Die Geschichte ist ohne Zweifel schmierig - und für die Opposition im Schleswig-Holsteinischen Landtag eine kleine Steilvorlage: An diesem Freitagmittag kommt der Wirtschaftsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen. Die CDU und die FDP wollen wissen, wie der Energieminister und der Wirtschaftsminister nun zum Thema Erkundungsbohrungen für die Ölförderung im Wattenmeer stehen:
"Es gibt eine Aufteilung der Genehmigungsverfahren in der Landesregierung, die liegt bei mir," stellt Energieminister Robert Habeck vor diesem Termin klar.
"Und die Genehmigungsbehörden arbeiten nicht auf Zuruf vom Wirtschaftsministerium oder der Gewerkschaft. Ende der Durchsage, da gibt’s auch keinen Zoff, das ist völlig klar sortiert."
Die Pressemitteilung, die sein Kabinettskollege Reinhard Meyer am Dienstag veröffentlicht habe, sei falsch - und in der Landesregierung nicht abgesprochen gewesen, so der Grünen-Politiker. Wirtschaftsminister Meyer hatte sich dafür ausgesprochen, der Firma Deutschen Erdöl AG, kurz DEA, Explorationsbohrungen in der Nordsee zu genehmigen. Der SPD-Politiker tat das in der Pressemitteilung gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie. Rund 1.000 Arbeitsplätze an der Westküste seien von der Ölförderung abhängig, argumentiert Meyer:
"DEA ist da und wir haben positive Erfahrungen gemacht mit dem Unternehmen. Und es gibt keine Zwischenfälle, was die Produktion von Öl und der Exploration dort angeht."
Auch wenn er es selber anders darstellt, glauben viele Beobachter: Meyers überraschend lautes Trommeln habe mit dem immer näher kommenden 7. Mai zu tun. Dann nämlich wählen die Schleswig-Holsteiner einen neuen Landtag.
Doch neu ist das Thema auf jeden Fall nicht. Bereits seit zehn Jahren kämpft DEA darum, an vier verschiedenen Stellen im Wattenmeer Erkundungsbohrungen durchführen zu dürfen, um zu schauen, ob weitere Ölvorkommen im Boden liegen. Drei dieser Stellen liegen auf Schleswig-Holsteinischem Gebiet, die vierte Stelle gehört zum Land Niedersachsen.
Albig: "Wir bohren nicht durch's Wattenmeer"
Rund 32 Millionen Tonnen Öl hat die inzwischen in russischen Händen befindliche DEA seit 1987 von seiner Ölplattform Mittelplate unter dem Boden des Wattenmeers hochgepumpt. 20 Millionen weitere Tonnen könnten dort noch lagern, so der Konzern.
Doch die Anträge auf entsprechende Probebohrungen mitten im Wattenmeer würden keine Chance haben, hatte Habeck kurz vor Weihnachten mitgeteilt. Ein Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Bohrungen mit dem Nationalparkrecht nicht in Einklang zu bringen seien. Das Energieministerium in Kiel geht davon aus, dass das für Schleswig-Holstein zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover dieser Linie folgen wird.
Angesprochen auf die Kontroverse zwischen seinen beiden Kabinettskollegen stellt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig von der SPD derweil klar:
"Wir bohren nicht durch’s Wattenmeer, das wird naturschutzrechtlich keine Genehmigung bekommen. Das wäre aber auch touristisch ein Schlag für die Region."
DEA habe schon zwei genehmigte Zugänge zum Öl im Wattenmeer - einmal von der Bohrplattform und einmal vom Festlandsockel. Diese beiden Zugänge sollte das Unternehmen für die Explorationsbohrungen nutzen, so Albig, dessen Regierung nun auf einen entsprechenden Antrag wartet. Genauso will sich nach der Veröffentlichung seiner Pressemitteilung auch Wirtschaftsminister Meyer verstanden wissen.
BUND: "Von der Abhängigkeit vom schwarzen Gold loskommen"
Doch derzeit deutet wenig daraufhin, dass DEA einen solchen Antrag stellen will. Zwar solle eine Förderung möglicher weiterer Ölvorkommen von der Plattform und vom Festland aus erfolgen, teilt ein Firmensprecher auf Anfrage dieses Senders mit. Doch Erkundungsbohrungen seien über diesen Weg nicht geeignet, die erforderlichen geologischen Informationen zu gewinnen. DEA bleibt also bei seinem Antrag, mitten im Wattenmeer Probebohrungen vorzunehmen und will erst einmal die Entscheidung des zuständigen Bergamtes in Hannover abwarten.
Tobias Langguth, Referent für Naturschutz bei der Umweltorganisation BUND, hält die weitere Ölförderung im Wattenmeer für das falsche Signal - gerade für ein Bundesland, das Vorreiter sein will bei der Energiewende:
"Wir wollen Klimaschutz machen, Deutschland will es auch, wir haben uns international dazu verpflichtet aber auch auf nationaler Ebene. Wir sollten jetzt gucken, wie wir von dieser Abhängigkeit vom schwarzen Gold loskommen. Und nicht, wie wir uns quasi einen neuen Schuss setzen."