermäßigem Schwitzen kommt, wird der Salbei eingesetzt, der Saft so zurückgehalten und so kommt es wieder zu einer Balance der Säfte."
Bei Schwangeren kann Salbei zu Frühgeburten führen
Schwangere und stillende Frauen sollten jedoch mit Salbei vorsichtig sein:
"In dem Buch steht, dass der Salbei zu einer frühzeitigen Geburt führen kann. Das kann ja zum Teil wünschenswert sein, wenn es zum Geburtsstillstand kommt. Andererseits ist er auch gefährlich, er kann zu einer Frühgeburt führen und das ist auch heute noch so. Also schwangere Frauen sollten Salbei nicht während der Frühschwangerschaft einnehmen und Salbei ist auch kontraindiziert bei stillenden Frauen beziehungsweise ist zum Abstillen empfohlen."