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Sendeverbot für US-Radio-Talker

Jeden Morgen schalten rund eine halbe Million Menschen in New York seine Sendung ein. "Imus in the Morning" läuft in den USA auf über 60 Radiostationen und im Fernsehsender MSNBC. Oder besser: lief. Denn der Talk-Radio-Star Don Imus ist aus dem US-Äther verbannt worden. Nach 30 Jahren feuerten CBS und NBC ihren Quotenbringer wegen rassistischer Ausfälle.

Von David Goeßmann | 14.04.2007
    Das College-Endspiel im Damenbasketball. Der Radio-Moderator Don Imus witzelt On Air über die Spielerinnen der Rutgers University. Er nennt die überwiegend afroamerikanischen Sportlerinnen "nappy-headed hos", "kraushaarige Huren".

    Don Imus ist einer der prominentesten Talk-Radio-Stars in den USA. Für den 66-Jährigen Moderator mit Markenzeichen Cowboyhut war es nicht der erste sprachliche Fehltritt. Imus ist bekannt für derbe Sprüche. So beschimpfte er Palästinenser schon mal als "stinkende Tiere", oder branntmarkte den Washington Post Kolumnisten Howard Kurtz als "knochennasigen Judenjungen".

    Doch diesmal wurde Don Imus, trotz Entschuldigung, von einer Entrüstungswelle im Land hinweggetragen. Nachdem millionenträchtige Werbekunden wie General Motors sich zurückzogen, entließen NBC und CBS ihren Starmoderator.
    Der afroamerikanische Bürgerrechtler Al Sharpton hatte sich an vorderster Front für die Entlassung von Imus eingesetzt.

    "Es gibt eine Menge von Radio-DJs im Land, auch schwarze, die gefeuert wurden wegen weit weniger beleidigender Äußerungen. Ich unterstütze das, auch wenn es sich um Freunde von mir handelte, weil wir nicht erlauben dürfen, dass die Sendefrequenzen in Amerika zur Toilette rassistischer Sprache werden."

    Don Imus ist kein Einzelfall. Seit das Talk-Radio in den 80er Jahren in den Vereinigten Staaten populär wurde, sind Witze unter der Gürtellinie zunehmend Bestandteil der Shows. Paul Niwa, Journalistik-Professor am Emerson-College:

    "Talk Radio ist viel bösartiger geworden und beleidigt zunehmend Minderheiten, nicht nur ethnische Minderheiten, sondern auch politische, alle Gruppen können von Verunglimpfungen betroffen werden, die außerhalb des gesellschaftlichen Mainstreams liegen. Das Interessante am Talk Radio ist, dass selbst wenn die von Moderatoren unterstützte politische Kraft im Weißen Haus und im Kongress sitzt, sie sich als unterdrückte Underdogs gebären, deren Meinung von der größeren liberalen Gruppe unterdrückt wird."

    Viele Stars der Talk-Radio-Szene sind für ihre konservativen und rechtslastigen Ansichten bekannt. Zielscheibe ihrer Satiren sind Schwarze, Frauen, Homosexuelle, ja selbst Kranke wie der an Parkinson leidende Schauspieler Michael J. Fox. Oft gleitet der Witz unversehens in den Abgrund der Verunglimpfung wie bei Rush Limbaugh, der mit umstrittenen Kommentaren und Satiren wöchentlich bis zu 40 Millionen Zuhörer erreicht. Andere leben ihren Zynismus in offener Diskriminierung aus wie der Moderator Glenn Beck. Jim Naureckas von der medienkritischen Organisation FAIR:

    "Glenn Beck sagte in seiner Sendung auf ‚CNN Headline News’, dass wenn die Muslime sich nicht entwickeln, würden sie den scharfkantigen Bandstacheldraht bekommen. Er meinte damit: Konzentrationslager. Nicht nur, dass er nicht seinen Job verlor, sondern er erhielt ein neues Angebot von ABC. Das ist ein alarmierendes Zeichen, wie die häßlichste und selbst zum Völkermord aufrufende Rhetorik in unsere Medienlandschaft belohnt werden kann."

    In den letzten Jahren versuchte sich mit Air American Radio ein liberales Talk-Radio als Alternative zu etablieren. Bisher mit begrenztem Erfolg.
    Don Imus könnte nun seinem Kollegen Howard Stern folgen. Der wurde nach anrüchigen Äußerungen 2004 von der Senderkette "Clear Channel" ausgeschlossen und wechselte zum Satellitenradio SIRIUS. Dort, im US-Bezahlradio, herrschen, anders als auf öffentlichen Sendefrequenzen, weniger Restriktionen.